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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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flüsterten eine Weile, während Trumann mit K. O. Lewis sprach. Trumann nickte ihnen zu, machte mit einem breiten Lächeln das Okay-Zeichen und legte dann auf. »Er tut es«, sagte er stolz. »Er nimmt eine Frühmaschine nach Memphis und trifft sich dort mit Fink. Dann kommen sie mit George Ord zusammen und stürzen sich auf den Richter.« Trumann ging auf sie zu, sehr stolz auf sich. »Stellen Sie sich das vor. Der Bundesanwalt auf der einen Seite, K. O. Lewis auf der anderen, und Fink in der Mitte, gleich als erstes morgen früh, wenn der Richter in seinem Büro eintrifft. Es wird keine fünf Minuten dauern, bis der Junge redet.«
    Foltrigg lächelte boshaft. Er liebte diese Momente, in denen die Macht der Bundesregierung in einen hohen Gang schaltete und hart auf kleinen, nichts Böses ahnenden Leuten landete. Einfach so, mit nur einem Telefonanruf, hatte der zweithöchste Mann des FBI die Szene betreten. »Es könnte funktionieren«, sagte er zu seinen Leuten. »Es könnte funktionieren.«
    In einer Ecke des kleinen Wohnzimmers über der Garage blätterte Reggie unter einer Lampe in einem juristischen Buch. Es war Mitternacht, aber sie konnte nicht schlafen, also hatte sie sich unter eine Decke gekuschelt, trank Tee und las in einem Buch mit dem Titel Reluctant Witnesses , das Clint für sie aufgetrieben hatte. Für ein juristisches Buch war es relativ dünn. Aber das Gesetz war völlig eindeutig: jeder Zeuge hat die Pflicht, sich zu melden und den Behörden bei der Aufklärung eines Verbrechens zu helfen. Ein Zeuge kann die Aussage nicht mit der Begründung verweigern, daß er sich bedroht fühlt. Bei der überwiegenden Mehrheit der in diesem Buch zitierten Fälle ging es um das organisierte Verbrechen. Wie es schien, hatte die Mafia seit jeher etwas dagegen gehabt, wenn ihre Leute mit der Polizei redeten, und häufig Frauen und Kinder bedroht. Das Oberste Bundesgericht hatte mehr als einmal gesagt, zum Teufel mit Frauen und Kindern. Ein Zeuge muß reden.
    Irgendwann in der allernächsten Zukunft würde auch Mark zum Reden gezwungen werden. Foltrigg konnte eine Vorladung ausstellen und sein Erscheinen vor der Anklagejury in New Orleans erzwingen. Sie selbst würde natürlich zugegen sein dürfen. Wenn Mark sich weigerte, vor der Anklagejury auszusagen, würde es zu einer schnellen Anhörung vor dem verhandlungsführenden Richter kommen, und der würde ihn zweifellos anweisen, Foltriggs Fragen zu beantworten. Wenn er sich dann immer noch weigerte, würde ihn der volle Zorn des Gerichts treffen. Kein Richter duldet, daß man ihm nicht gehorcht, aber Bundesrichter können ganz besonders gemein sein, wenn ihre Anweisungen auf taube Ohren stoßen.
    Es gibt Orte, an denen man elfjährige Kinder unterbringen kann, die beim herrschenden System in Ungnade gefallen sind. Im Augenblick hatte sie nicht weniger als zwanzig Klienten in verschiedenen Erziehungsanstalten in ganz Tennessee. Der Älteste war sechzehn. Alle waren hinter Zäunen mit patrouillierenden Wachen untergebracht. Früher hatte man sie Reformschulen genannt; jetzt hießen sie Erziehungsanstalten.
    Wenn Mark angewiesen wurde zu reden, würde er sich zweifellos an sie wenden. Und das war der Grund, weshalb sie nicht schlafen konnte. Wenn sie ihm riet, den Ort preiszugeben, an dem sich die Leiche des Senators befand, würde sie seine Sicherheit aufs Spiel setzen. Seine Mutter und sein Bruder wären gefährdet. Das waren keine Leute, die auf der Stelle ihre Zelte abbrechen konnten. Es konnte sein, daß Ricky noch wochenlang im Krankenhaus bleiben mußte. Jede Art von Zeugenschutzprogramm mußte aufgeschoben werden, bis er wieder gesund war. Falls Muldanno etwas gegen sie unternehmen wollte, saß Dianne gewissermaßen auf dem Präsentierteller.
    Es wäre vernünftig und ethisch und moralisch richtig, wenn sie ihm raten würde, zu kooperieren, und das wäre der leichteste Ausweg. Aber was war, wenn man ihm etwas zuleide tat? Er würde mit dem Finger auf sie zeigen. Und wenn Ricky oder Dianne etwas passierte? Ihr, der Anwältin, würde man die Schuld dafür geben.
    Kinder sind lausige Klienten. Der Anwalt wird zu viel mehr als nur einem Anwalt. Bei Erwachsenen kann man einfach das Pro und Kontra jeder Möglichkeit auf den Tisch legen. Man rät ihnen, dieses oder jenes zu tun. Man macht ein paar Vorhersagen, aber nicht viele. Dann sagt man dem Erwachsenen, er müsse zu einer Entscheidung gelangen, und verläßt für eine Weile das Zimmer. Wenn man wiederkommt,

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