Der Kleine Mann und die Kleine Miss
Mund.«
Mäxchen
hustete noch eine Weile, bis er wieder deutlich sprechen konnte. »Ich wollte
nur wissen, womit ihn der König zurückgeprügelt hat.«
»Mit
einem Teppichklopfer«, erklärte die junge Dame. »Aber hab keine Angst, mein
Kleiner. Seine Gäste haut er nicht.« Nach diesen Worten ging sie zur Bordküche
und mit einem beladenen Tablett zum Cockpit, damit der Pilot und der Funker
nicht verhungerten.
»Sie
hat leicht reden«, sagte Mäxchen leise. »Wenn ich jetzt allein wäre, würde ich
mich vermutlich fürchten. Geht’s dir auch so? Ein leeres Flugzeug. Nur die
Besatzung. Und wo Breganzona liegt, weiß niemand…«
»Iss
noch ein bisschen Rührei«, schlug der Jokus vor. »Das stärkt die Nerven.«
»Nein,
ich bin satt und mache mir Sorgen.« Schon kletterte der kleine Mann am
Professor hoch und verschwand in dessen Brusttasche. Plötzlich steckte er noch
einmal den Kopf heraus. »Beschütz mich gut.«
»Besser
als mich selber«, sagte der Jokus. Dann spürte er, wie sich Mäxchen in der
Brusttasche zurechtkuschelte. Er lächelte, zündete sich eine Zigarette an und
blickte durch das runde Fenster zum Horizont, wo sich der Ozean und der Himmel
guten Tag wünschten.
König
Bileam der Nette stand auf dem Rollfeld des Flugplatzes von Breganzona, zog die
Taschenuhr aus der Brokatweste und erklärte laut und deutlich: »Wenn sie nicht
gleich kommen, kommen sie später oder nie. Eine vierte Möglichkeit gibt es
nicht.«
Neben
ihm standen Judith und Osram, seine Sprösslinge. Und hinter den dreien bildeten
vierzig Schulklassen Spalier. Mit Triangeln, Mundharmonikas, Gitarren und
Querpfeifen. Alles wartete.
Der
König sah aus wie ein glatt rasierter Weihnachtsmann. Er hatte weißes Haar,
gesunde rote Backen und trug einen steifen schwarzen Hut auf dem Kopf. Aber
außerdem trug er auch die Königskrone. Sie lag, von der Krempe gestützt, auf
dem runden Hutrand, blitzte golden und war von der Königin festgenäht worden.
Sonst wäre sie ja beim Hutabnehmen jedes Mal heruntergefallen. (Ich meine die
Krone, nicht die Königin.)
»Hut
und Krone gehören bei mir untrennbar zusammen«, pflegte Bileam der Nette zu
sagen. »Ohne Hut wäre ich nur ein König, ohne Krone wäre ich nur ein Bürger.
Ich bin beides, und ich trage beides, bis mir eines Tages die Krone zu schwer
wird.
Dann
nehme ich sie ab, habe nur noch den Hut auf dem Kopf und male wieder Bilder.«
Prinzessin
Judith zupfte ihn am Ärmel. »Papa, die Maschine kommt!«
Sie
hatte Recht. Das Flugzeug ›Dagobert‹ war am Horizont aufgetaucht, wurde größer
und lauter, flog eine Schleife, landete, mit gedrosselten Motoren, auf dem
Rollfeld, wurde vom Bodenpersonal eingewinkt und stand zitternd still. Der
Ausstieg öffnete sich. Die Gangway wurde hingefahren. Zuerst erschien die
Stewardess. Hinter ihr tauchte der Jokus auf. Er winkte.
»Musik!«,
rief König Bileam, und schon begannen die vierzig Schulklassen zu musizieren,
dass die Wände gewackelt hätten, wenn Wände in der Nähe gewesen wären. Ob es
sehr schön klang, weiß ich nicht so genau. Sehr laut klang es ganz bestimmt.
Man
könnte am ehesten sagen: Es klang sehr schön laut.
Die
Begrüßung verlief äußerst herzlich. Der König nahm Hut und Krone ab. Judith
machte einen Knicks. Osram machte einen Diener. Der Jokus schüttelte allen
dreien die Hand. Mäxchen winkte aus der Brusttasche und lachte. Aber man hörte
nicht, dass er lachte. Und man hörte nicht, was Bileam und der Jokus sagten.
Denn
in jeder Schulklasse des Königreichs Breganzona sitzen zwar nur fünfundzwanzig
Kinder, aber wenn vierzig Klassen Musik machen, machen tausend Kinder Musik.
Erst
als sich Bileam entsetzt die Ohren zuhielt, wurden die Musikanten still. Nun
sagten der König und der Jokus noch einmal dasselbe, was sie schon gesagt, aber
wegen des Lärms nicht verstanden hatten. Der Jokus holte Mäxchen aus der
Brusttasche, setzte ihn dem König auf den Handteller, und nun schritten sie,
unter dem Jubel der tausend Kinder, zu dem Auto, das auf sie wartete. Es war ein
Rolls-Royce aus dem Baujahr 1930. Ein geräumiges und bequemes Vehikel. Beim
Einsteigen musste sich, trotz Hut und Krone, nicht einmal der König bücken.
»Meine
Frau lässt sich entschuldigen. Sie konnte nicht mitkommen«, sagte der König,
während sie durch die Stadt fuhren. »Sie kocht Kakao und stellt belegte
Brötchen her. Das lässt sie sich nicht nehmen. Dabei weiß sie doch, dass wir
vorher beim Würstchengott einkehren
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