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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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für einen Jungen, der nichts anderes werden wollte als ein Gangster.
    Jetzt war in dem Lagerhaus nicht mehr soviel Betrieb. Er ging auf der Laufplanke entlang zu den schmutzigen Fenstern mit Ausblick auf den Fluß. Ein paar staubige Container standen herum, sie waren seit Jahren nicht bewegt worden. Die schwarzen Cadillacs seines Onkels parkten nebeneinander in der Nähe des Docks. Tito, der getreue Chauffeur, polierte eine Stoßstange. Als er die Schritte hörte, schaute er auf und winkte Barry zu.
    Obwohl er ziemlich nervös war, ging er bedächtig und versuchte dabei, seine gewohnten anmaßenden Bewegungen zu unterdrücken. Beide Hände steckten tief in den Taschen. Er blickte durch die alten Fenster hindurch auf den Fluß. Ein vorgeblicher Schaufelraddampfer beförderte Touristen auf einer atemberaubenden Fahrt zu weiteren Lagerhäusern und vielleicht ein oder zwei Lastkähnen stromabwärts. Die Laufplanke endete vor einer Metalltür. Er drückte auf einen Knopf und schaute in die Kamera über seinem Kopf. Ein lautes Klicken, und die Tür schwang auf. Mo, ein ehemaliger Stauer, von dem er sein erstes Bier bekommen hatte, als er zwölf war, stand vor ihm, in einem fürchterlichen Anzug. Mo hatte mindestens vier Waffen, entweder bei sich oder in Reichweite. Er nickte Barry zu und winkte ihn herein. Mo war ein netter Kerl gewesen, aber dann hatte er angefangen, Anzüge zu tragen, was ungefähr um dieselbe Zeit passierte, als er Der Pate gesehen hatte, und seither hatte er kein einziges Mal mehr gelächelt.
    Barry durchquerte einen Raum mit zwei leeren Schreibtischen und klopfte an eine Tür. Er holte tief Luft. »Herein«, sagte eine leise Stimme, und er betrat das Büro seines Onkels.
    Johnny Sulari alterte gut. Er war in den Siebzigern, ein massiger Mann mit aufrechter Haltung und flinken Bewegungen. Sein Haar funkelte grau, und der Haaransatz war nicht einen Millimeter zurückgewichen. Er hatte eine schmale Stirn, und das Haar, das fünf Zentimeter über den Brauen begann, lag in glänzenden Wellen auf seinem Schädel. Wie gewöhnlich trug er einen dunklen Anzug, dessen Jackett an einem Bügel am Fenster hing. Die Krawatte war marineblau und fürchterlich langweilig. Die roten Hosenträger waren sein Markenzeichen.
    Johnny war ein Gentleman, einer der letzten in einem untergehenden Geschäft, das schnell von jüngeren Männern überrannt wurde, die habgieriger und skrupelloser waren. Männern wie seinem Neffen hier.
    Er lächelte Barry an und deutete auf einen abgenutzten Ledersessel, den Barry schon aus seinen Kindertagen kannte.
    Aber es war ein gezwungenes Lächeln. Dies war kein Freundschaftsbesuch. Sie hatten in den letzten drei Tagen öfter miteinander geredet als in den letzten drei Jahren.
    »Schlechte Neuigkeiten, Barry?« fragte Johnny, obwohl er die Antwort bereits kannte.
    »Kann man wohl sagen. Der Junge in Memphis ist ver schwunden.«
    Johnny starrte Barry eisig an, der, was in seinem Leben bisher nur ganz selten vorgekommen war, den Blick nicht erwiderte. Die legendären, gefürchteten Augen von Barry dem Messer Muldanno blinzelten und richteten sich auf den Fußboden.
    »Wie konntest du nur so blöd sein?« fragte Johnny ruhig. »So blöd, die Leiche hier zurückzulassen. So blöd, es deinem Anwalt zu sagen. Blöd, blöd, blöd.«
    Die Augen blinzelten schneller, und Barry rutschte unbehaglich in seinem Sessel herum. Er nickte zustimmend, jetzt reumütig. »Ich brauche Hilfe, okay.«
    »Natürlich brauchst du Hilfe. Du hast dich denkbar blöd angestellt, und jetzt brauchst du jemanden, der dir aus der Patsche hilft.«
    »Es geht uns alle an, denke ich.«
    Aus Johnnys Augen blitzte purer Zorn, aber er beherrschte sich. Er hatte sich immer unter Kontrolle. »Ach, wirklich? Soll das eine Drohung sein, Barry? Du kommst in mein Büro, um mich um Hilfe zu bitten, und du drohst mir? Hast du vor, den Mund aufzumachen? Also, mein Junge, wenn du verurteilt wirst, nimmst du das, was du weißt, mit ins Grab.«
    »Das werde ich, aber weißt du, mir wäre es lieber, wenn ich nicht verurteilt würde. Noch ist Zeit.«
    »Du bist ein Esel, Barry. Habe ich dir das schon mal gesagt?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Du hast den Mann wochenlang beschattet. Du hast ihn erwischt, wie er sich aus einem dreckigen Hurenhaus herausgeschlichen hat. Du hättest nichts weiter zu tun brauchen, als ihm eins auf den Kopf zu geben, ihm ein paar Kugeln zu verpassen, seine Taschen auszuleeren und die Leiche liegenzulassen, damit die Huren

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