Der Klient
sie.
»Deine Mutter wurde heute morgen entlassen«, sagte Greenway. Er sah Reggie an. »Diese Leute haben per Kurier einen Brief geschickt und ihr mitgeteilt, daß sie entlassen ist. Können Sie sich das vorstellen? Der Brief wurde einer der Schwestern hier im neunten Stock ausgehändigt, und sie hat ihn vor ungefähr einer Stunde gebracht.«
»Zeigen Sie mir den Brief«, sagte Reggie. Dianne zog ihn aus einer Tasche. Reggie entfaltete ihn und las langsam. Dianne drückte Mark an sich und sagte: »Mach dir keine Sorgen, Mark. Bisher sind wir immer zurechtgekommen. Ich finde schon einen anderen Job.«
Mark biß sich auf die Lippe und hätte am liebsten geweint.
»Kann ich ihn behalten?« sagte Reggie, während sie den Brief bereits in ihren Aktenkoffer packte. Dianne nickte.
Greenway betrachtete seine Uhr, als könnte er sich über die genaue Uhrzeit nicht schlüssig werden. »Ich gehe schnell ein Sandwich essen und bin in zwanzig Minuten zurück. Ich möchte noch ein oder zwei Stunden mit Ricky und Mark verbringen, allein.«
Auch Reggie sah auf die Uhr. »Ich komme gegen vier wieder. Hier lungern Reporter herum, und ich möchte, daß Sie sie nicht zur Kenntnis nehmen.« Sie sprach zu allen dreien.
»Ja, sagt einfach ›kein Kommentar, kein Kommentar‹«, setzte Mark hilfsbereit hinzu. »Es macht richtig Spaß.«
Dianne empfand es nicht als Spaß. »Was wollen sie?«
»Alles. Sie haben die Zeitung gelesen. Es gibt einen Haufen Gerüchte. Sie riechen eine Story, und sie werden alles tun, um an Informationen zu kommen. Auf der Straße habe ich einen Fernsehwagen gesehen; die Leute, die dazugehören, sind vermutlich auch irgendwo in der Nähe. Ich glaube, es ist am besten, wenn Sie bei Mark bleiben.«
»Okay«, sagte Dianne.
»Wo ist hier ein Telefon?« fragte Reggie.
Greenway deutete in die Richtung des Schwesternzimmers. »Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.«
»Also, dann bis vier«, sagte sie zu Dianne und Mark. »Und nicht vergessen, zu niemandem ein Wort. Bleiben Sie in der Nähe dieses Zimmers.«
Sie und Greenway verschwanden um die Biegung des Flurs. Die Wachmänner schliefen halb. Mark und seine Mutter betraten das dunkle Zimmer und setzten sich aufs Bett. Ein altbackener Doughnut erregte seine Aufmerksamkeit, und er verschlang ihn mit vier Bissen.
Reggie rief in ihrem Büro an, und Clint meldete sich. »Erinnerst du dich an die Klage, die wir voriges Jahr wegen Penny Patoula eingereicht haben?« fragte sie leise und hielt dabei nach den Bluthunden Ausschau. »Es ging um sexuelle Diskriminierung, unrechtmäßige Entlassung, Schikanierung und so weiter. Ich glaube, wir haben alles aufs Tapet gebracht. Beim Bezirksgericht. Ja, das ist es. Such die Akte raus und ändere den Namen von Penny Patoula in Dianne Sway. Die Beklagte ist Ark-Lon Fixtures. Benenne den Präsidenten persönlich. Sein Name ist Chester Tanfill. Ja, mach auch ihn zum Beklagten und erhebe Anklage wegen unrechtmäßiger Entlassung, Verstoß gegen das Arbeitsrecht, sexueller Belästigung, füge noch eine Anklage wegen Verstoßes gegen die Gleichberechtigung hinzu, und verlange ein – nein, zwei Millionen Schadenersatz. Das machst du jetzt gleich, und zwar schnell. Schreib eine Vorladung aus und stell fest, wie hoch die Kosten für die Anklageerhebung sind. Lauf rüber zum Gericht und reich die Klage ein. Ich bin in ungefähr einer halben Stunde da und hol sie ab, also beeil dich. Ich werde sie Mr. Tanfill persönlich überreichen.«
Sie legte auf und bedankte sich bei der ihr am nächsten stehenden Schwester. Die Reporter warteten neben dem Getränkeautomaten, aber sie war durch die Tür zum Treppenhaus verschwunden, bevor sie sie gesehen hatten.
Ark-Lon Fixtures bestand aus einer Reihe miteinander verbundener Blechschuppen an einer Straße voll ähnlicher Bauten in einem Billiglohn-Industriegelände in der Nähe des Flughafens. Die Farbe des vordersten Gebäudes war ein verblichenes Orange, und die Firma hatte sich in alle Richtungen mit Ausnahme der Straße ausgedehnt. Die neueren Anbauten waren alle in derselben Bauweise errichtet, aber in unterschiedlichen Schattierungen von Orange gestrichen. In der Nähe einer Laderampe im Hintergrund warteten Lastwagen. Eine Einfriedung aus Maschendraht schützte Rollen von Stahl und Aluminium.
Reggie parkte in der Nähe des Eingangs auf einem für Besucher reservierten Platz. Mit ihrem Aktenkoffer in der Hand öffnete sie die Tür. Eine vollbusige Frau mit schwarzem Haar und einer langen
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