Der Knochenbrecher
Er brauchte dringend eine heiÃe Spur. Vier Menschen waren tot, James Smith war nach dem bizarren Telefonat noch immer untergetaucht, und falls Katia Kudrov wirklich von demselben Täter verschleppt worden war wie Laura und Kelly, hatte sie nicht mehr lange zu leben.
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Hunters Pech schien sich auf jeden Aspekt der Ermittlungen auszubreiten wie eine ansteckende Krankheit. Die Dokumentationen, die er und Garcia von A&E TV bekommen hatten, lieferten keinerlei Hinweise. Bryan Coleman hatte recht gehabt: Schon am Vorspann von Leinwandschönheiten erkannte man die Low-Budget-Produktion. Laura Mitchell und Kelly Jensen wurden tatsächlich porträtiert, allerdings jeweils nur für wenige Minuten. Ihre Interviews drehten sich hauptsächlich um die Frage, inwieweit das Leben an der Westküste ihre künstlerische Arbeit beeinflusste. Im Wesentlichen jedoch widmete sich die Sendung Martina Greene, der Tochter des ehemaligen regionalen Programmdirektors, genau wie Coleman gesagt hatte. Das Ganze hatte eher den Charakter einer Werbesendung. AuÃer Martina, Laura und Kelly kamen noch zwei weitere Künstlerinnen zu Wort â eine hatte blonde Haare wie im Ãbrigen auch Martina, die andere ging bereits auf die fünfzig zu. Hunter sprach mit ihnen, aber keine der beiden hatte nach den Dreharbeiten noch Kontakt zu Laura oder Kelly gehabt. Als er ihnen ein Foto von James Smith vorlegte, erkannten sie ihn darauf nicht wieder.
Hunters Kollegen überprüften jeden, dessen Name im Abspann von Leinwandschönheiten genannt wurde. So weit hatten alle eine weiÃe Weste, aber die Liste war lang.
In den drei anderen Dokumentationen wurden diverse Künstler aus den ganzen Vereinigten Staaten porträtiert â keiner von ihnen war dunkelhaarig, um die dreiÃig und weiblich.
Dr. Hoves Labor hatte unterdessen bestätigt, dass es sich bei dem Staub unter Kelly Jensens Fingernägeln um eine Mischung aus Mörtel und roter Tonerde handelte und er somit aller Wahrscheinlichkeit nach von herkömmlichen Wandziegeln stammte â eine Erkenntnis, die sie nicht wesentlich weiterbrachte, da sie nur bedeutete, dass als Gefängnis alles Mögliche in Frage kam, angefangen von einem selbstgebauten unterirdischen Bunker bis hin zu einem Zimmer oder einer Garage.
Hunters Einfall mit den Verkehrsüberwachungskameras lieferte ebenfalls keine brauchbaren Hinweise. Die nächstgelegene Kamera war eine Meile von Kellys Atelier entfernt. In der fraglichen Nacht hatte niemand ihren Trans-ÂAm gesehen. Der Captain der zuständigen Dienststelle der Verkehrspolizei erklärte, dass der GroÃteil der Kameras in der Innenstadt sensoraktiviert sei und nur dann etwas aufzeichne, wenn jemand eine rote Ampel überfuhr oder die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritt. Die wenigen Kameras, die rund um die Uhr liefen, waren an wichtigen HauptstraÃen, DurchgangsstraÃen oder Interstates installiert. Ihre Hauptfunktion bestand darin, die Verkehrsüberwachung über Staugefahren und Unfälle auf dem Laufenden zu halten.
Am Morgen nach Kellys Verschwinden hatte eine Kamera in Santa Monica ihren Wagen aufgezeichnet, als dieser in westlicher Richtung den San Vincente Boulevard entlangfuhr. Allerdings deckte die Kamera nicht den gesamten Boulevard ab. Auf dem letzten Stück, das zum Meer hinunterführte, verschwand das Fahrzeug aus ihrem Blickfeld.
Wie von Hunter veranlasst, hatte die Kriminaltechnik Kellys Wagen aus Santa Monica abgeholt und jeden QuaÂdratzentimeter des Inneren samt Kofferraum genauestens unter die Lupe genommen. Es wurden mehrere Haare gefunden, die jedoch alle von Kelly Jensen stammten. Die wenigen dunklen Textilfasern, die auf dem Fahrersitz sichergestellt werden konnten, glichen denen von der Wand hinter dem groÃen Bild in Laura Mitchells Wohnung. Sie stammten von derselben Mütze. Fingerabdrücke gab es keine.
Es war kurz vor Mitternacht, und zum ersten Mal seit Frühlingsbeginn zeigten sich Wolken am Himmel. Eine Regenfront mit starken Winden zog von Norden heran und brachte den unverwechselbaren Geruch von nassem Gras und Erde mit. Hunter saà in seinem Wohnzimmer und ging die Berichte der Recherche-Einheit über Lauras, Kellys und Katias Berufs- und Privatleben durch. Ihre Herkunft hätte unterschiedlicher nicht sein können. Bis auf die äuÃerliche Ãhnlichkeit und den Umstand, dass sie alle drei Künstlerinnen waren, hatte
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