Der Knochenbrecher
Staaten?«, wollte Garcia wissen.
Hunter hatte die Einsatzzentrale gebeten, landesweit nach weiblichen dunkelhaarigen Mordopfern zu suchen, die mit zugenähtem Mund, Vaginalbereich oder beidem aufgefunden worden waren. Falls der Täter wirklich das Bild einer Person, die er einst geliebt hatte, auf seine Opfer übertrug, bestand durchaus die Möglichkeit, dass besagte Person auf ähnliche Art und Weise zu Tode gekommen war.
»Bis jetzt noch nicht.«
»Wie weit zurück suchen wir denn?«
»Fünfundzwanzig Jahre.«
»Im Ernst? So lange?«
Hunter lehnte sich gegen seinen Schreibtisch. »Besser, wir gehen auf Nummer sicher.«
»Was meinst du damit?«
»Was, wenn wir mit der Theorie einer alten Liebe recht haben, aber die Person, an die die Opfer unseren Killer erinnern, keine ehemalige Frau oder Freundin ist â nicht mal ein heimlicher Schwarm? Was, wenn die Beziehung zwischen ihnen ganz anderer Natur war?«
Garcia dachte kurz nach. »Seine Mutter?«
Hunter nickte. »Das wäre immerhin eine Möglichkeit. Entweder seine Mutter oder eine andere weibliche Bezugsperson â eine Tante, ältere Schwester oder Kusine oder dergleichen.« Hunter hielt inne und griff nach einer Mappe auf seinem Schreibtisch. »Sagt dir der Name Katia Kudrov irgendwas?«
Garcia schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Nein, wer soll das sein?«
Hunter zog ein Foto aus einem Umschlag.
Garcias Herz setzte einen Schlag aus. »Ach du ScheiÃe. Die sieht ja genauso aus wie Laura und Kelly. Wer zum Teufel ist das?«
Hunter berichtete Garcia ausführlich, was sich seit seiner ersten Begegnung mit Whitney Myers zugetragen hatte.
»Das ist eine Kopie von Whitneys Fallakte. Sie hat an alles gedacht. Sie hat sogar ihren eigenen forensischen Spezialisten.«
»Und?« Garcia begann, die Akte durchzublättern.
»Nichts wirklich Stichhaltiges. Die Fingerabdrücke stammen alle von Katia selbst, von ihrem Vater oder von dem Mann, mit dem sie zur fraglichen Zeit zusammen war.«
Garcia hob die Brauen.
»Er fällt als Verdächtiger aus. Er war nicht mal im Land, als sie entführt wurde. Es steht alles drin, du kannst es dir später in Ruhe durchlesen.«
»Und ihr Vater hat sie nie als vermisst gemeldet?«
Hunter schüttelte den Kopf. »Nicht offiziell. Deswegen stand sie auch auf keiner der Listen, die wir von der Vermisstenstelle bekommen haben. Ich habe gestern Abend zum ersten Mal von ihr gehört.«
»Glaubst du, dass unser Killer sie in seiner Gewalt hat?«
»Schwer zu sagen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich sehe Gespenster.«
»Was für Gespenster denn?«
Hunter hob die Schultern und begann, an dem Schorf zu kratzen, der sich über der Wunde an der Augenbraue gebildet hatte.
»Einerseits sind mir zwischen Katias, Lauras und Kellys Verschwinden mehrere Ãhnlichkeiten aufgefallen. Aber andererseits gibt es ja gar nicht so viele verschiedene Methoden, jemanden zu entführen. Deswegen habe ich Angst, dass ich kostbare Zeit verschwende, indem ich nach einer Verbindung suche, die es vielleicht gar nicht gibt. Wie Whitney gesagt hat, offiziell ist Katia Kudrov nicht mal ein Vermisstenfall, sie wurde nie bei der Polizei gemeldet.« Er hatte zu heftig am Wundschorf gekratzt, und ein Blutstropfen erschien auf seiner Stirn. Er wischte ihn mit dem Handballen weg. »Unsere Recherche-Einheit durchleuchtet bereits den Hintergrund von Laura und Kelly, sie suchen nach anderen Parallelen, abgesehen von Beruf und Aussehen. Ich habe sie gebeten, Katia in die Suche mit einzubeziehen.«
Hunters Handy klingelte, und er fischte es aus seiner Jackentasche. »Detective Hunter.«
»Detective? Garry Cameron aus der IT .«
»Garry ⦠bitte sagen Sie mir, das Sie Erfolg hatten.« Hunters Blick glitt erwartungsvoll zu Garcia.
»Tut mir leid, Detective, aber es gibt kein einziges Bild von seinem Gesicht.« Garry klang zerknirscht. »Ich bin jedes Bild einzeln durchgegangen und habe es auf jede nur erdenkliche Weise bearbeitet. Der Kerl dreht sich einfach nicht um.« Eine kurze Pause. »Auf ein paar Bildern sieht man kurz ein Stück Haut aufblitzen, aber das ist auch schon alles. Abgesehen von dem, was Sie ohnehin schon gesehen haben, kann ich Ihnen nur sagen, dass er ein WeiÃer ist. Es tut mir wirklich leid, Detective.«
Hunter beendete die Verbindung und schloss die Augen.
Weitere Kostenlose Bücher