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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Lügerei. Ich sagte zu ihm, das wäre genau das, was er verdient hätte.« Er hielt eine Sekunde inne.
    Die Sätze kamen etwas langsamer, und Mark ging allmählich der Dampf aus. Clint war nach wie vor fasziniert.
    »Natürlich heimste Hack den ganzen Ruhm für einen weiteren brillanten Sieg vor Gericht ein. Dann drohte er, Mom zu verklagen, wenn sie ihn nicht bezahlte. Sie hatte einen ganzen Haufen unbezahlte Rechnungen, und er rief jede Woche zweimal an und verlangte den Rest seines Honorars, also mußte sie offiziell ihre Zahlungsunfähigkeit feststellen lassen. Dann verlor sie ihren Job.«
    »Also hast du eine Scheidung durchgemacht und danach einen Konkurs?«
    »Ja. Der Konkursanwalt war auch eine totale Flasche.«
    »Aber mit Reggie bist du einverstanden?«
    »Ja. Reggie ist cool.«
    »Freut mich zu hören.«
    Das Telefon läutete, und Clint griff nach dem Hörer. Ein Anwalt vom Jugendgericht wollte ein paar Informationen über einen Mandanten, und das Gespräch zog sich in die Länge. Mark machte sich auf die Suche nach dem heißen Kakao. Er ging durch das Konferenzzimmer mit dicken Büchern an den Wänden und fand die winzige Küche neben der Toilette.
    Im Kühlschrank war eine Flasche Sprite, und er schraubte den Verschluß ab. Seine Geschichte hatte Clint beeindruckt, das war nicht zu übersehen gewesen. Er hatte viele der Details ausgelassen, aber es war alles wahr. In gewisser Hinsicht war er stolz darauf, stolz, weil er seine Mutter verteidigt hatte, und die Geschichte beeindruckte die Leute immer.
    Dann fiel dem zähen kleinen Jungen mit dem Baseballschläger die Messerattacke im Fahrstuhl wieder ein und das zusammengefaltete Foto der vaterlosen Familie. Er dachte an seine Mutter im Krankenhaus, ganz allein und ungeschützt. Plötzlich hatte er wieder Angst.
    Er versuchte, eine Packung Cracker aufzumachen, aber seine Hände zitterten, und die Plastikfolie ließ sich nicht öffnen. Das Zittern wurde schlimmer, und er konnte nichts dagegen tun. Er sackte auf den Boden und verschüttete die Limonade.
16
    F ür die Sekretärinnen, die in Grüppchen von dreien und vieren den feuchten Gehsteig entlangeilten, um irgendwo ihren Lunch einzunehmen, hatte der Nieselregen rechtzeitig aufgehört. Der Himmel war grau, und die Straßen waren naß. Hinter jedem Wagen, der die Third Street entlangfuhr, waberten und zischten Nebelwolken. Reggie und ihr Klient bogen in die Madison ein. Mit der Linken trug sie ihren Aktenkoffer, mit der Rechten hatte sie seine Hand ergriffen und steuerte ihn durch die Menge. Sie hatten ein Ziel und gingen rasch.
    In einem unauffälligen weißen Ford-Transporter, der fast direkt vor dem Sterick Building parkte, saß Jack Nance, beobachtete ihr Fortgehen und gab die Nachricht über Funk weiter. Als sie in die Madison eingebogen und seinem Blick entschwunden waren, lauschte er. Minuten später hatte Cal Sisson, sein Partner, sie entdeckt und folgte ihnen, als sie, wie erwartet, auf das Krankenhaus zugingen. Fünf Minuten später waren sie im Krankenhaus.
    Nance verschloß den Transporter und überquerte die Third Street. Er betrat das Sterick Building, fuhr mit dem Fahrstuhl in den zweiten Stock und drehte vorsichtig den Knauf an der Tür, an der ANWALTSKANZLEI REGGIE LOVE stand. Sie war unverschlossen, eine erfreuliche Überraschung. Es war inzwischen elf Minuten nach zwölf. Zu dieser Zeit machte praktisch jeder Anwalt mit einer bescheidenen Einzelkanzlei Mittagspause und schloß sein Büro ab. Er öffnete die Tür und trat ein, und über seinem Kopf ging ein gräßlicher Summer los und verkündete seine Ankunft. Verdammt! Er hatte gehofft, sich durch eine verschlossene Tür Zutritt zu verschaffen, etwas, worin er sehr tüchtig war, um dann ungestört die Akten durchwühlen zu können. Das war ein Kinderspiel. Die meisten dieser kleinen Läden hielten nichts von Sicherheitsvorkehrungen. Bei den großen Firmen lagen die Dinge anders; trotzdem konnte Nance außerhalb der Bürozeit in jede einzelne der tausend Anwaltskanzleien in Memphis eindringen und finden, wonach er suchte. Das hatte er mindestens ein dutzendmal getan. Es gab zwei Dinge, die es in den Büros der Feld-Wald-und-Wiesen-Anwälte nicht gab – Bargeld und Wertpapiere. Sie schlossen ihre Tür ab, und damit hatte es sich.
    Aus einem der hinteren Räume erschien ein junger Mann und sagte: »Ja? Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ja«, sagte Nance, ohne zu lächeln, ganz der gestreßte Journalist, der bereits einen harten Tag hinter sich

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