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Der kleine Lord

Titel: Der kleine Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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Seite.
    »Vermutlich glaubst du, sie sehr lieb zu
haben?«
    »Ja,« erwiderte Cedrik sanft und einfach,
»das glaube ich und das ist auch so. Weißt du, Mr.
Hobbs war mein Freund, und Dick auch und Mary, aber Herzlieb und ich,
wir sind doch die aller-allerbesten Freunde und sagen einander alles.
Und ich muß auch für sie sorgen, weil mein Papa das
nicht mehr thun kann – wenn ich groß bin, werd' ich
arbeiten und Geld verdienen.«
    »Wie gedenkst du denn das anzufangen?«
erkundigte sich der Großvater.
    Seine kleine Herrlichkeit setzte sich wieder auf den
Kaminvorsetzer, hielt das Bild in der Hand und schien sich seine
Antwort reiflich zu überlegen.
    »Ich habe schon gedacht, ich könnte in Mr.
Hobbs' Geschäft eintreten,« sagte er, »aber
lieber würde ich Präsident.«
    »Da schicken wir dich besser ins Oberhaus,«
sagte der Graf.
    »Ja nun, falls ich nicht Präsident werden
kann und das auch ein gutes Geschäft ist, will ich's wohl
thun. Spezereigeschäfte sind nicht immer
unterhaltend.«
    Vielleicht dachte er noch weiter über den Gegenstand
nach, denn er blieb ganz ruhig sitzen und sah ins Feuer. Der Graf
sprach nichts mehr, lehnte sich in seinen Fauteuil zurück und
beobachtete das Kind. Manch neuer, ihm fremder Gedanke mochte den alten
Edelmann beschäftigen. Dougal hatte sich lang ausgestreckt,
den mächtigen Kopf auf die breiten Tatzen gelegt und schlief
– tiefes Schweigen herrschte.
    Als eine halbe Stunde später Mr. Havisham in das
Zimmer geführt wurde, machte ihm der Graf halb
unwillkürlich ein hastiges Zeichen, leise aufzutreten, Dougal
schlief noch immer, und neben ihm, das lockige Köpfchen auf
den kleinen Arm gelegt, schlummerte Lord Fauntleroy.

Sechstes Kapitel
Der Graf und sein Erbe
    Als Lord Fauntleroy am andern Morgen erwachte, hörte
er ein Stimmengeflüster, und als er sich umdrehte und die
Augen aufschlug, entdeckte er zwei Frauen in seinem Zimmer. Alles sah
lustig und hell aus, der Sonnenschein fiel durch das epheuumrankte
Fenster und tanzte fröhlich auf dem bunten,
großblumigen Kattun, mit dem alles bezogen war. Die Frauen
traten an sein Bett und er erkannte nun eine derselben als Mrs. Mellon,
die Haushälterin; die andre dagegen war ihm fremd, hatte aber
ein so gutmütiges, wohlwollendes Gesicht, als man sich's nur
wünschen konnte,
    »Guten Morgen, Mylord,« sagte Mrs. Mellon.
»Gut geschlafen?«
    Seine Herrlichkeit rieb sich die Augen und lachte.
    »Guten Morgen,« sagte er, »ich
weiß gar nicht, wo ich bin.«
    »Sie wurden gestern abend schlafend hier
herausgetragen in Eurer Herrlichkeit Schlafzimmer, und hier ist Dawson,
die Sie zu bedienen hat,« erläuterte Mrs. Mellon.
    Fauntleroy saß im Bette auf und bot Dawson die Hand,
gerade wie er sie auch dem Grafen geboten hatte.
    »Guten Morgen,« sagte er, »ich bin
Ihnen sehr dankbar, daß Sie für mich sorgen wollen.
Miß Dawson oder Mrs. Dawson bitte?«
    »Ganz einfach Dawson, Mylord!« erwiderte die
Angeredete, freudestrahlend und knicksend. »Weder Miß
noch Mrs., Gott segne Eure Herrlichkeit! Wollen Sie jetzt aufstehen und
sich ankleiden lassen und dann im Kinderzimmer
frühstücken?«
    »Anziehen kann ich mich schon seit ein paar Jahren
allein. Danke,« erwiderte Cedrik. »Herzlieb hat es
mir gezeigt, Herzlieb ist meine Mama. Mary mußte ja bei uns
ganz allein alle Arbeit thun und waschen, da hätte man ihr
nicht auch noch die Mühe machen können. Auch mein Bad
kann ich so ziemlich allem besorgen, wenn Sie dann nur so gut sein
wollen und die Ecken 'xaminieren, wenn ich fertig bin.«
    Dawson und die Haushälterin wechselten Blicke.
    »Dawson wird alles thun, was Sie
wünschen,« sagte Mrs. Mellon.
    »Das will ich wahrhaftig und von Herzen
gern,« versicherte die behäbige Matrone.
»Wenn Mylord sich lieber selbst ankleidet, soll er's nur thun,
und ich werde dabei stehen und warten, ob ich nicht etwas helfen
kann.«
    »Das ist nett von Ihnen, denn manchmal ist's ein
bißchen schwierig mit den vielen Knöpfen, und dann
kann ich Sie doch fragen.«
    Er fand, daß diese Dawson eine sehr gute Frau sei,
und als sie mit dem Bade und dem Ankleiden zu Ende waren, hatte er
schon viel Interessantes erfahren und die Freundschaft war geschlossen.
Er wußte, daß ihr Mann Soldat gewesen und in einer
richtigen Schlacht ums Leben gekommen war, daß ihr Sohn
Matrose sei, und daß sie selbst ihr lebenlang für die
verschiedensten Kinder gesorgt und jetzt eben aus einem sehr

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