Der kleine Fuzzy
Tisch, griff nach seiner silbernen Zigarrenkiste und holte eine Panatella heraus. Gustavos Adolphus Brannhard hob seine Zigarre wieder auf, die er beiseite gelegt hatte und machte ein paar Züge. Leslie Coombes fischte eine Zigarette aus seinem Etui. Beide sahen dann den Oberrichter an, abwartend wie zwei gezückte Waffen – eine Streitaxt und ein Rapier.
»Nun, meine Herren, wie Sie wissen, haben wir hier zwei Mordfälle, in denen uns für jeden ein Anklagevertreter fehlt«, begann Pendarvis.
»Aber wieso, Euer Ehren?« fragte Coombes. »In beiden Fällen handelt es sich um Geringfügigkeit. Ein Mann hat ein wildes Tier getötet, und ein anderer tötete einen Menschen, der versuchte, ihn umzubringen.«
»Nun, Euer Ehren, ich glaube nicht, daß meinen Mandanten juristisch oder moralisch irgendeine Schuld trifft«, sagte Brannhard. »Ich möchte, daß das durch einen Freispruch bestätigt wird.« Er sah zu Coombes. »Ich nehme weiter an, daß Mr. Coombes ebenso daran interessiert ist, daß sein Mandant von jeder Spur einer Mordanklage reingewaschen wird.«
»Ich bin ganz Ihrer Meinung. Leute, denen man ein Verbrechen vorgeworfen hat, sollten, wenn sie unschuldig sind, dies auch öffentlich bestätigt bekommen. Aber jetzt zur Sache – ich hatte vor, den Fall Kellogg zuerst und dann den Fall Holloway zu verhandeln. Sind Sie beide damit einverstanden?«
»Absolut nicht, Euer Ehren«, erwiderte Brannhard prompt. »Die Grundlage unserer Verteidigung ist, daß dieser Borch im Zusammenhang mit der Ausübung eines ungesetzlichen Aktes getötet wurde. Wir sind bereit, das zu beweisen, aber wir wollen nicht, daß unser Fall durch eine vorhergehende Verhandlung präjudiziert wird.«
Coombes lachte. »Mr. Brannhard möchte seinen Mandanten reinwaschen, indem er den meinen von vornherein verurteilt. Damit können wir uns natürlich nicht einverstanden erklären.«
»Ja, und er bringt denselben Einwand gegen Sie vor. Nun, ich werde beide Einwände aus der Welt schaffen. Ich werde veranlassen, daß man beide Fälle zusammenlegt und beide Angeklagten zusammen vor Gericht stellt.«
Gus Brannhards Augen leuchteten kurz erfreut auf; Coombes dagegen war gar nicht einverstanden.
»Euer Ehren, ich gehe davon aus, daß dieser Vorschlag scherzhaft gemeint war«, sagte er.
»Das war er nicht, Mr. Coombes.«
»Dann, Euer Ehren, wenn ich das mit allem Respekt sagen darf, muß ich schon sagen, daß dies höchst ungewöhnlich ist – ganz zu schweigen davon, daß es inkorrekt ist, soweit ich mich mit Verfahrensvorschriften auskenne. Wir haben es hier nicht mit einem Fall von zwei Komplizen zu tun, denen man dasselbe Verbrechen vorwirft. Es handelt sich um zwei verschiedene Männer, die zweier verschiedener krimineller Akte bezichtigt werden, und die Verurteilung des einen würde beinahe automatisch den Freispruch des anderen bedeuten. Ich weiß nicht, wer anstelle von Mohammed O’Brien die Anklage vertreten soll, aber ich bedauere den armen Kerl jetzt schon zutiefst. Ja, Mr. Brannhard und ich könnten auch irgendwo Poker spielen, während der Ankläger den Fall allein löst.«
»Nun, wir werden nicht nur einen Anklagevertreter haben, Mr. Coombes, sondern zwei. Ich werde Sie und Mr. Brannhard als Anklagevertreter vereidigen, und Sie können Mr. Brannhards Mandanten und er den Ihren unter Anklage stellen. Ich denke, damit wären alle Schwierigkeiten beseitigt.«
Nur mit großer Mühe gelang es ihm, auf seinem Gesicht die Würde aufrechtzuerhalten, die seinem Amt angemessen war. Brannhard dagegen schnurrte wie ein Tiger, der gerade einen jungen Bock gerissen hatte. Leslie Coombes’ Gelassenheit bröckelte dagegen immer stärker ab.
»Euer Ehren, das ist ein ausgezeichneter Vorschlag«, ließ Brannhard sich vernehmen. »Ich werde mit dem größten Vergnügen die Anklage gegen Mr. Coombes Mandanten vertreten.«
»Nun, alles, was ich sagen kann, Euer Ehren, ist, daß dieser Vorschlag Ihren ersten um Längen schlägt, wenn es darum geht, welcher ungewöhnlicher ist.«
»Nun, Mr. Coombes, ich habe das Gesetz und die Vorschriften der Jurisprudenz sehr sorgfältig überprüft, und ich habe nirgendwo eine Vorschrift gefunden, die einem solchen Vorgehen widerspräche!«
»Ich wette, Sie finden aber auch keinen Präzedenzfall in dieser Richtung!«
Leslie Coombes hätte das eigentlich besser wissen müssen, denn in der kolonialen Rechtssprechung fand sich beinahe für alles ein Präzedenzfall.
»Aber gut«, gestand er dann ein. »Ich
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