Der kleine Dämonenberater
konfrontiert worden, das ihre Vorstellungskraft überstieg, daß ihre Nerven nun blank lagen und sie von einem Strudel der Gefühle mitgerissen wurde. Die Macht, die sie demnächst erhalten würde, jagte ihr Angst ein; gleichzeitig wurde ihr schwindlig bei dem atemberaubenden Gedanken an die Myriaden von Möglichkeiten, die sich ihr nun bieten würden, und ihre Furcht trat in den Hintergrund. Sie fühlte sich schuldig, daß sie das alte Ehepaar dazu benutzte, um an die Beschwörungsformel heranzukommen, aber vielleicht konnte sie sich ja erkenntlich zeigen und die beiden entschädigen, wenn sie erst einmal im Besitz ihrer neuerworbenen Macht war. Auf jeden Fall würde es bald vorbei sein, und die beiden konnten nach Hause fahren.
Der Erdgeist selbst war ihr auch nicht recht geheuer. Er machte so einen … nun ja … gar nicht friedlichen Eindruck. Und warum wirkte er so männlich?
Der Ford fuhr vor der Blockhütte vor und blieb stehen. Rachel schaute zu, wie eine zerbrechlich wirkende alte Frau aus dem Wagen stieg und dabei zwei reich verzierte Kerzenhalter in die Höhe hielt. Dann blieb sie, die Kerzenhalter an die Brust gedrückt, neben dem Wagen stehen und wartete. Es war nicht zu übersehen, daß sie furchtbare Angst hatte, und Rachel, die sich plötzlich schuldig fühlte, konnte nicht länger hinschauen. »Sie ist da«, sagte sie.
Catch antwortete: »Sag ihr, sie soll reinkommen.«
Effrom hob den Kopf, doch nicht hoch genug, um aus dem Fenster schauen zu können. »Was macht ihr mit der Frau?« wollte er wissen.
»Gar nichts«, sagte Rachel. »Sie hat etwas, das ich brauche, und wenn ich es kriege, können Sie beide zurück nach Hause.«
Rachel ging zur Tür und riß sie schwungvoll auf, als wollte sie einen jahrelang verschollenen Verwandten begrüßen. Amanda stand etwa zehn Meter entfernt neben ihrem Wagen. »Mrs. Elliot, bringen Sie doch die Kerzenhalter herein, damit wir sie untersuchen können.«
»Nein.« Amanda rührte sich nicht vom Fleck. »Nicht, bevor Effrom in Sicherheit ist.«
Rachel wandte sich an Effrom. »Sagen Sie doch was zu Ihrer Frau, Mr. Elliot.«
»Nö«, erwiderte Effrom. »Ich sage kein Wort. Das ist alles Ihre Schuld.«
»Bitte seien Sie doch ein wenig kooperativ, Mr. Elliot. Dann können wir Sie auch nach Hause gehen lassen.« Zu Amanda gewandt sagte Rachel: »Er will nicht reden, Mrs. Elliot. Warum bringen Sie nicht einfach die Kerzenhalter herein? Ich versichere Ihnen, daß keinem von Ihnen etwas geschehen wird.« Rachel konnte es kaum fassen. Was sie da sagte, klang wie ein Dialog aus einem schlechten Gangsterfilm.
Amanda stand da, umklammerte die Kerzenhalter und wußte nicht, was sie tun sollte. Rachel sah, wie die alte Frau zögerlich einen Schritt in Richtung auf die Blockhütte machte, als ihr plötzlich die Kerzenhalter entrissen wurden und Amanda zu Boden geschleudert wurde, als hätte sie eine Schrotladung getroffen.
»Nein!« kreischte Rachel.
Sie kümmerte sich nicht um die Kerzenhalter, die durch die Luft zu schweben schienen, aber in Wirklichkeit von Catch getragen wurden, sondern rannte zu der Stelle, wo Amanda auf dem Boden lag. Sie kniete sich hin und wiegte Amandas Kopf in ihren Armen. Die alte Dame öffnete die Augen, und Rachel atmete erleichtert auf.
»Sind Sie in Ordnung, Mrs. Elliot? Es tut mir so leid.«
»Laß sie liegen«, sagte Catch, »um die beiden kümmere ich mich gleich.«
Rachel wandte sich zu der Stelle um, wo Catchs Stimme herkam. Die Kerzenhalter zitterten in der Luft. Mit einer körperlosen Stimme zu sprechen, fand sie nach wie vor etwas befremdlich.
»Ich will nicht, daß diesen Leuten was passiert, verstehst du?«
»Aber jetzt, wo wir die Beschwörungsformel haben, können sie uns egal sein.« Die Kerzenhalter drehten sich in der Luft, während Catch sie untersuchte. »Jetzt komm schon her. Ich glaube, eins von den Dingern hat eine Fuge, aber ich kann es nicht richtig greifen. Komm, mach du das Ding mal auf.«
»Gleich«, sagte Rachel und half Amanda aufzustehen. »Gehen wir ins Haus, Mrs. Elliot. Es ist vorbei. Sobald Sie wollen, können Sie nach Hause fahren.«
Rachel hielt Amanda an den Schultern und führte sie ins Haus. Die alte Dame machte einen ganz verstörten und apathischen Eindruck, so daß Rachel fürchtete, sie könnte jeden Augenblick zusammenbrechen. Doch als Amanda Effrom erblickte, machte sie sich aus Rachels Umarmung frei und ging auf ihn zu.
»Effrom.« Sie setzte sich auf das Bett und streichelte ihm über
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