Der Kleine Prinz Kehrt Zurück
Wiese hinein und der kleine Prinz hinterher.
Sie liefen bis zu einem Bach, der sich zwischen Margeriten und Butterblumen hindurchschlängelte, und gingen an seiner Böschung entlang, entzückt vom immer neuen Spiel des Wassers, das schäumend von einer Kaskade zur nächsten wirbelte. Irgendwann nahm das Mädchen unbefangen die Hand des kleinen Prinzen, als gäbe es nichts Natürlicheres auf der Welt. Er traute sich nicht, sie zurückzuziehen, obwohl die Berührung ihn störte, aber das Gefühl war nicht unangenehm. Diese zwiespältigen Empfindungen verwirrten ihn mehr, als er sich eingestehen mochte.
So schlenderten sie eine Weile lang dahin. Das Mädchen machte ihn auf die Stille und Schönheit der Landschaft aufmerksam und wies ihn im Vorbeigehen immer wieder auf eine besonders schöne Blume hin oder auf einen Baum, der mit seinem stattlichen Wuchs die anderen überragte. Und er mußte zugeben, daß dieser Planet ziemlich gut gelungen war. Besser als seiner jedenfalls, der schließlich nur mit drei Vulkanen (von denen einer erloschen war), einem Tiger und einer Rose aufwarten konnte. Seine Gedanken schweiften ab, und er dachte an seine Rose, die mit ihren drei Dornen den messerscharfen Krallen des Tigers standhalten wollte.
»Ich muß fort!« sagte er, und in seiner Stimme schwang leise Trauer mit.
»Warum?« fragte das Mädchen. »Gefällt es dir nicht bei mir?«
Der kleine Prinz ließ den Kopf sinken.
»Doch, schon«, antwortete er. »Aber meine Blume!«
»Ich sehe rund um uns Blumen. Reichen sie dir nicht?«
»Das ist etwas anderes. Keine Blume ist so wie meine. Sie ist hochmütig und tollkühn, manchmal auch ziemlich eitel, aber gerade ihre Fehler machen sie für mich zu etwas ganz Besonderem. Außerdem fühlt sie sich sicher ganz verloren so allein, auch wenn sie das niemals zugeben würde.«
»Ich werde auch allein sein, wenn du weg bist, und ich werde mich langweilen.«
»Du brauchst aber niemanden, der dich beschützt. Meine Rose schon. Ich bin für sie verantwortlich.«
Das Mädchen wandte den Blick ab.
»Sie weiß gar nicht, wie glücklich sie ist. Kannst du wirklich nicht länger bleiben?«
Der kleine Prinz schüttelte den Kopf.
»Ich habe mich schon zu lange aufgehalten. Ich muß doch noch einen Tiger Jäger finden.«
»Dann wünsche ich dir viel Glück«, sagte das Mädchen. »Paß auf dich auf. Du wirst mir fehlen. Und komm mich wieder besuchen, wenn deine Rose in Sicherheit ist.«
Der kleine Prinz versprach es ihr.
Er fing sein Schaf wieder ein, das sich von den vielen wohlschmeckenden Blumen hierhin und dorthin hatte locken lassen, steckte es in seine Kiste und machte sich wieder auf die Reise, nachdem er sich zum letzten Mal von seiner Gastgeberin verabschiedet hatte.
Von keinem der Planeten, auf die es ihn bisher verschlagen hatte, war ihm der Aufbruch so schwer gefallen.
In der kurzen Zeitspanne, in der er sich mit dem Mädchen angefreundet hatte, waren viele alte Erinnerungen in ihm aufgestiegen. Er hatte an den Fuchs denk en müssen, den er einmal gezähmt hatte, um ihn zu seinem Freund zu machen, und dabei war ihm wieder eingefallen, was dieser ihm über die Jäger erzählt hatte, die auf ihrer Suche nach Beute unermüdlich mit Gewehren bewaffnet über die Erde streiften. Warum war er bloß nicht früher darauf gekommen?
Am ersten Meteoriten zweigte er zu unserem Planeten ab.
Vom All aus betrachtet, sah die Erde in ihrem saphirfarbenen Kleid mit ihrer Spitzenstola aus Wolken immer noch sehr majestätisch aus. Tausende blinkende Lichter verliehen ihr den festlichfröhlichen Glanz, den der kleine Prinz einmal bewundert hatte. Und doch - muß ich es noch ausdrücklich erwähnen, lieber Herr von Saint-Exupery? - hatte sich die Erde in der Zwischenzeit sehr verändert.
Die Laternenanzünder waren verschwunden und durch kleine Knöpfe ersetzt worden. Den Königen war es nicht viel besser ergangen. Ihre Anzahl hatte sich bedenklich verringert, es gab, zur schlecht verhehlten Freude von Präsidenten und Diktatoren, kaum noch eine Handvoll.
Dagegen hatten die Geschäftsleute sich so vermehrt, daß der kleine Prinz sich fragte, ob es am Firmament wohl genug Sterne für alle gäbe. Auch die Eitlen hatten allem Anschein nach Geschäftssinn entwickelt! Die Trinker tranken bloß immer mehr, aber da sie doppelt sahe n, dachten sie, sie wären viel mehr. Diese Flaschenvermehrung hatte etwas Wunderbares.
Nur die siebentausend Geographen waren sich gleich geblieben. Aber wie hätte das auch anders sein sollen
Weitere Kostenlose Bücher