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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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für
leicht übertrieben, und auch der Pressechef der Königlichen Staatskanzlei
schrieb in einem Leserbrief an die Zeitung, das Nadelöhr sei keine Minute
vermisst worden.
     
    Viel
Spaß machte der Königsfamilie und der Dienerschaft auch die Nummer ›Der
Bauchredner und seine Puppe‹. Der Jokus tat während dieser Szene, als könne er
bauchreden, und Mäxchen, der auf seinem Knie saß, bewegte, während sie sich
unterhielten, den Kopf, die Augen und die Arme, als sei er eine vom Jokus
heimlich gelenkte Gliederpuppe.
     
    Liebe
Leser, ich hätte euch diese Darbietung gerne näher beschrieben, aber der
verehrte Herr Bauchredner war dagegen. Und Mäxchen sagte: »Die Nummer ist noch
lange nicht bühnenreif.«
    Außerdem
fand die Vorstellung am 14. Dezember statt und wurde, trotz aller Bitten, nicht
wiederholt. Denn es war Zeit zum Kofferpacken. Sogar höchste Zeit. Habt ihr
schon einmal einen Zauberfrack in einem Koffer verstaut? Nein? Dazu braucht man
eine bis anderthalb Stunden.
    Frühmorgens
am 15. Dezember brachte die königliche Familie den Professor und den kleinen
Mann zum Flugplatz. Der Abschied war herzlich und schmerzlich. Alle sagten
gleichzeitig:
    »Auf
baldiges Wiedersehen.« Die Maschine ›Dagobert‹ stieg in die Lüfte. Und damit
beginnt...

DAS ACHTE
KAPITEL
     

Mäxchen zählt Schweizer Tunnels / Das Geheimnis lüftet sich
/
Rosa soll gemästet werden / ›Villa Glühwürmchen‹ / Eine
Fernsehsendung und viele Ferngespräche / Fairbanks 3712 / Mrs.
Simpson hieß vor ihrer Heirat Hannchen Pichelsteiner.
     
    In
Calais kletterten sie in eine Caravelle der Air France und flogen mit vielen
vergnügten Franzosen, die zum Wintersport wollten, nach Zürich. Dort hatte es
geschneit. Vorm Flugplatz stieg der Jokus in ein Taxi.
    »Bleiben
wir in Zürich?«, fragte Mäxchen.
    »Nein,
mein Kleiner«, sagte der Professor.
    Im
Züricher Hauptbahnhof kletterten sie in einen hochmodernen Zug, der nur aus
vier Waggons 1. Klasse bestand, und nahmen in der Bar des Speisewagens Platz.
    »Draußen
steht auf einem Schild ›Zürich-Mailand‹. Fahren wir nach Mailand?«
    »Nein,
mein Kleiner«, sagte der Professor. Dann bestellte er für sich einen Whisky und
für den Jungen einen Tom Collins. »Natürlich ohne Wodka.«
    »Sehr
gern«, meinte das Servierfräulein und musterte Mäxchen. »Aber Fingerhüte haben
wir leider nicht.«
    »In
einem normalen Glas und mit einem Strohhalm. Der Kleine sitzt gern auf dem
Glasrand. Doch das Glas nicht zu voll. Sonst kriegt er nasse Füße.«
    »Sehr
gern«, sagte das Servierfräulein. »Ganz wie die Herren wünschen.«
     
    Die
Welt war schneeweiß. Der Zug sauste am Zürcher See entlang. Er raste am
Vierwaldstätter See vorbei. Die Berge kamen näher. Die Strecke stieg an. Ein
Tunnel folgte dem anderen. Die Lampen brannten.
    Nachdem
der Jokus seine Zeitungen gelesen hatte, vertiefte er sich in ein Buch mit dem
Titel ›Wichtige Winke eines Fachmanns zur Erlernung der Bauchredekunst‹.
Mäxchen saß auf dem Rande des Glases, hielt sich am Strohhalm fest, schlürfte
seinen Tom Collins schlückchenweise und zählte die Tunnels. »Kannst du mir dein
Geheimnis noch immer nicht verraten?«, bohrte er.
    »Nein,
mein Kleiner.«
    »Pfui
Spinne! Und du willst mein väterlicher Freund sein?
    Sechsundzwanzig.«
    »Was
heißt hier sechsundzwanzig?«
    »Der
sechsund… , schon wieder einer: der siebenundzwanzigste Tunnel.«
    Es
schneite dicke Flocken. Man konnte Gletscher sehen. Und zu Eis erstarrte
Wasserfälle. Es ging stampfend bergan. Immer höher. ›Göschenen‹ stand an einem
Bahnhof. Und schon wurde es von neuem dunkel.
    »Jetzt
fahren wir durch den Sankt Gotthard«, erklärte der Professor. »Mindestens zehn
Minuten lang. Und wenn wir drüben in Airolo wieder aus dem Berg herauskommen,
scheint die Sonne.«
    »Bist
du sicher?«
    »Nein.«
    Trotzdem
behielt der Jokus Recht. Als sie zehn Minuten später aus der Finsternis
auftauchten, mussten sie vor lauter Sonnenschein erst einmal die Augen
zukneifen. Der Himmel schimmerte blitzblau. Die Reisenden strahlten. Und der
Zug selber freute sich auch. Denn nun ging es endlich bergab. Tiefer und
tiefer. Schneller und schneller. Bunt bemalte Häuser sausten vorbei. Auf den
Balkonen wiegte sich Wäsche, die in der Sonne trocknen sollte.

    Die
Bahnhöfe hatten italienisch klingende Namen. Alles hatte sich geändert. Nur
Tunnels gab es noch immer.
    »Dreiundvierzig«,
sagte Mäxchen. »Seit Zürich dreiund… Nein, vierundvierzig.« Denn schon

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