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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Bruder ist. Immer mal vorausgesetzt, immer mal vorausgesetzt, äh…« - Erwin machte eine Pause, in der er einen Schluck Bier nahm und einen gepflegten kleinen Rülpser abließ, was Chrissie mit einem lauten »Du Sau!« kommentierte, ohne daß Erwin daraufhin auch nur in ihre Richtung guckte - »immer mal vorausgesetzt, der liebe Freddie darf überhaupt hier wohnen, so ist das nämlich.«
    »Was soll das denn jetzt heißen«, sagte Karl.
    »Das soll heißen, das soll heißen«, sagte Erwin, »das soll heißen, er schuldet mir noch die Miete für diesen Monat, und wenn er nicht da ist, und wenn sein Bruder ihn hier auf dem Plenum … «
    »Wußte ich doch, daß es ein Plenum ist«, freute sich Karl, »ist es mit Menschen, ist es ein Gespräch, ist es mit Erwin, ist es ein Plenum!«
    »Ist doch redundant jetzt, ob das Plenum heißt oder was auch immer, jedenfalls wenn er seinen Bruder hier vertreten will, dann kann er auch gleich seine Mietschulden bezahlen, und dann kann er wegen mir hier und überm Einfall so lange wohnen, wie er wilL«
    »Redundant, das ist stark, Erwin, wirklich stark!«
    »Wie sieht’s aus?«
    Erwin, der Frank noch vor wenigen Minuten leid getan hatte, war wieder obenauf, und Frank war beeindruckt. Das ist auf jeden Fall auch einer, den man nicht unterschätzen sollte, dachte er. »Wieviel?« fragte er.
    »Dreihundertfünfzehn«, sagte Erwin.
    »Nix«, sagte Frank, »vorhin waren das noch dreihundert, ich bin doch nicht blöd.«
    »Die fünfzehn sind wegen dem Telefon. Und dazu noch die Einheiten von Freddie!«
    »Das Telefon ist mir scheißegal, das kann wegen mir ausbleiben«, sagte Frank. Dreihundert Mark waren der größte Teil seines Geldes, da blieb nicht mehr viel übrig, vielleicht hundert Mark, aber die Sache erschien ihm fair, und er mußte ja irgendwo wohnen. »Dreihundert Mark kannst du haben. Und dann wohne ich hier und dann mache ich auch den Umzug in die andere Wohnung, wenn Manni, Freddie bis dahin nicht zurück ist.« Er holte sein Portemonnaie raus und legte das Geld auf den Tisch.
    »Alles klar«, sagte Erwin.
    Karl nahm das Geld, faltete es zu einem kleinen Päckchen zusammen und warf es quer über den Tisch. »Ich liebe dich, Erwin«, sagte er. Dann hob er seine Flasche und prostete Frank zu. »Hauptsache Lehmann«, sagte er, »Freddie oder Frank, was macht das schon … «
    »Vielen Dank!« sagte Erwin trocken. Er entfaltete das Geld, strich es glatt, rollte es zusammen und steckte es in seine Hosentasche.
    »Schon gut«, sagte Frank.
    »So«, sagte Karl und stand auf, »und jetzt zeige ich dir mal dein neues Zimmer! Jedenfalls das bis übermorgen!«
5.  OUZO UMSONST (ARSCH ART)
    “Weiß gar nicht, ob man das einfach so machen kann«, sagte Kar!, als er die Tür zu Freddies Zimmer öffnete, das eigentlich ein kleines, kubisches, an die Wand der Fabriketage gebautes Haus war, wie Frank dachte - und dazu noch eines mit Wänden aus Pappe, wie es schien, Frank klopfte kurz gegen die Wand neben der Tür, als er im Zimmer stand, und das klang sehr nach Pappe oder etwas Ähnlichem.
    »Das ist Rigips«, sagte Kar!, seine Gedanken erratend. »Das haben die mit Rigips gemacht.«
    »Wer?«
    »Ehemalige Freunde von Erwin, Künstler, die haben das irgendwann alles gemacht, und dann sind die raus, und er hat das übernommen. Die nannten das: Wohnen wie in Mexiko.«
    »Aha!«
    »Wie gesagt, ich weiß gar nicht, ob man das einfach so machen kann«, wiederholte Kar!, »dir hier einfach Freddies Zimmer geben und so.«
    »War die Tür abgeschlossen?«
    »Nein.«
    »Bin ich sein Bruder?«
    »Ja.«
    »Habe ich die Miete bezahlt?«
    »Ja.«
    »Na also«, sagte Frank, und Kar! schien es auch zufrieden, denn er ging in die Hocke und knipste eine kleine Stehlampe an.
    Frank sah sich um. Viel war nicht in dem Zimmer, eine Matratze, ein Kleiderständer von der Sorte, wie man sie aus Bekleidungsgeschäften kannte, ein Stapel Bücher, die Stehlampe, ein großer Kassettenrekorder, einige Schuhkartons, ein kleiner Fernseher und an der Wand aufgereiht einige Paar Schuhe. Frank war irgendwie gerührt - dieses Zimmer war genauso spartanisch oder jedenfalls funktional eingerichtet wie sein eigenes, verlorengegangenes Zimmer im Ostertorsteinweg in Bremen, nur daß er nicht so einen Kleiderständer, sondern eine Teekiste für seine Klamotten gehabt hatte. Freddies Kleider waren allerdings auch anders als seine: Es waren alles Anzüge, richtige Anzüge, keine teuren zwar, das konnte Frank gleich erkennen, als

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