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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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noch mal, irgend jemand hatte doch etwas unternehmen müssen! Sie konnte sich nicht mit juristischen Haarspaltereien aufhalten, wenn ihr Klient da draußen war und um Hilfe bat. Vielleicht gelang es ihr sogar, ihre Anwaltslizenz zu behalten.
    Sie hatte dem Parkplatzwächter fünfzig Cents gezahlt und den Blickkontakt gemieden. Sie hatte eine Runde über den Platz gedreht. Der Wächter war in einer anderen Welt. Mark lag eng zusammengerollt im Dunkeln unter dem Armaturenbrett und blieb dort, bis sie in die Union Avenue einbog und auf den Fluß zusteuerte.
    »Ist es jetzt sicher?« fragte er nervös.
    »Ich denke schon.«
    Er glitt auf den Sitz und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Die Digitaluhr gab die Zeit mit zehn vor eins an. Die sechs Fahrspuren der Union Avenue waren leer. Sie fuhr drei Blocks, mußte an jeder Kreuzung vor einer roten Ampel halten und wartete ständig darauf, daß Mark etwas sagte.
    »Also, wo fahren wir hin?« fragte sie schließlich.
    »Zum Alamo.«
    »Zum Alamo?« wiederholte sie ohne die Spur eines Lächelns. Er schüttelte den Kopf. Erwachsene konnten manchmal so schwer von Begriff sein. »Das war ein Witz, Reggie.«
    »Entschuldigung.«
    »Sie haben Pee-Wee’s Big Adventure nicht gesehen, oder?«
    »Ist das ein Film?«
    »Vergessen Sie’s. Vergessen Sie’s einfach.« Sie standen schon wieder vor einer roten Ampel.
    »Ihr Wagen gefällt mir besser«, sagte er, strich mit der Hand über das Armaturenbrett des Accord und interessierte sich plötzlich für das Radio.
    »Das freut mich, Mark. Diese Straße endet am Fluß, und ich glaube, wir sollten darüber reden, wo du hinwillst.«
    »Also, im Augenblick will ich nur aus Memphis raus, okay? Mir ist es gleich, wohin wir fahren. Hauptsache, wir verlassen die Stadt.«
    »Und sobald wir aus Memphis raus sind, wohin fahren wir dann? Ich wüßte gern wenigstens die Richtung.«
    »Fahren wir über die Brücke bei der Pyramide, okay?«
    »Also gut. Du willst nach Arkansas?«
    »Warum nicht? Ja, fahren wir nach Arkansas.«
    »Na schön.«
    Nachdem diese Entscheidung getroffen war, beugte er sich vor und inspizierte eingehend das Radio. Er drückte auf einen Schalter, drehte an einem Knopf, und Reggie machte sich auf einen lauten Ausbruch von Rap oder Heavy Metal gefaßt. Er hantierte mit beiden Händen an dem Radio herum. Genau wie ein Kind mit einem neuen Spielzeug. Er sollte zu Hause sein und in einem warmen Bett liegen, und er sollte ausschlafen können, weil Samstag war. Und nach dem Aufstehen sollte er sich Cartoons anschauen und dann, immer noch im Pyjama, Nintendo spielen mit all seinen Knöpfen und Raffinessen, genau so, wie er es jetzt mit dem Radio tat. Die Four Tops beendeten gerade einen Song. »Du hörst dir Oldies an?« fragte sie, ehrlich überrascht. »Manchmal. Ich dachte, sie würden Ihnen gefallen. Es ist fast ein Uhr, nicht gerade die beste Zeit für das laute Zeug.«
    »Wie kommst du auf die Idee, daß ich Oldies mag?«
    »Also, Reggie, um ganz ehrlich zu sein, ich kann Sie mir nicht bei einem Rap-Konzert vorstellen. Und außerdem war Ihr Radio auf diese Station eingestellt, als ich das letzte Mal mit Ihnen gefahren bin.«
    Die Union Avenue endete am Fluß, und sie warteten vor einer weiteren roten Ampel. Ein Streifenwagen hielt neben ihnen an, und der Polizist am Steuer musterte Mark.
    »Sieh ihn nicht an«, befahl Reggie.
    Die Ampel sprang um, und sie bog nach rechts auf den Riverside Drive ab. Der Polizist folgte ihnen. »Dreh dich nicht um«, sagte sie leise. »Benimm dich ganz normal.«
    »Verdammt, Reggie, weshalb folgt er uns?«
    »Ich habe keine Ahnung. Nicht nervös werden.«
    »Er hat mich erkannt. Mein Gesicht war die ganze Woche auf den Titelseiten der Zeitungen, und der Polizist hat mich erkannt. Das ist wirklich großartig, Reggie. Wir unternehmen unsere große Flucht, und zehn Minuten später schnappen uns die Bullen.«
    »Sei ruhig, Mark. Ich versuche, zu fahren und ihn gleichzeitig im Auge zu behalten.«
    Er rutschte vorwärts, bis sein Hinterteil die Kante des Sitzes erreicht hatte und sein Kopf auf der Höhe des Türgriffs war.
    »Was macht er?« flüsterte er.
    Ihr Blick war abwechselnd auf den Rückspiegel und die Straße gerichtet. »Fährt einfach hinter uns her. Nein, warte. Jetzt kommt er.« Der Streifenwagen überholte sie, dann schoß er da von. »Er ist weg«, sagte sie, und Mark atmete wieder. Sie bogen auf die Zufahrt zur Interstate 40 ab und befanden sich auf der Brücke über den

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