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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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seinen Sonntagsstaat – dunkler, dreiteiliger Anzug, weißes Hemd, rot und blau gemusterte Seidenkrawatte, Frisur perfekt, Schuhe auf Hochglanz poliert. Sein Gesicht war dem Publikum zugewendet, aber natürlich war er zu sehr in Gedanken versunken, um jemanden zur Kenntnis zu nehmen. Auf der anderen Seite des Ganges wendete Muldanno dem Geschnatter der Zuschauer den Rücken zu und gab vor, jedermann zu ignorieren. Er trug Schwarz. Der Pferdeschwanz wölbte sich über dem Kragen seines Jacketts. Willis Upchurch saß auf der Kante des Tisches der Verteidigung, gleichfalls mit dem Gesicht zur Presse und in ein angeregtes Gespräch mit einem Mitarbeiter vertieft. Upchurch liebte Aufsehen sogar noch mehr als Foltrigg, falls das überhaupt möglich war.
    Muldanno wußte noch nichts von der Verhaftung von Jack Nance acht Stunden zuvor in Memphis. Er wußte nicht, daß Cal Sisson geredet hatte. Er hatte weder von Bono noch von Pirini gehört, und er hatte Gronke am Morgen in völliger Unkenntnis der nächtlichen Ereignisse nach Memphis zurückgeschickt.
    Foltrigg dagegen war mit sich und der Welt zufrieden. Anhand der mit Hilfe des Salzstreuers aufgezeichneten Unterhaltung würde er am Montag Anklage gegen Muldanno und Gronke wegen Behinderung der Justiz erheben. Die Verurteilungen würden ein Kinderspiel sein.
    Er hatte sie in der Tasche. Muldanno mußte sich auf fünf Jahre gefaßt machen.
    Aber Roy hatte die Leiche nicht. Und eine Verhandlung gegen Barry das Messer wegen Behinderung der Justiz würde ihm bei weitem nicht die Publicity verschaffen wie ein toller Mordprozeß, komplett mit Hochglanz-Farbfotos der verwesten Leiche und Aussagen der Pathologen über Eintritt, Laufbahn und Austritt der Geschosse. Ein solcher Prozeß würde sich über Wochen hinziehen, und Roy würde jeden Abend in den Nachrichten glänzen. Er sah es förmlich vor sich.
    Er hatte Fink am frühen Morgen mit den Vorladungen vor die Anklagejury für den Jungen und seine Anwältin nach Memphis zurückgeschickt. Das würde ein bißchen Leben in die Bude bringen. Bis Montagnachmittag würde er den Jungen zum Reden gebracht haben, und vielleicht würden sie, mit ein wenig Glück, am Montagabend die Überreste von Boyette haben. Der Gedanke hatte ihn bis drei Uhr nachts im Büro festgehalten. Er stolzierte ohne bestimmten Anlaß zum Tisch des Kanzlisten, dann stolzierte er zurück und funkelte Muldanno an, der ihn schlicht übersah.
    Der Gerichts-Deputy baute sich vor dem Richterpodium auf und forderte lautstark alle zum Platznehmen auf. Das Gericht tagte, den Vorsitz hatte der Ehrenwerte James Lamond. Lamond erschien durch eine Seitentür und wurde zum Podium eskortiert von einem Assistenten, der einen dicken Stapel Akten trug. Mit Anfang Fünfzig war Lamond ein Baby unter den Bundesrichtern. Er war typisch für die zahllosen, von Reagan ernannten Leute – ganz Geschäftigkeit, kein Lächeln, laßt den Unsinn und kommt zur Sache. Er war unmittelbar vor Foltrigg Bundesanwalt für den Southern District of Louisiana gewesen und haßte seinen Nachfolger wie niemanden sonst. Sechs Monate nach seiner Amtsübernahme hatte Foltrigg eine Vortragsreise durch den Bezirk unternommen, bei der er den Rotariern und Civitanern Tabellen und Diagramme vorgelegt und mit statistischen Beweisen demonstriert hatte, daß sein Büro jetzt viel effizienter war als in den voraufgegangenen Jahren. Die Anklagen hatten zugenommen. Rauschgifthändler saßen hinter Gittern. Leute in öffentlichen Ämtern hatten die Hosen voll. Das Verbrechen hatte es schwer, und die Interessen der Öffentlichkeit wurden kraftvoll geschützt, weil jetzt er, Roy Foltrigg, der leitende Bundesanwalt in diesem Bezirk war.
    Das war eine Dummheit, weil er damit Lamond beleidigte und die anderen Richter gegen sich aufbrachte. Sie hatten wenig Verwendung für Roy Foltrigg.
    Lamond ließ den Blick über den überfüllten Saal schweifen. Alle hatten sich hingesetzt. »Donnerwetter«, begann er, »ich bin entzückt über das Interesse, das dieser Verhandlung entgegengebracht wird, aber um ehrlich zu sein, es ist nur eine Anhörung wegen eines simplen Antrags.« Er warf einen Blick auf Foltrigg, der sechs Assistenten um sich versammelt hatte. Upchurch wurde von zwei lokalen Anwälten flankiert, und hinter ihm saßen zwei Anwaltsgehilfen.
    »Das Gericht ist bereit zur Verhandlung über den Antrag des Angeklagten Barry Muldanno auf Vertagung. Das Gericht stellt fest, daß der Prozeßbeginn auf Montag in drei

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