Der Klient
geringste zu sagen hatte und niemand daran dachte, ihm zuzuhören. Er würde brav die Nase auf seinen Block gesenkt halten und alle Anweisungen notieren, die ihm sein Vorgesetzter Larry Trumann erteilte und natürlich der Chef selbst, Reverend Roy. Scherff schaute unverwandt auf seinen Block, ständig bemüht, selbst den geringsten Blickkontakt mit Foltrigg zu vermeiden, und versuchte vergeblich mitzubekommen, was Memphis Trumann zu sagen hatte. Die Nachricht von Cliffords Tod hatte erst eine Stunde zuvor ihr Büro in Hektik versetzt, und Scherff wußte immer noch nicht, wieso er in Roys auf der Schnellstraße dahinjagendem Transporter saß. Trumann hatte ihn angewiesen, nach Hause zu rennen, ein paar Sachen einzupacken und sich dann sofort in Foltriggs Büro zu begeben. Und hier saß er nun, machte Notizen und hörte zu.
Der Fahrer, Wally Boxx, war ein zugelassener Rechtsanwalt, wußte aber mit seiner Lizenz nichts anzufangen. Offiziell war er stellvertretender Bundesanwalt, genau wie Fink, in der Praxis jedoch Foltriggs Mädchen für alles. Er fuhr seinen Wagen, trug seinen Aktenkoffer, schrieb seine Reden und kümmerte sich um die Medien, was ihn fünfzig Prozent seiner Zeit kostete, weil sein Chef allergrößten Wert auf sein öffentliches Image legte. Boxx war nicht dumm. Er war ein Meister im politischen Manövrieren, immer bereit, seinen Boss zu verteidigen, und dem Mann und seiner Mission treu ergeben. Foltrigg hatte eine große Zukunft, und Boxx war sicher, daß er eines Tages mit dem großen Mann flüsternd wichtige Dinge besprechen würde, während sie beide allein auf dem Capitol Hill herumschlenderten.
Boxx wußte, wie wichtig der Boyette-Fall war. Es würde der größte Prozeß in Foltriggs illustrer Karriere werden, der Prozeß, von dem er schon immer geträumt hatte, der Prozeß, der ihn ins nationale Rampenlicht beförderte. Er wußte, daß Barry Muldanno Foltrigg schlaflose Nächte bereitete.
Larry Trumann beendete das Gespräch und legte den Hörer auf. Er war ein erfahrener Agent, Anfang Vierzig, mit noch zehn Jahren vor sich bis zur Pensionierung. Foltrigg wartete darauf, daß er ihn informierte.
»Sie versuchen, die Polizei von Memphis zu veranlassen, daß sie den Wagen freigibt, damit wir ihn uns vornehmen können. Das wird wahrscheinlich ein oder zwei Stunden dauern. Es ist harte Arbeit, den Leuten dort zu erklären, was es mit Clifford und Boyette und alledem auf sich hat, aber sie machen Fortschritte. Leiter unseres Büros in Memphis ist ein Typ namens Jason McThune, sehr zäh und überzeugend; er ist gerade beim Polizeichef von Memphis. McThune hat Washington angerufen, und Washington hat Memphis angerufen, und wir müßten den Wagen eigentlich innerhalb der nächsten zwei Stunden haben. Nur eine Schußwunde am Kopf, offensichtlich selbst beigebracht Anscheinend hat er zuerst versucht, es mit einem Schlauch am Auspuffrohr zu tun, aber aus irgendeinem Grund hat das nicht funktioniert. Er hat Schlaftabletten, Dalmane, und Kodein genommen und alles mit Jack Daniels runtergespült. Kein Hinweis auf die Waffe, aber dafür ist es auch noch zu früh. Memphis geht der Sache nach. Eine billige .38er. Dachte, er könnte eine Kugel schlucken.«
»Kein Zweifel daran, daß es Selbstmord war?« fragte Foltrigg. »Nicht der geringste.«
»Wo hat er es getan?«
»Irgendwo im Norden von Memphis. Fuhr mit seinem großen schwarzen Lincoln in den Wald und gab sich den Rest.«
»Und vermutlich gibt es keine Augenzeugen.«
»Offenbar nicht. Zwei Jungen haben die Leiche gefunden.«
»Wie lange war er da schon tot?«
»Nicht lange. In ein paar Stunden soll eine Autopsie stattfinden, danach wissen wir, wann der Tod eingetreten ist.«
»Weshalb Memphis?«
»Keine Ahnung. Wenn es einen Grund dafür gibt, dann kennen wir ihn noch nicht.«
Foltrigg dachte über diese Dinge nach und trank seinen Tomatensaft. Fink machte sich Notizen. Scherff kritzelte hektisch. Wally Boxx ließ sich kein Wort entgehen.
»Was ist mit dem Abschiedsbrief?« fragte Foltrigg und schaute dabei aus dem Fenster.
»Nun, der könnte interessant sein. Unsere Leute in Memphis haben eine Kopie davon, keine sonderlich gute, und wollen versuchen, sie uns in ein paar Minuten zuzufaxen. Offenbar handelt es sich um eine handschriftliche Notiz, geschrieben mit schwarzer Tinte, und die Schrift ist halbwegs lesbar. Es sind ein paar Absätze mit Anweisungen an seine Sekretärin bezüglich der Beerdigung – er will verbrannt werden – und
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