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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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er sie genauer betrachtete, sie waren alle schon etwas abgeschabt, wahrscheinlich aus zweiter Hand gekauft, aber Anzüge immerhin, und dazwischen hingen an dem Ständer auch Hemden, viele davon ziemlich bunt. Die Schuhe an der Wand waren alle schwarz, glänzend und vorne sehr spitz. Aber das war ihm ja schon in Bremen aufgefallen, daß in modischer Hinsicht bei seinem Bruder einiges aus dem Ruder gelaufen war. Frank selbst hatte seit seinem letzten Arbeitstag in der Spedition nie wieder einen Anzug getragen.
    »Wo ist dein Gepäck? Hast du kein Gepäck?« sagte Kar!.
    »Ja klar, im Auto«, sagte Frank. Viel war es nicht, ein paar Klamotten und ein Buch, das konnte man nicht ernsthaft Gepäck nennen, fand er, und die Klamotten waren allesamt ungewaschen.
    »Ach so, du bist mit dem Auto gekommen«, sagte Kar!. »Stimmt ja, du hast ja ein Auto, jetzt erinnere ich mich!«
    Frank hätte gerne irgendwas zur Hand gehabt, das er in das Zimmer stellen konnte, nur um deutlich zu machen, daß er jetzt hier wohnte, nur um dem Zimmer seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Er trank die vom Küchentisch mitgenommene Bierflasche aus und stellte sie neben die Matratze. Jetzt sah es schon besser aus, irgendwie persönlicher.
    »Was ist eigentlich mit Freddies Kunst?« sagte er.
    »Was soll damit sein?«
    »Er macht doch diese Eisenskulpturen und den ganzen Kram, wo macht er das denn? Hier ja wohl nicht.«
    »Nee, hier doch nicht. Hier ist überhaupt nichts von ihm.«
    »Warum eigentlich nicht? Bilder hat er doch auch gemalt! Warum hängen hier keine?«
    »Bilder, ha!« Kar! steckte sich eine selbstgedrehte Zigarette in den Mund.
    »Kann ich mal den Tabak haben?« sagte Chrissie, die plötzlich in der Tür stand.
    »Oh ja«, sagte Kar! und schaute auf die Tabakpackung, als sähe er sie zum ersten Mal. »Das ist ja deiner!«
    »Ja, genau«, sagte Chrissie. »Dreh mir mal eine.«
    »Erst bitte sagen«, sagte Karl.
    »Ja, ja«, sagte sie. »Ganz schön ordentlich hier. Hätte ich nicht gedacht, daß Freddie so ordentlich ist.«
    »Was weißt du schon über Freddie, du kennst ihn ja kaum«, sagte Kar!, »wie lange kennst du ihn schon, doch erst zwei Wochen oder was…!«
    »Hätte ich trotzdem nicht gedacht«, sagte Chrissie. »Freddie kam mir nicht vor wie einer, der ordentlich ist, eher im GegenteiL«
    »Wo macht er denn nun seinen Kunstkram? « sagte Frank.
    »Kunstkram? Du nennst das Kunstkram, was Freddie macht?!« sagte Karl. »Das ist ja wohl das Kaputteste, was
    ich je gehört habe, daß einer zu dem, was Freddie macht, Kunstkram sagt, das ist ja wohl total kaputt!«
    »Ja, ja, geschenkt«, sagte Frank. »Ich will ja bloß wissen, wo…«
    »Und dann noch sein eigener Bruder! Ich meine, weißt du eigentlich, was dein Bruder für ein Typ ist? Was der draufhat? Was der da für unglaubliche Dinge macht? Ich meine, weißt du das eigentlich?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht«, gab Frank zu. »Ich weiß vieles nicht. Deshalb frage ich ja. Und weil ich mich wundere, daß er nicht da ist und keiner weiß, wo er ist. Ich meine, warum weißt du das nicht, wenn du so dicke mit ihm bist?«
    »Ich habe überhaupt nicht gesagt, daß ich dicke mit ihm bin! Ich habe gesagt, daß du keine Ahnung hast, was dein Bruder für ein Genie ist, das habe ich gesagt. Ich meine, der ist ein Genie, dein Bruder, und du fragst hier nach seinem Kunstkram, als ob das irgend so ein Plunder wäre, irgend so ein scheiß Hobby oder was!«
    »Und du tust immer so, als ob du wer weiß wie dicke mit ihm wärst«, gab Frank zurück, während Chrissie einen Schritt näher kam und sich aus dem Tabakpäckchen, das Karl immer noch in der Hand hielt, etwas Tabak und ein Blättchen herausfummelte. Karl schaute ihr dabei schweigend zu.
    ,>Hast du mal Feuer?« fragte Chrissie, als sie fertig war.
    Karl holte ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche und zündete ihr die Zigarette an.
    »Kann ich auch eine haben?« sagte Frank.
    »Ja klar«, sagte Karl und hielt ihm den Tabak hin.
    »Bist ja ganz schön großzügig mit meinem Tabak«, sagte Chrissie.
    Frank nahm den Tabak. »Wo macht er denn jetzt diese Dinger, diese Skulpturen?«
    »Scheiße, laß uns was trinken gehen, ich will nachher sowieso noch in die Zone, da ist auch H.R., mit dem muß ich ja auch noch reden!« sagte Karl. »Ich hab euch alle ganz doll lieb, wirklich, ich will keinen Streit, ich werde auch alle Fragen beantworten, aber laßt uns hier rausgehen, wenn ich hier noch lange rumhänge, dann muß ich ins Bett!«
    »Ich

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