Der Klient
Zimmer. Dann lasse ich mir was anderes einfallen, wenn es geht.«
»Du kannst dich nicht ewig verstecken.«
»Sie auch nicht.«
Sie staunte abermals über seinen raschen Verstand. »Du hast recht, Mark. Also, was unternehmen wir?«
»Ich weiß nicht. Am liebsten würde ich aus Memphis verschwinden. Ich habe die Polizisten und die Gefängnisse restlos satt.«
»Und wo willst du hin?«
»Also, lassen Sie mich vorher etwas fragen. Wenn Sie kommen und mich holen und wir verlassen zusammen die Stadt, dann könnten Sie Ärger bekommen, weil Sie mir bei der Flucht helfen. Richtig?«
»Ja. Ich wäre dann ein Komplize.«
»Was würde Ihnen passieren?«
»Darüber machen wir uns später Gedanken. Ich habe schon schlimmere Dinge getan.«
»Sie helfen mir also?«
»Ja, Mark, ich helfe dir.«
»Und Sie sagen es niemandem?«
»Es kann sein, daß wir Clint brauchen.«
»Okay, Clint können Sie es sagen. Aber sonst niemandem, okay?«
»Ich verspreche es.«
»Und Sie versuchen nicht, mich zu überreden, daß ich wieder ins Gefängnis zurückgehe?«
»Ich verspreche es.«
Es folgte eine lange Pause. Clint wurde immer nervöser.
»Okay, Reggie. Sie kennen den Parkplatz, den neben dem großen grünen Gebäude?«
»Ja.«
»Fahren Sie dahin, und tun Sie so, als suchten Sie einen Platz zum Parken. Fahren Sie ganz langsam. Ich verstecke mich irgendwo zwischen den Autos.«
»Dieser Parkplatz ist dunkel und gefährlich, Mark.«
»Es ist Freitagabend, Reggie. Alles hier in dieser Gegend ist dunkel und gefährlich.«
»Aber in dem Häuschen am Ausgang sitzt ein Wärter.«
»Der schläft die meiste Zeit. Er ist Parkplatzwärter, kein Polizist. Ich weiß, was ich tue, okay?«
»Bist du sicher?«
»Nein. Aber Sie haben gesagt, Sie wollen mir helfen.«
»Das werde ich auch. Wann soll ich dort sein?«
»So schnell wie möglich.«
»Ich komme mit Clints Wagen. Es ist ein schwarzer Honda Accord.«
»Gut. Beeilen Sie sich.«
»Bin schon unterwegs. Sei vorsichtig, Mark.«
»Nicht nervös werden, Reggie. Alles wie im Film.«
Sie legte auf und holte tief Luft.
»Mit meinem Wagen?« fragte Clint.
»Nach mir suchen sie auch.«
»Du bist verrückt, Reggie. Das ist Wahnsinn. Du kannst nicht mit jemandem verschwinden, der aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Man wird dich wegen Beihilfe belangen. Du kommst vor Gericht. Du wirst deine Lizenz verlieren.«
»Wo ist meine Reisetasche?«
»Im Schlafzimmer.«
»Ich brauche deine Wagenschlüssel und deine Kreditkarten.«
»Meine Kreditkarten? Also, Reggie, ich liebe dich, aber mein Wagen und mein Plastikgeld?«
»Wieviel hast du in bar?«
»Vierzig Dollar.«
»Gib sie mir. Du bekommst sie zurück.« Sie eilte ins Schlafzimmer.
»Du hast den Verstand verloren.«
»Es wäre nicht das erste Mal, wie du weißt.«
»Reggie …«
»Reg dich ab, Clint. Wir haben nicht vor, irgendwas in die Luft zu sprengen. Ich muß Mark helfen. Er sitzt in einem dunklen Büro in der Leichenhalle von St. Peter’s und bittet um Hilfe. Was soll ich denn sonst tun?«
»Ich finde, du solltest mit einer Schrotflinte losstürmen und reihenweise Leute umlegen. Alles für Mark Sway.«
Sie warf ihre Zahnbürste in die Reisetasche. »Gib mir die Kreditkarten und das Geld, Clint. Ich hab’s eilig.«
Er griff in seine Taschen. »Du bist verrückt. Das ist doch alles völlig absurd.«
»Bleib beim Telefon. Und verlaß die Wohnung nicht, okay? Ich ruf dich später an.« Sie nahm seine Schlüssel, das Bargeld und zwei Kreditkarten – Visa und Texaco.
Er folgte ihr zur Tür. »Sei vorsichtig mit der Visa Card. Das Limit ist fast ausgeschöpft.«
»Weshalb überrascht mich das nicht?« Sie küßte ihn auf die Wange. »Danke, Clint. Kümmere dich um Momma Love.«
»Ruf mich an«, sagte er, restlos geschlagen.
Sie ging durch die Tür und verschwand in der Dunkelheit.
33
V on dem Moment an, in dem Mark in den Wagen sprang und sich auf dem Boden versteckte, war Reggie eine Komplizin bei seiner Flucht. Aber solange er nicht jemanden umbrachte, bevor man sie erwischte, war fraglich, ob ihr Verbrechen mit Gefängnis bestraft werden konnte. Sie dachte eher an so etwas wie gemeinnützige Arbeit, vielleicht eine kleine Geldstrafe und vierzig Jahre Bewährung. Verdammt, sie würde ihnen so viel Bewährung geben, wie sie verlangten. Es würde ihre erste Straftat sein. Sie und ihr Anwalt konnten nachdrücklich darauf verweisen, daß der Junge von der Mafia gejagt wurde und ganz allein dastand, also, verdammt
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