Der Klient
gesessen und geraucht und die ganze Sache mit angesehen habt.«
Marks Herz setzte aus, und sein Blut schien zu gerinnen, aber er wußte, wie wichtig es war, einen gelassenen Eindruck zu machen. Es einfach beiseite zu wischen. Hardy war nicht dabeigewesen. Er hatte überhaupt nichts gesehen. Mark spürte, daß seine Hände zitterten, also schob er sie unters Gesäß. Hardy beobachtete ihn.
»Verhaften Sie Kinder, weil sie Zigaretten rauchen?« fragte Mark. Seine Stimme war etwas schwächer als gewöhnlich.
»Nein. Aber Kinder, die Polizisten anlügen, können allen möglichen Ärger bekommen.«
»Ich lüge Sie nicht an, okay? Ich habe früher dort geraucht, aber nicht heute. Wir sind einfach durch den Wald gelaufen, haben daran gedacht, vielleicht eine zu rauchen, und da haben wir den Wagen und Romey entdeckt.«
Hardy zögerte ganz kurz, dann fragte er: »Wer ist Romey?«
Mark versteifte sich und holte tief Luft. In Sekundenschnelle wurde ihm klar, daß alles vorbei war. Er hatte es verpatzt. Zuviel gelogen. Er war nicht einmal eine Stunde lang mit seiner Geschichte durchgekommen. Nicht aufhören zu denken, befahl er sich.
»So heißt der Mann doch, oder etwa nicht?«
»Romey?«
»Ja. Haben Sie nicht gesagt, daß er so heißt?«
»Nein. Ich habe deiner Mutter gesagt, daß er Jerome Clifford heißt und aus New Orleans kommt.«
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, er hieße Romey Clifford und käme aus New Orleans.«
»Wer hat je den Namen Romey gehört?«
»Keine Ahnung.«
Der Wagen bog nach rechts ab, und Mark schaute geradeaus. »Ist das St. Peter’s?«
»So steht es jedenfalls auf dem Schild.«
Hardy hielt an der Seite des Krankenhauses an, und sie sahen zu, wie die Ambulanz rückwärts an die Rampe der Notaufnahme heransetzte.
5
D er Ehrenwerte J. Roy Foltrigg, Bundesanwalt für den Southern District von Louisiana in New Orleans und Republikaner, trank Tomatensaft aus einer Dose und streckte im Heck des nach seinen eigenen Wünschen umgebauten Chevrolet-Transporters die Beine aus. Der Wagen schnurrte die Schnellstraße entlang. Memphis lag fünf Stunden von New Orleans entfernt im Norden, auf der Interstate 55 immer geradeaus, und er hätte ebensogut in ein Flugzeug steigen können, aber es gab zwei Gründe, weshalb er es nicht getan hatte. Da war erstens der Papierkram. Er konnte zwar erklären, es handle sich um Amtsgeschäfte im Zusammenhang mit dem Boyd-Boyette-Fall, aber es würde Monate dauern, bis die Ausgaben erstattet wurden, und er würde achtzehn verschiedene Formulare ausfüllen müssen. Zweitens, und das spielte eine wesentlich gewichtigere Rolle, flog er nicht gern. In New Orleans hätte er drei Stunden auf einen Flug warten müssen, der nur eine Stunde dauerte und ihn gegen elf Uhr abends nach Memphis gebracht hätte; aber mit dem Transporter würde er es auch bis Mitternacht schaffen. Er gestand seine Angst vorm Fliegen nicht ein, und er wußte, daß er eines Tages gezwungen sein würde, einen Psychiater aufzusuchen, um sie zu überwinden. Bis dahin hatte er seinen Luxustransporter, den er mit seinem eigenen Geld gekauft und mit allen erdenklichen Finessen hatte ausstatten lassen; zwei Telefonen, einem Fernseher, sogar einem Faxgerät. In ihm fuhr er im Southern District von Louisiana herum, immer mit Wally Boxx am Steuer. Der Transporter war besser und komfortabler als eine Limousine.
Er streifte langsam seine Slipper ab und schaute in die vorbeifliegende Nacht hinaus, während Special Agent Trumann in den an sein Ohr geklemmten Telefonhörer lauschte. Am anderen Ende der dick gepolsterten Bank saß der stellvertretende Bundesanwalt Thomas Fink, Foltriggs loyaler Untergebener, der achtzig Stunden pro Woche an dem Boyette-Fall arbeitete und den größten Teil des Verfahrens bewältigen würde – in erster Linie die triste Knochenarbeit; die einfachen und publikumswirksamen Teile blieben natürlich seinem Boss vorbehalten. Fink las in einer Akte, wie gewöhnlich, und versuchte, das Gemurmel von Agent Trumann mitzubekommen, der ihm gegenüber in einem schweren Drehstuhl saß. Trumann hatte das FBI in Memphis am Apparat.
Neben Trumann, in einem ebensolchen Drehstuhl, saß Special Agent Skipper Scherff, ein Anfänger, der bisher kaum an dem Fall gearbeitet hatte, aber für diesen Ausflug nach Memphis zufällig gerade zur Stelle gewesen war. Er machte sich Notizen auf einem Block, und das würde er auch die nächsten fünf Stunden tun, weil er in diesem straffen Machtzirkel nicht das
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