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Der kleine Koenig von Bombay

Der kleine Koenig von Bombay

Titel: Der kleine Koenig von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chandrahas Choudhury
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nicht. Wo sollte ich um diese Zeit hinwollen, Dashrathji?«
    »Du bist ein junger Mann. Muss ich dir dazu wirklich mehr sagen?« Dashrath lachte. »Wie dem auch sei, das Dashrath’sche Gericht befindet dich für unschuldig. Steig ein.«
    »Ja, fahren wir.« Dashraths blumige Sprache beschwingte Arzee richtig. »Gleich um die Ecke ist das Café Momin. Das hat immer bis um halb zwei auf. Es ist schön, dich zu sehen, Dashrath. Genau so jemanden wie dich brauche ich heute.«
    »Es ist schön,
dich
zu sehen. Mach die Tür richtig zu, sonstfällst du noch raus, wenn du dich dagegenlehnst. Dieser Wagen ist nicht mehr der Jüngste, genau wie sein Besitzer.«
    »Ich habe mich schon an so manches angelehnt und bin gefallen, Dashrath – an manches Ding und manchen Menschen.«
    »Das Leben ist eine lange Parade von Problemen, wohl wahr. Aber erst die Probleme machen einen Mann zu dem, was er ist, meinst du nicht auch?«
    »Das heißt aber nicht, dass man sie deswegen eigens suchen würde, Dashrathji. Und das scheine ich zu tun – ich scheine Probleme anzulocken, als hätte ich einen besonderen Geruch oder eine besondere Farbe.«
    Dashrath lachte. »Man kann sich Probleme auch wieder von der Seele reden. Warum machst du denn das Handschuhfach auf?«
    »Tut mir leid, Dashrathji, ich mach einfach gern Sachen auf. Ist schon wieder zu.«
    Dashrath Tiwari war zwar Taxifahrer von Beruf, und das schon sein Leben lang, doch das Taxifahren war sozusagen nur seine äußerste Schicht. Wollte man seine Begabungen mit einer Metapher zusammenfassen, die ihm gefiele (denn er liebte Metaphern), so könnte man sagen, dass er nicht nur am Lenkrad seines Fiats ein Ass war, sondern auch am Lenkrad der Sprache – er konnte sie hinsteuern, wohin er wollte. In seiner Freizeit hatte er die Dialoge für mehrere Bhojpuri-Filme geschrieben, die nicht in Kinos wie dem Noor gezeigt wurden, sondern in kleineren Häusern in anderen Teilen Bombays, wo viele Arbeiter aus Uttar Pradesh und Bihar lebten. Eigentlich hätte er berühmt sein müssen, aber da die Menschen immer nach Äußerlichkeiten, nach dem äußeren Schein gehen, statt sich die Mühe zu machen, einen Blickunter die Oberfläche zu werfen, heimsten die Schaupieler, die Dashraths Zeilen sprachen, das ganze Lob ein, und Dashrath selbst ging leer aus. Dashrath hatte außerdem sieben Kinder gezeugt, lauter Jungen, obwohl er nur einmal im Jahr für drei Wochen nach Hause fuhr. Da er immer um die gleiche Zeit fuhr, waren alle seine Kinder im Januar geboren.
    Dass Dashrath anders war, merkte man zuerst an seiner reichen, gemessenen, melodischen Sprache, wie glattpolierte Kiesel rollten ihm die Silben über die Lippen. Dashrath sprach so, wie andere Leute schrieben oder Reden hielten. Ihm zuzuhören hieß, sich bewusst zu werden, dass die meisten Leute, die den derben Bombayer Slang redeten und immer versuchten, ihre Meinung loszuwerden, bevor jemand anders dazwischenredete, ihre Worte zerkauten und verstümmelten, auch machten sie sich nie die Mühe, einen treffenden Begriff zu suchen, sondern bedienten sich gebräuchlicher, vager Worte. War es Dashraths Sprache – seine Art sich auszudrücken – oder sein Denken, das so bezwingend war? Arzee kam in dieser Frage zu keinem endgültigen Schluss: Manchmal schien es das eine, manchmal das andere zu sein, und manchmal waren die beiden untrennbar miteinander verwoben. Unbestreitbar war jedenfalls, dass Dashrath viel lebendiger wirkte als die meisten seiner Altersgenossen. Vielleicht war es seine Sprache, die ihn auf Draht hielt, denn mit ihm zu reden hieß auch zu erkennen, dass die meisten Leute ihr Leben lang die gleichen fünf oder sechs Dinge sagten. Arzee war sehr froh, einen Zuhörer in einem so verständnisvollen und weisen Menschen wie Dashrath gefunden zu haben.

    Sie saßen an einem Tisch im Café Momin und tranken Tee: Arzee aus einer Tasse, Dashrath aus einer Untertasse. DieUntertasse befand sich auf Höhe von Arzees Augen, und er konnte mitverfolgen, wie sich auf der Oberfläche ein leicht gekräuselter Sahnefilm bildete. Jemand hatte den Namen eines Mädchens in eine Ecke der Tischplatte eingeritzt, Mona, ihn dann schräg durchgestrichen und ihre Telefonnummer daruntergeschrieben. Die beiden Männer hatten sich lange unterhalten und dann lange geschwiegen. Jetzt ergriff Dashrath das Wort:
    »Verlier den Mut nicht, junger Freund. Du wirst sehen – unterm Strich wird diese ganze Geschichte etwas Erfreuliches für dich bringen. Und auch den

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