Der Klient
hörten. Er ging weise um mit seiner Zeit, und Marcia kümmerte sich um den Rest. Sein Schreibtisch und sein Büro genossen in den juristischen Kreisen von Memphis eine gewisse Berühmtheit, und Reggie vermutete, daß ihn das freute. Sie bewunderte ihn über alle Maßen, nicht nur wegen seiner Weisheit und Integrität, sondern auch wegen seiner Hingabe an sein Amt. Er hätte schon vor vielen Jahren zu einem weniger strapaziösen Richterposten aufrücken können, mit einem eleganten Schreibtisch und Assistenten und Gehilfen und einem sauberen Teppich und einer verläßlichen Klimaanlage.
Sie blätterte die Eingabe durch. Foltrigg und Fink waren die Antragsteller, ihre Unterschriften standen am Ende. Nichts Detailliertes, nur allgemein gehaltene Anschuldigungen gegen den Jugendlichen Mark Sway, der eine Bundesuntersuchung behinderte, weil er sich weigerte, mit dem FBI und dem Büro des Bundesanwalts für den Southern District of Louisiana zusammenzuarbeiten. Sie verachtete Foltrigg, so oft sie seinen Namen sah.
Aber es hätte schlimmer kommen können. Foltriggs Name hätte unter einer Vorladung vor die Anklagejury stehen können, mit der Mark Sway gezwungen wurde, vor dem Gericht in New Orleans zu erscheinen. Es wäre völlig legal und angemessen gewesen, wenn Foltrigg diesen Weg beschritten hätte, und sie war ein wenig überrascht, daß er sich für Memphis entschieden hatte. Wenn das nicht funktionierte, würde New Orleans der nächste Schritt sein.
Die Tür wurde geöffnet, und eine massige schwarze Robe stapfte herein mit Marcia im Gefolge, die eine Liste in der Hand hielt und Dinge herunterrasselte, die sofort erledigt werden mußten. Er hörte zu, ohne sie anzusehen, streifte die Robe ab und warf sie auf einen Stuhl, den mit den Akten darunter.
»Guten Morgen, Reggie«, sagte er mit einem Lächeln. Während er hinter ihr vorbeiging, schlug er ihr leicht auf die Schulter. »Das ist alles«, sagte er ruhig zu Marcia, die verschwand und die Tür zumachte. Er löste die kleinen gelben Notizzettel von der Rükkenlehne seines Stuhls, dann ließ er sich auf ihm nieder.
»Wie geht’s Momma Love?« fragte er.
»Gut. Und Ihnen?«
»Phantastisch. Nicht überrascht, Sie hier zu sehen.«
»Sie hätten keine Anweisung, ihn in Gewahrsam zu nehmen, zu unterschreiben brauchen. Ich hätte ihn hergebracht, Harry, das wissen Sie. Er ist gestern abend auf der Schaukel auf Momma Loves Veranda eingeschlafen. Er ist in guten Händen.«
Harry lächelte und rieb sich die Augen. Nur sehr wenige Anwälte nannten ihn Harry in seinem Büro. Aber er freute sich darüber, wenn es von ihr kam. »Reggie, Reggie. Sie sind nie der Ansicht, daß Ihre Mandanten in Gewahrsam genommen werden sollten.«
»Das stimmt nicht.«
»Sie glauben, alles ist in bester Ordnung, wenn Sie sie nur nach Hause mitnehmen und füttern können.«
»Es hilft.«
»Ja, das tut es. Aber nach Ansicht von Mr. Ord und dem FBI könnte der kleine Mark Sway in höchster Gefahr schweben.«
»Was haben sie Ihnen erzählt?«
»Das kommt bei der Anhörung zur Sprache.«
»Sie müssen ziemlich überzeugend gewesen sein, Harry. Ich habe nur eine Stunde vorher von der Anhörung erfahren. Das muß ein Rekord sein.«
»Ich dachte, Sie wären damit einverstanden. Wir können sie auf morgen verschieben, wenn Ihnen das lieber ist. Mir macht es nichts aus, Mr. Ord warten zu lassen.«
»Nicht, wenn Mark in Gewahrsam bleibt. Entlassen Sie ihn in meine Obhut, und wir halten die Anhörung morgen ab. Ich brauche ein bißchen Zeit zum Nachdenken.«
»Ich habe schwere Bedenken, ihn zu entlassen, bevor ich das Beweismaterial gehört habe.«
»Weshalb?«
»Dem FBI zufolge halten sich ein paar ziemlich gefährliche Typen in der Stadt auf, die ihn möglicherweise umbringen wollen. Kennen Sie einen Mr. Gronke und seine Kumpane Bono und Pirini? Haben Sie schon einmal von ihnen gehört?«
»Nein.«
»Ich auch nicht, bis heute morgen. Es sieht so aus, als wären diese Herren aus New Orleans in unsere schöne Stadt gekommen, und als wären sie enge Freunde von Mr. Barry Muldanno oder dem Messer, wie er meines Wissens dort unten genannt wird. Gott sei Dank hat sich das organisierte Verbrechen noch nicht in Memphis breitgemacht. Aber das macht mir Angst, Reggie, große Angst. Mit diesen Männern ist nicht zu spaßen.«
»Mir macht das auch Angst.«
»Ist er bedroht worden?«
»Ja. Gestern im Krankenhaus. Er hat mir davon erzählt, und seither habe ich ihn nicht aus den Augen
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