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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Wochen angesetzt ist. Mr. Upchurch, Sie haben den Antrag gestellt, also begründen Sie ihn. Fassen Sie sich bitte kurz.«
    Zur Überraschung aller Anwesenden faßte Upchurch sich tatsächlich kurz. Er wies lediglich auf die allgemein bekannten Tatsachen hinsichtlich des Todes von Jerome Clifford hin und erklärte dem Gericht, daß er Montag in drei Wochen einen Prozeß vor einem Bundesgericht in St. Louis hatte. Er war glattzüngig, entspannt und völlig zu Hause in diesem fremden Gerichtssaal. Eine Vertagung war unerläßlich, erklärte er mit bemerkenswertem Geschick, weil er Zeit brauchte zur Vorbereitung der Verteidigung für einen zweifellos sehr langwierigen Prozeß. Nach zehn Minuten war er fertig.
    »Wieviel Zeit brauchen Sie?« fragte Lamond.
    »Euer Ehren, ich habe einen sehr vollen Terminkalender, den ich gern vorlegen werde. In aller Fairness würde ich sechs Monate für eine vernünftige Zeitspanne halten.«
    »Danke. Sonst noch etwas?«
    »Nein, Sir. Danke, Euer Ehren.« Upchurch kehrte zu seinem Platz zurück, während Foltrigg seinen verließ und auf das Podium mit dem Richtertisch zustrebte. Er warf einen Blick auf seine Notizen und war im Begriff zu reden, doch Lamond kam ihm zuvor.
    »Mr. Foltrigg, Sie wollen doch sicher nicht bestreiten, daß die Verteidigung in Anbetracht der Umstände ein Anrecht auf mehr Zeit hat?«
    »Nein, Euer Ehren, das bestreite ich nicht. Aber ich finde, sechs Monate sind eine entschieden zu lange Zeit.«
    »Was schlagen Sie vor?«
    »Einen Monat oder zwei. Sehen Sie, Euer Ehren, ich …«
    »Ich denke nicht daran, hier zu sitzen und mir eine Diskussion über zwei Monate oder sechs oder drei oder vier anzuhören. Mr. Foltrigg, wenn Sie einräumen, daß der Angeklagte Anspruch auf eine Vertagung hat, dann werde ich mir die Entscheidung vorbehalten und diesen Fall zur Verhandlung ansetzen, wann mein Terminkalender es zuläßt.«
    Lamond wußte, daß Foltrigg eine Vertagung noch dringender brauchte als Muldanno. Er konnte nur nicht darum bitten. Die Gerechtigkeit mußte zum Angriff bereit sein. Ankläger waren außerstande, mehr Zeit zu verlangen.
    »Ja, Euer Ehren«, sagte Foltrigg laut. »Aber wir sind der Ansicht, daß eine unnötige Verzögerung vermieden werden sollte. Diese Sache hat sich schon lange genug hingezogen.«
    »Wollen Sie damit andeuten, daß dieses Gericht den Fall verschleppt, Mr. Foltrigg?«
    »Nein, Eurer Ehren, aber der Angeklagte tut es. Er hat jeden unbegründeten Antrag gestellt, der in der amerikanischen Rechtsprechung möglich ist, um den Prozeß hinauszuzögern. Er hat es mit jeder Taktik versucht, mit jedem …«
    »Mr. Foltrigg, Mr. Clifford ist tot. Er kann keine Anträge mehr stellen. Und jetzt hat der Angeklagte einen neuen Verteidiger, der meines Wissens bisher nur einen einzigen Antrag gestellt hat.«
    Foltrigg betrachtete seine Notizen, und sein Gesicht rötete sich. Er hatte nicht damit gerechnet, in dieser kleinen Sache die Oberhand zu gewinnen, aber auch nicht damit, einen Tritt in den Hintern zu bekommen.
    »Haben Sie irgend etwas Relevantes zu sagen?« fragte Seine Ehren, als hätte Foltrigg bisher noch nichts von Bedeutung von sich gegeben.
    Er umklammerte seinen Block und zog sich auf seinen Platz zurück: Eine ziemlich jämmerliche Vorstellung. Er hätte einen Untergebenen schicken sollen.
    »Sonst noch etwas, Mr. Upchurch?« fragte Lamond. »Nein, Sir.«
    »Gut. Ich danke Ihnen allen für Ihr Interesse an dieser Sache. Tut mir leid, daß es so kurz war. Vielleicht können wir beim nächsten Mal mehr erreichen. Einen neuen Termin für den Prozeßbeginn werde ich rechtzeitig bekanntgeben.«
    Lamond stand auf und verschwand. Die Reporter wanderten hinaus, und natürlich folgten ihnen Foltrigg und Upchurch, um an entgegengesetzten Enden des Flurs improvisierte Pressekonferenzen abzuhalten.
29
    Z war hatte Slick Moeller schon oft über Revolten, Vergewaltigungen und Schlägereien in Gefängnissen berichtet und dabei immer auf der sicheren Seite der Türen und Gitter gestanden; aber er war noch nie in einer Gefängniszelle gewesen. Und obwohl ihm dieser Gedanke schwer auf der Seele lag, gab er sich ganz cool und strahlte die Aura des unbeirrbaren Reporters aus, der felsenfest auf den Ersten Verfassungszusatz vertraut. Er hatte je einen Anwalt zur Rechten und zur Linken, hochbezahlte Typen aus einer Hundert-Mann-Kanzlei, die die Memphis Press seit Jahrzehnten vertrat, und sie hatten ihm in den vorausgegangenen zwei Stunden ein

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