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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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verschwunden war, stimmt’s?«
    »So hat man es mir gesagt.«
    »Hat man den Wagen der Anwältin schon gefunden?«
    »Nein. Sie suchen noch danach.«
    »Ich wette, sie werden ihn in Memphis nicht finden. Ich wette, der Junge und Ms. Love sitzen in dem Wagen.«
    »Ach, wirklich?«
    »Ja. Machen sich aus dem Staub.«
    »Und wohin machen sie sich Ihrer Meinung nach aus dem Staub?«
    »Irgendwohin, ganz weit weg.«
    Um halb zehn gab ein Polizist in Memphis die Nummer eines vorschriftswidrig geparkten Mazda durch. Er gehörte einer gewissen Reggie Love. Die Nachricht wurde rasch an Jason McThune in seinem Büro im Federal Building weitergeleitet.
    Zehn Minuten später klopften zwei FBI-Agenten an die Tür der Wohnung Nummer 28 in Bellevue Gardens. Sie warteten und klopften abermals. Clint versteckte sich im Schlafzimmer. Wenn sie die Tür eintraten, dann würde er einfach friedlich schlafen an diesem herrlichen, stillen Samstagmorgen. Sie klopften ein drittes Mal, und das Telefon begann zu läuten. Es erschreckte ihn, und er wäre fast hingestürzt. Aber sein Anrufbeantworter war eingeschaltet. Wenn die Polizisten in seine Wohnung kommen wollten, würden sie bestimmt nicht zögern, bei ihm anzurufen. Nach dem Piepton hörte er Reggies Stimme. Er nahm den Hörer ab und flüsterte schnell: »Reggie, ruf später wieder an.« Er legte auf.
    Sie klopften ein viertes Mal, dann gingen sie. Das Licht war ausgeschaltet und die Vorhänge an allen Fenstern zugezogen. Er starrte fünf Minuten auf das Telefon, dann läutete es endlich. Der Anrufbeantworter quäkte seine Meldung, dann kam der Piepton. Wieder war es Reggie.
    »Hallo«, sagte er schnell.
    »Guten Morgen, Clint«, sagte sie schnell. »Wie stehen die Dinge in Memphis?«
    »Ach, das Übliche, du weißt schon. Polizisten bewachen meine Wohnung, klopfen an die Tür. Ein Samstag wie jeder andere.«
    »Polizisten?«
    »Ja. In der letzten Stunde habe ich hier in meiner Kammer gesessen und auf meinen kleinen Fernseher geschaut. Es ist von nichts anderem die Rede. Dich haben sie bisher noch nicht erwähnt, aber Mark ist auf jedem Kanal. Bis jetzt ist es nur ein Verschwinden, keine Flucht.«
    »Hast du mit Dianne gesprochen?«
    »Ich habe sie vor ungefähr einer Stunde angerufen. Das FBI hatte ihr gerade mitgeteilt, daß er verschwunden ist. Ich habe ihr gesagt, daß ihr beide zusammen seid, und daraufhin hat sie sich ein wenig beruhigt. Offen gestanden, Reggie, sie hat in letzter Zeit so viel durchgemacht, daß ich glaube, sie hat es gar nicht richtig mitbekommen. Wo seid ihr?«
    »In einem Motel in Metairie.«
    »Habe ich richtig verstanden? Hast du Metairie gesagt? Metairie in Louisiana? Direkt außerhalb von New Orleans?«
    »Genau dort. Wir sind die Nacht durchgefahren.«
    »Was zum Teufel tut ihr dort, Reggie? Weshalb habt ihr euch ausgerechnet einen Vorort von New Orleans ausgesucht? Weshalb nicht Alaska?«
    »Weil kein Mensch auf die Idee kommen dürfte, daß wir hier sind. Wir sind in Sicherheit, Clint. Ich habe bar bezahlt und uns unter einem falschen Namen eingetragen. Wir schlafen eine Weile, dann sehen wir uns die Stadt an.«
    »Die Stadt ansehen? Reggie, was geht da vor?«
    »Ich erkläre es dir später. Hast du mit Momma Love gesprochen?«
    »Nein, aber ich tue es gleich.«
    »Tu das. Ich rufe dich am Nachmittag wieder an.«
    »Du bist verrückt, Reggie. Weißt du das? Du hast den Verstand verloren.«
    »Ich weiß. Aber ich bin früher schon mal verrückt gewesen. Mach’s gut.«
    Clint legte den Hörer auf und streckte sich auf dem ungemachten Bett aus. Sie war in der Tat früher schon mal verrückt gewesen.
35
    B arry das Messer betrat das Lagerhaus allein. Verschwunden war das großspurige Auftreten des schnellsten Revolvermanns der Stadt. Verschwunden war das überlegene Grinsen des arroganten Straßengangsters. Verschwunden waren der elegante Anzug und die italienischen Schuhe. Die Ohrringe steckten in seiner Tasche. Den Pferdeschwanz hatte er unter dem Kragen versteckt. Er hatte sich erst eine Stunde zuvor rasiert.
    Er stieg die verrostete Treppe zum zweiten Stock empor und dachte daran, wie er als Kind auf dieser Treppe gespielt hatte. Sein Vater hatte damals noch gelebt, und nach der Schule hatte er sich hier herumgetrieben, bis es dunkel wurde, hatte zugeschaut, wie Kisten kamen und gingen, hatte den Stauern zugehört, ihre Sprache gelernt, ihre Zigaretten geraucht, ihre Zeitschriften betrachtet. Es war ein wundervoller Ort zum Aufwachsen gewesen, zumal

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