Der Klient
Bemerkungen, Mr. Moeller. Ich stelle die Fragen, und Sie beantworten sie. Haben Sie verstanden, wie das hier läuft?«
»Ja. Sir.« Slick flehte mit den Augen zu seinen Anwälten, aber beide waren in diesem Moment tief in die Lektüre irgendwelcher Papiere versunken. Er fühlte sich allein und ohne Zuflucht.
»Sie waren also nicht anwesend. Nun, Mr. Moeller, wie haben Sie erfahren, daß der Junge sich weigerte, meine Fragen über Barry Muldanno und Boyd Boyette zu beantworten?«
»Ich hatte eine Quelle.«
Die Idee, daß er eine Quelle war, war Grinder noch nie gekommen. Er war nur ein schlechtbezahlter Gerichtsdiener mit einer Uniform und einer Waffe und Rechnungen, die beglichen werden mußten. Ihm stand eine Klage von Sears wegen der Kreditkarte seiner Frau ins Haus. Er hätte sich gern den Schweiß von der Stirn gewischt, wagte aber nicht, sich zu bewegen.
»Soso, eine Quelle«, sagte Harry höhnisch. »Natürlich hatten Sie eine Quelle, Mr. Moeller. Etwas anderes war auch nicht zu erwarten. Sie waren nicht hier. Jemand hat es Ihnen erzählt. Also, wer war Ihre Quelle?«
Der Anwalt mit dem am gründlichsten angegrauten Haar stand schnell auf, um das Wort zu ergreifen. Er trug die Standardkleidung der Herren aus den großen Kanzleien – anthrazitfarbener Anzug, weißes Hemd, rote Krawatte mit einem gewagten gelben Streifen darauf und schwarze Schuhe. Sein Name war Alliphant. Er war ein Partner, der normalerweise Gerichtssäle mied. »Euer Ehren, wenn Sie gestatten.«
Harry verzog das Gesicht und wendete den Blick langsam von dem Zeugen ab. Sein Mund stand offen, als wäre er geradezu schockiert über diese kühne Unterbrechung. Er funkelte Alliphant an, der noch einmal wiederholte: »Wenn Sie gestatten, Euer Ehren.«
Harry ließ ihn eine Ewigkeit hängen, dann sagte er: »Sie waren noch nie in meinem Gerichtssaal, nicht wahr, Mr. Alliphant?«
»Nein, Sir«, erwiderte er, immer noch stehend.
»Den Eindruck habe ich auch. Keiner Ihrer üblichen Auftrittsorte. Wie viele Anwälte arbeiten in Ihrer Kanzlei, Mr. Alliphant?«
»Hundertundsieben, nach dem neuesten Stand.«
Harry pfiff durch die Zähne und schüttelte den Kopf. »Ganz schöne Mannschaft. Ist auch irgendeiner darunter, der vor dem Jugendgericht auftritt?«
»Nun, ich bin sicher, einige, Euer Ehren.«
»Und wer?«
Alliphant schob die eine Hand in die Tasche und strich mit einem Finger an der Kante seines Notizblocks entlang. Er gehörte hier nicht her. Seine juristische Welt war die der Sitzungssäle und dicken Dokumente, der großen Vorschüsse und eleganten Lunches. Er war reich, weil er dreihundert Dollar pro Stunde in Rechnung stellte und dreißig Partner hatte, die dasselbe taten. Seine Kanzlei prosperierte, weil sie siebzig angestellten Anwälten fünfzigtausend pro Jahr zahlte und von ihnen erwartete, daß sie das Fünffache berechneten. Vorgeblich war er hier, weil er der Hauptanwalt der Zeitung war, in Wirklichkeit aber, weil sonst niemand in der Prozeßabteilung der Kanzlei es hatte einrichten können, mit nur zwei Stunden Vorankündigung an der Anhörung teilzunehmen.
Harry verachtete ihn, seine Kanzlei und seine ganze Gattung. Er mißtraute diesen Firmentypen, die nur aus ihren Chefetagen herabstiegen, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ, sich unter das niedere Volk zu mischen. Sie waren arrogant und hatten Angst, sich die Hände schmutzig zu machen.
»Setzen Sie sich, Mr. Alliphant«, sagte er. »In meinem Gerichtssaal wird nicht aufgestanden. Setzen Sie sich.«
Alliphant sank wieder auf seinen Stuhl.
»So, und was wollten Sie sagen, Mr. Alliphant?«
»Also, Euer Ehren, wir erheben Einspruch gegen diese Fragen, und wir erheben Einspruch gegen dieses Verhör von Mr. Moeller mit der Begründung, daß seine Story als freie Meinungsäußerung geschützt ist unter dem Ersten Zusatz der Verfassung. Und deshalb …«
»Mr. Alliphant, haben Sie den die vertrauliche Anhörung vor einem Jugendgericht betreffenden Abschnitt des Gesetzes gelesen? Bestimmt haben Sie das getan.«
»Ja, Sir, das habe ich. Und offengestanden, Euer Ehren, mit diesem Abschnitt habe ich einige sehr schwerwiegende Probleme.«
»Ach, wirklich? Fahren Sie fort.«
»Ja, Sir. Ich bin der Ansicht, daß dieser Abschnitt, so wie er geschrieben wurde, verfassungswidrig ist. Ich habe hier einige Fälle von anderen …«
»Verfassungswidrig?« fragte Harry mit hochgezogenen Brauen.
»Ja, Sir«, erwiderte Alliphant fest.
»Wissen Sie, wer diesen Abschnitt
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