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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Volk.«
    »Nennen
wir’s weiterhin ein Völkchen«, meinte der König.
    »Mehr
sind wir nicht, und mehr wollen wir nicht sein. Wir wollen weder in den Atlas
noch ins Lexikon. Wir wollen weder Ruhm noch Reichtum.«
    »Seien
Sie froh, dass Breganzona so klein ist«, sagte der Jokus.
    »Sonst
hätten Sie großen Ärger.«
    »Prosit,
Professor.« Der König hob sein Glas. »Und nun verraten Sie mir endlich, warum
Rosa Marzipan nicht mitgekommen ist.«
    »Wir
haben, ohne dass der Junge es ahnt, ein Haus gekauft, und sie richtet es
heimlich ein. Man kann nicht ewig von einem Hotel ins nächste ziehen.«
    »Nur
zu wahr«, brummte Bileam. »Man will wissen, wohin man gehört. Man wird nicht
jünger.«
    »Das
gilt sogar für Mäxchen. Auch er wird älter. Er braucht endlich ein Zuhause. Er
braucht endlich gründlichen Privatunterricht. Außerdem will ich meine
›Geschichte der Zauberkunst‹
    schreiben…«
    »…und
Fräulein Marzipan heiraten.«
    »Das
ist leichter gesagt als getan.«
    »Nanu.
Will sie nicht?«
    »Lieber
König Bileam, können Sie schweigen?«
    »Nicht
nur wie das Grab, sondern wie ein ganzer Friedhof. Was ist los?«
    »Wir
haben Angst um Mäxchen«, sagte der Jokus bekümmert.
    »Wo
ich bin und schlafe und gehe und stehe, er ist bei mir, er war bei mir, und er
kennt es nicht anders. Was soll werden, wenn Rosa und ich heiraten? Wenn wir
Kinder haben? Ich kann mich nicht in Stücke schneiden. Er würde glauben, ich
liebte ihn weniger. Er wäre unglücklich, der kleine Kerl, und ich wäre es
auch.«
    »So
unglücklich können glückliche Menschen sein«, meinte König Bileam bedächtig.
»Was sollen erst die Unglücklichen machen?«
     
    Mittlerweile
ging es im Spielzimmer hoch her. Mäxchen hatte den Beruf des Lokomotivführers
längst an den Nagel gehängt. Er war, trotz der hochgeklappten Zugbrücke und des
tiefen Wassergrabens, in die Burg eingedrungen. Im Burghof, auf den Wehrgängen
und auf dem Söller hatte er sämtliche Ritter umgelegt, von den Knappen und
Knechten ganz zu schweigen.
    Nachdem
Maximilian von Pichelstein, der edle Ritter, jeglichen Widerstand gebrochen
hatte, nahm er den erbeuteten Helm 137
    vom
Haupt, trocknete sich die Heldenstirn und blickte kühn in die Ferne. »Ich
dürste nach neuen Taten«, rief er. »Den nächsten Feind, bitte!«
    Prinz
Osram wusste Rat. »Im Wilden Westen tut sich was. Die Sioux belagern das
Blockhaus. Wie wär’s?«

    »Wer
wird siegen, o Fremdling?«
    »Die
Rothäute wollen die Palisaden anzünden. Die Fackeln lodern schon.«
    »Wir
werden sie auslöschen.«
    »Womit?«,
fragte Osram ratlos. »Die Brunnen sind leer. Die Wasserleitung ist kaputt.«
    »Dann
nehmen wir Spucke«, rief Trapper Max, das unerschrockene Bleichgesicht.
    »Jawohl«,
schrie Osram. »Das ist die Lösung!«
    »Ihr
seid zwei kleine Dreckschweine«, sagte Judith pikiert.
    »Untersteht
euch, im Zimmer herumzuspucken.«
    Mäxchen
blickte Osram an. »Wer ist die vorlaute Squaw? Was mischt sie sich in
Männersachen?«
    »Soll
ich sie auf den Rücken eines Mustangs binden und in die Prärie jagen?«
    Doch
daraus wurde nichts. Die rüden Männer aus dem Wilden Westen vergaßen ihre
grausamen Pläne mit einem Schlag und starrten fasziniert auf Judiths Hände.
Denn die Prinzessin nähte.
    Sie
nähte auf einem runden schwarzen Hut eine goldene Krone fest!
    Die
Krone war Judiths kleiner goldener Geburtstagsring, und der Hut war auch nicht
viel größer, weil er eigentlich einer Puppe gehörte, einem fingerlangen Hirten
aus der Puszta. Nun lag er kahl und unbeachtet neben Judiths Nähzeug. Sie biss
den Faden ab und sagte: »So.«
    »Genau
wie Papas Ausgehkrone«, rief Osram.
    »Für
mich?«, fragte Mäxchen vorsichtig.
    »Vielleicht«,
sagte Judith. Und während sie ihm den Kronenhut aufsetzte, verdrehte er die
Augen, als wolle er sich selber auf den Kopf sehen.
    Die
Geschwister klatschten vor Begeisterung in die Hände. »Er passt wie
angegossen«, rief Judith. Und Osram rief: »Wie Vati auf den Briefmarken!«
    Und
Mäxchen? Da stand er nun neben Judiths Nähkästchen und wusste nicht, wie schön
er aussah. Wie schön man aussieht, sehen immer nur die anderen. »Habt ihr denn
keinen Spiegel im Haus?«, fragte er zappelig.
    Judith
holte ihren Handspiegel, lehnte ihn ans Nähkästchen, und nun konnte sich der
kleine Mann endlich betrachten. Er ließ sich Zeit und fand sich wunderbar. Er
stolzierte auf und ab, winkte seinem Spiegelbild zu, schwenkte den Hut zum Gruß
und rief:
    »Majestät
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