DER KLEINE TOD (German Edition)
Organismus hatte den Kleinen Tod gut überstanden. Am nächsten Morgen hatte er großen Hunger. Die beiden Männer frühstückten noch zusammen.
"Woher kennst du den Kleinen Tod?", fragte Charra, während er an einer Keule nagte.
"Vor dem Bürgerkrieg lebte ich mit einem Grakar zusammen", erklärte Kito, während er Haskats in sich hineinschlang.
"Daher also stammen deine Kenntnisse um unsere Biologie. Allerdings wundere ich mich, dass dein Liebhaber sich für dich interessiert hat."
Kito lachte ein tiefes Lachen. "Auch du warst von mir fasziniert."
"Ja!", grollte Charra widerwillig. "Du hast dieses Abenteuer wahrscheinlich nur überlebt, weil du bereits Antikörper gegen Grakar-Gift im Blut hattest. Ich habe die Empfindlichkeit deines Körpers unterschätzt.
"Mach dir keine Vorwürfe", meinte Kito sanft. "Ich war mir des Risikos bewusst."
"Du hast ein unwahrscheinliches Talent, auf dein Gegenüber einzugehen. Das ist mir letzte Nacht schon in der Halle aufgefallen", bemerkte der Krieger. Kitos Gesicht umwölkte sich. "Ich wollte dich nicht beleidigen", meinte Charra schnell.
"Ich habe schon viel gesehen. Die vielfältigen Sehnsüchte der Männer sind mir nicht fremd und ich habe auch viel Zeit mit Frauen verbracht", erklärte der Tänzer mit einem melancholischen Lächeln. "Nach einem Tanz sind sie alle verrückt nach mir, doch wenn der Morgen anbricht, gibt es nur wenige, die noch ein Frühstück mit mir einnehmen. Die meisten wollen dann nur noch, dass ich diskret verschwinde."
Kito erhob sich. "Es wird Zeit für mich. Wenn ich noch länger bleibe, wird alle Welt sehen, wie ich aus deinem Zimmer verschwinde, Charra."
"Glaubst du, das stört mich?", fragte dieser ironisch.
"Vielleicht stört es mich", konterte Kito. Er legte sich seinen Umhang um. An der Terrassentür warf er dem Grakar zum Abschied noch einen heißen Blick zu, dann schlüpfte er hinaus.
Vier
Eigentlich war es noch viel zu früh, um Ador zu stören. Wahrscheinlich lag der sinnliche, zarte Tänzer noch in den Armen seines Liebhabers Ernat. Dennoch wagte Kito es, die beiden zu stören. Ernat öffnete die Tür. Er war schon bekleidet, hatte jedoch die schweren Teile seiner Uniform noch nicht angelegt. Auch sein Gesicht war noch unbedeckt. Für einen Moment verlor sich Kito in der Schönheit des Mannes, der seltsamerweise auf der rechten Wange mehrere farbige T`chou-Mutnarben trug. Kito fragte sich bei seinem Anblick unwillkürlich, ob es sich bei Ernat um einen Tu` handelte, der sich aus irgendeinem Grund T`chou Mutnarben beibrachte oder vielmehr um einen T`chou, der bei den Hirten zum Gelben Felsen eine neue Heimat gefunden hatte. Vielleicht würde er diesem Rätsel ein anderes Mal auf den Grund gehen. Derzeit lag sein Interesse bei Ador.
"Ich bedauere meinen frühen Besuch", entschuldigte sich Kito, "doch ich wollte Ador vor meiner Abreise noch einmal sprechen."
Der Krieger bat ihn auf das Flachdach. Dort frühstückte Ador unter einer Sonnenplane. Nackt räkelte er sich in den Kissen.
"Kito!", rief er erfreut, als er den Kollegen sah. Ador wollte sich hochrappeln, doch Kito winkte ab. Freundlich bot Ernat dem Gast Tee an.
"Ich habe bereits gefrühstückt, aber etwas Tee wäre nett", meinte er, während er Adors Aufforderung nachgab und sich neben ihn setzte. Er nahm von Ernat den Tee entgegen.
"Ich reise heute ab", erklärte Kito. Er überreichte Ador eine Karte mit seiner privaten Adresse. "Die Adresse dieser Wohnung gebe ich nicht jedem. Besuche mich, wenn dir danach ist, mein Liebreizender."
Ador erstrahlte. "Ich fliege bald wieder mit Ernat nach Kam`ar, doch ich freue mich schon darauf, dich bei meiner Rückkehr aufzusuchen."
"Dann ist es abgemacht", raunte Kito. Ador zog ihn zum Abschied an sich. Die beiden Tänzer küssten sich zärtlich und voller Zuneigung.
"Wir können zusammen zum Haupthaus gehen. Ich bin in fünf Minuten soweit", erklärte Ernat.
"Darf ich dir bei der Uniform behilflich sein, Patarin?", fragte Kito zuvorkommend. Der Krieger nickte. Es fiel dem Tänzer auf, dass der Mann mit den Mutnarben seinem Geliebten noch einen zärtlichen Blick zum Abschied zuwarf, den dieser heiß erwiderte. Ador wurde in Liebe gebadet. Sein Clan verwöhnte ihn, sein Liebhaber empfand unverhüllte Zuneigung. Kito gönnte es dem Jungen. Neid empfand er nicht, aber Schmerz erfüllte sein Herz. Wieder zog die Einsamkeit heran. Schnell schüttelte er sie von sich ab. Der Kleine Tod hatte schon immer dazu geführt, dass seine verschütteten Emotionen
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