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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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heiraten?«
    »Vielleicht. Sie ist mit ein paar Männern ausgegangen, aber das war nichts Ernstes. Romanzen stehen nicht auf ihrer Liste. Ihre Arbeit hat Vorrang. Wie heute abend. Es ist fast acht, und sie ist im städtischen Gefängnis und unterhält sich mit einem kleinen Bengel, den man beim Ladendiebstahl erwischt hat. Ich frage mich, was morgen früh in der Zeitung stehen wird.«
    Sport, Nachrufe, das Übliche. Mark rutschte verlegen hin und her und wartete. Es war offensichtlich, daß sie darauf wartete, daß er etwas sagte. »Wer weiß.«
    »Was war das für ein Gefühl, als du dein Gesicht auf der Titelseite der Zeitung gesehen hast.«
    »Kein schönes.«
    »Wo hatten sie diese Fotos her?«
    »Es sind Schulfotos.«
    Es trat eine lange Pause ein. Die Ketten über ihnen quietschten, als die Schaukel langsam vor und zurück schwang. »Und wie war es, als ihr diesen toten Mann gesehen habt, der sich gerade erschossen hatte?«
    »Ziemlich gräßlich. Mein Arzt hat gesagt, ich soll nicht darüber reden, weil mich das zu sehr belastet. Denken Sie an meinen kleinen Bruder. Und deshalb sage ich lieber gar nichts.«
    Sie tätschelte kräftiger. »Natürlich. Natürlich.«
    Mark drückte seine Zehen auf den Boden, und die Schaukel bewegte sich etwas schneller. Sein Magen war immer noch zu voll, und er fühlte sich plötzlich schläfrig. Momma Love summte jetzt vor sich hin. Die Brise wurde stärker, und er zitterte.
    Reggie fand sie auf der dunklen Veranda, auf der sanft schwingenden Schaukel. Momma Love trank schwarzen Kaffee und tätschelte seine Schulter. Mark lag zusammengerollt neben ihr, mit dem Kopf auf ihrem Schoß und einer Decke über den Beinen.
    »Seit wann schläft er schon?« flüsterte sie.
    »Seit ungefähr einer Stunde. Ihm wurde kalt, dann wurde er schläfrig. Er ist ein netter Junge.«
    »Das ist er. Ich rufe seine Mutter im Krankenhaus an und frage, ob er über Nacht hierbleiben kann.«
    »Er hat gegessen, bis er nicht mehr konnte. Morgen früh werde ich ihm ein gutes Frühstück vorsetzen.«
19
    D ie Idee war Trumann gekommen, und es war eine wunderbare Idee, eine, die funktionieren und deshalb sofort von Foltrigg aufgegriffen und als seine eigene reklamiert werden würde. Das Leben mit Reverend Roy war eine Serie von gestohlenen Ideen und gestohlener Anerkennung. Wenn etwas funktionierte. Und wenn etwas schiefging, dann mußten Trumann und sein Büro die Schuld auf sich nehmen, zusammen mit Foltriggs Untergebenen, der Presse, den Geschworenen und den korrupten Anwälten der Gegenseite – sie alle waren schuld, nur der große Mann selbst war es nicht.
    Aber Trumann hatte schon des öfteren die Egos von Primadonnen sanft gestreichelt, und er würde auch mit diesem Blödmann fertigwerden.
    Es war spät, und die Idee kam ihm, als er in der dunklen Ecke eines überfüllten Restaurants an dem Salat in seinem Shrimps-Cocktail knabberte. Er rief Foltriggs persönliche Büronummer an. Keine Antwort. Er wählte die Nummer der Bibliothek, und Wally Boxx meldete sich. Es war halb zehn, und Wally teilte ihm mit, daß er und sein Boß nach wie vor tief in der juristischen Literatur steckten, zwei wahre Workaholics, die über den Details schufteten und es genossen. Ganz, wie es sich gehörte. Trumann sagte, er wäre in zehn Minuten bei ihnen.
    Er verließ das laute Restaurant und eilte durch das Gedränge auf der Canal Street. Der September war in New Orleans ein heißer, stickiger Sommermonat. Nach zwei Blocks zog er sein Jackett aus und ging noch schneller. Nach weiteren zwei Blocks war sein Hemd feucht und klebte ihm an Brust und Rücken.
    Er bahnte sich seinen Weg durch die Horden von Touristen, die mit ihren Kameras und bunten T-Shirts auf der Canal Street herumlungerten, und fragte sich zum tausendstenmal, weshalb die Leute in diese Stadt kamen und ihr schwer verdientes Geld für billige Unterhaltung und überteuertes Essen ausgaben. Der Durchschnittstourist auf der Canal trug schwarze Socken und weiße Turnschuhe und hatte zwanzig Kilo Übergewicht, und Trumann stellte sich vor, wie diese Leute nach Hause zurückkehrten und sich vor ihren weniger glücklichen Freunden mit der phantastischen Küche aufspielten, die sie in New Orleans entdeckt und in sich hineingeschlungen hatten. Er prallte gegen eine massige Frau mit einem kleinen schwarzen Kasten vor dem Gesicht. Sie stand doch tatsächlich am Bordstein und filmte das Schaufenster eines billigen Andenkenladens, in dem Imitationen von Straßenschildern

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