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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Toilettentür öffnete und auf den Flur hinaustrat, stand er plötzlich Reggie Love von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Clint war einen Schritt hinter ihr. Sie sah ihn sofort, und binnen Sekunden stand er mit dem Rücken zur Wand und sie dicht vor ihm. Sie war aufgeregt.
    »Guten Morgen, Ms. Love«, sagte er und zwang sich zu einem gelassenen Lächeln.
    »Ich heiße Reggie, McThune.«
    »Guten Morgen, Reggie.«
    »Wer ist mit Ihnen gekommen?« fragte sie.
    »Wie bitte?«
    »Ihre Gang, Ihre kleine Bande von Regierungsverschwörern. Wer ist hier?«
    Das war kein Geheimnis. Darüber konnte er mit ihr reden.
    »George Ord, Thomas Fink aus New Orleans. K. O. Lewis.«
    »Wer ist K. O. Lewis?«
    »Der stellvertretende Direktor des FBI. Aus Washington.«
    »Was tut er hier?« Ihre Fragen waren kurz und kamen schnell, und sie zielten wie Pfeile auf McThunes Augen. Er stand an die Wand gedrückt da, getraute sich nicht, sich zu bewegen und ver suchte trotz allem tapfer, einen gelassenen Eindruck zu machen. Wenn Fink oder Ord oder gar, was der Himmel verhüten möge, K. O. Lewis zufällig auf den Flur kamen und ihn so sahen, würde das sein Ende sein.
    »Nun, ich, äh …«
    »Zwingen Sie mich nicht, das Tonband zu erwähnen, McThune«, sagte sie, womit sie das verdammte Ding trotzdem erwähnt hatte. »Sagen Sie mir einfach die Wahrheit.«
    Clint stand hinter ihr, hielt ihren Aktenkoffer und beobachtete den Flur. Er schien ein wenig überrascht von dieser Konfrontation und von der Schnelligkeit, mit der sie sie herbeigeführt hatte. McThune zuckte die Achseln, als hätte er das Tonband schon ganz vergessen, und jetzt, da sie es erwähnte – na, wenn schon. »Ich nehme an, Foltriggs Büro hat Mr. Lewis angerufen und ihn gebeten, herzukommen. Das ist alles.«
    »Das ist alles? Hattet ihr heute morgen ein kleines Gespräch mit Richter Roosevelt?«
    »Ja.«
    »Und Sie sind nicht auf die Idee gekommen, mich anzurufen, oder?«
    »Der Richter hat gesagt, er würde Sie anrufen.«
    »Ich verstehe. Und haben Sie vor, bei dieser kleinen Anhörung auszusagen?« Als sie das fragte, trat sie einen Schritt zurück, und McThune atmete etwas freier.
    »Ich werde aussagen, wenn ich als Zeuge aufgerufen werde.«
    Sie deutete mit einem Finger auf sein Gesicht. Der Nagel an seinem Ende war lang, gerundet, sorgsam manikürt und rot lakkiert, und McThune betrachtete ihn ängstlich. »Sie halten sich an die Fakten, okay? Eine Lüge, und wäre sie noch so klein, oder irgendwelcher Mist, mit dem Sie sich beim Richter in ein gutes Licht zu setzen versuchen, oder eine abfällige Bemerkung, die meinem Klienten schadet, und ich schlitze Ihnen die Kehle auf. Haben Sie verstanden, McThune?«
    Er lächelte weiter, schaute in beiden Richtungen den Flur entlang, als wäre sie eine gute Freundin und sie hätten gerade eine kleine Meinungsverschiedenheit. »Ich verstehe«, sagte er lächelnd.
    Reggie machte kehrt und ging mit Clint an ihrer Seite davon. McThune machte gleichfalls kehrt und eilte zurück in die Toilette, obwohl er wußte, daß sie nicht zögern würde, ihm auch hierher zu folgen, wenn sie noch etwas von ihm wollte.
    »Um was ging es überhaupt?« fragte Clint.
    »Darum, daß er ehrlich bleibt.« Sie drängten sich durch Scharen von Prozeßparteien – Vaterschaftsbeklagten, straffällig gewordenen Vätern, in Schwierigkeiten geratenen Kindern und Jugendlichen – und ihren Anwälten, die in kleinen Grüppchen auf den Fluren warteten.
    »Was hast du mit dem Tonband gemeint?«
    »Habe ich dir nicht davon erzählt?«
    »Nein.«
    »Ich spiele es dir später vor. Es ist zum Totlachen.« Sie öffnete die Tür, auf der JUDGE HARRY M. ROOSEVELT stand, und sie betraten einen kleinen Raum, der vollgestopft war mit vier Schreibtischen und Reihen von Aktenschränken an den Wänden. Reggie steuerte direkt auf den ersten Schreibtisch an der linken Seite zu, an dem ein hübsches schwarzes Mädchen tippte. Dem Schild auf ihrem Schreibtisch zufolge hieß sie Marcia Riggle. Sie hörte auf zu tippen und lächelte. »Hallo, Reggie«, sagte sie.
    »Hi, Marcia. Wo ist Seine Ehren?«
    An ihren Geburtstagen bekam Marcia Blumen aus der Kanzlei von Reggie Love und Pralinen zu Weihnachten. Sie war die rechte Hand von Harry Roosevelt, einem Mann, der viel zu überarbeitet war, um an solche Dinge wie Vortragsverpflichtungen, Verabredungen und Jubiläumsveranstaltungen zu denken. Aber Marcia vergaß so etwas nicht. Vor zwei Jahren hatte Reggie sie bei ihrer Scheidung

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