Der kleine Dämonenberater
aufgefallen, daß heutzutage beim Bau eurer Highways nach einer ähnlichen Methode verfahren wird.«
»Das ist allgemein üblich«, sagte Augustus Brine.
»Salomon ging meine Arbeit zu langsam voran, und so rief er einen der verbannten Engel aus der Hölle herbei, einen seraphischen Krieger namens Catch. Und damit fing der Ärger an.
Catch war einstmals ein hochgewachsener Engel von vollendeter Schönheit gewesen, doch die Zeit, die er in der Hölle hatte zubringen müssen, hatte ihn verbittert. Als er vor Salomon trat, war er nurmehr ein Ungeheuer von gedrungener Gestalt, kaum größer als ein Zwerg. Seine Haut war wie die einer Schlange, und er hatte die Augen einer Katze. Sein Anblick war so abscheulich, daß Salomon es nicht zuließ, daß die Bewohner von Jerusalem ihn zu Gesicht bekamen, und so machte er den Dämon unsichtbar für alle, außer für sich selbst.
Ebenso wie Satan verabscheute Catch die Menschen aus tiefstem Herzen. Ich selbst hegte keinen Zorn auf die menschliche Rasse, doch Catch wollte Rache. Glücklicherweise hatte er nicht die Kräfte eines Dschinn.
Damit die Bewohner Jerusalems von der Existenz des Dämons nichts erfuhren, erklärte Salomon den Sklaven, die den Tempel bauten, daß ihnen göttliche Hilfe zuteil würde und sie sich so verhalten sollten, als wäre alles wie üblich. Der Dämon stürzte sich auf die Arbeit – er meißelte große Steinblöcke zurecht und wuchtete sie an Ort und Stelle.
Salomon war hochzufrieden mit der Arbeit des Dämons und sagte ihm das auch. Catch erwiderte, daß er wesentlich schneller vorankäme, wenn er nicht mit einem Dschinn zusammenarbeiten müßte, und so stand ich von nun an nur dabei und sah zu, wie der Tempel Gestalt annahm. Gelegentlich fielen mächtige Steinblöcke von den Mauern herunter und zermalmten die Sklaven, die sich gerade am Fuß dieser Mauern aufhielten. Während das Blut unter den Steinen hervorsickerte, konnte ich hören, wie Catch oben auf der Mauer lachte und ›hoppla, na so was‹ rief.
Salomon glaubte, daß diese Menschen durch Unfälle zu Tode gekommen waren, doch ich wußte, daß es Mord war. Andererseits bemerkte ich bei dieser Gelegenheit, daß Salomon keine absolute Kontrolle über den Dämon hatte und folglich auch seine Kontrolle über mich unter Umständen begrenzt sein mochte. Mein erster Gedanke war zu fliehen, doch wenn ich mich irrte, hätte dies bedeutet, daß ich in die Niederwelt zurückgeschickt worden und alles verloren gewesen wäre. Vielleicht würde es mir gelingen, Salomon dahin zu bringen, daß er mich freiließ, wenn ich ihm etwas anbot, das er nur durch meine Kräfte als Dschinn erlangen konnte.
Salomon war berüchtigt für sein Verlangen nach Frauen; er verzehrte sich förmlich nach ihnen. Also erbot ich mich, ihm die schönste Frau zu bringen, die er je erblickt hatte, wenn er mir gestattete, auf der Erde zu bleiben. Er willigte ein.
Ich zog mich in meine Unterkunft zurück und dachte darüber nach, was für eine Frau diesen Einfaltspinsel von König wohl am meisten beeindrucken würde. Ich hatte tausend Frauen gesehen, mit denen er zusammengewesen war, doch bei all ihrem Liebreiz gab es nichts, was ihnen allen gemeinsam war, woraus man auf bestimmte Vorlieben des Königs hätte schließen können. Am Ende mußte ich mich auf meine eigene Schaffenskraft verlassen.
Ich gab ihr helles Haar und blaue Augen und eine Haut so weiß und glatt wie Marmor. Ihr Körper und ihr Geist vereinigten in sich alles, was ein Mann sich wünschen konnte. Sie war eine Jungfrau mit der Geschicklichkeit einer Kurtisane. Sie war sanftmütig, intelligent, nachsichtig, warmherzig und humorvoll.
Salomon verfiel ihr in dem Augenblick, wo ich sie ihm vorstellte. ›Sie schimmert wie ein Juwel‹, sagte er. › Also soll Juwel auch ihr Name sein.‹ Über eine Stunde lang tat er nichts weiter, als sie nur anzusehen, so sehr war er von ihrer Schönheit hingerissen. Als er wieder zur Besinnung kam, sagte er: ›Über deine Belohnung, Gian Hen Gian, reden wir später.‹ Dann nahm er Juwel bei der Hand und führte sie in sein Schlafgemach.
In dem Augenblick, als ich Juwel dem König vorstellte, spürte ich, wie meine Kräfte zurückkehrten. Zwar war es mir nicht möglich zu fliehen, diese Freiheit hatte ich nicht, doch war ich zum ersten Mal in der Lage, die Stadt zu verlassen, ohne durch jenes unsichtbare Band an den König gefesselt zu sein. Und so ging ich hinaus in die Wüste, wo ich die Nacht verbrachte und meine
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