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Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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jede Menge Unrat auf dem Boden. Dr. Hove und Mike Brindle standen an der hinteren Seite in der Nähe der Tür, die zu einem dritten Raum führte. Auf dem Fußboden neben ihnen stand das tragbare Röntgengerät, das sie bereits im Keller der Vorschule in Glassell Park zum Einsatz gebracht hatten. Etwa drei Schritte von dem Gerät entfernt lag die nackte Leiche einer dunkelhaarigen Frau. Schon von weitem erkannte Hunter den dicken schwarzen Faden, mit dem ihr Mund und Vagina zugenäht worden waren. Blut war diesmal allerdings kaum zu sehen.
    Â»Wo ist Carlos?«, fragte Dr. Hove. »Er wollte doch draußen auf Sie warten.«
    Hunter antwortete nicht. Er bewegte sich nicht, atmete nicht. Er stand einfach nur da und starrte in das Gesicht der Toten. Ihre Haut hatte eine grau-violette Farbe angenommen, was darauf hindeutete, dass sich das Blut bereits gesenkt hatte. Wie bei den zwei vorangegangenen Opfern war die untere Gesichtshälfte infolge der Stiche am Mund stark angeschwollen, aber trotzdem kam sie Hunter irgendwie bekannt vor. Er spürte, wie seine Haut zu brennen begann, als sein Körper Adrenalin ausschüttete.
    Â»Robert«, rief Hove erneut.
    Erst jetzt nahm Hunter sie wahr.
    Â»Alles in Ordnung?«
    Â»Mir geht’s gut.«
    Â»Wo ist Carlos? Ich dachte, er ist bei Ihnen.«
    Â»Ich bin hier«, meldete sich Garcia, als er hinter Hunter durch die Tür trat. Er war ein wenig blass um die Nase. Der eigenartige Geruch, den sie draußen wahrgenommen hatten, war in diesem Raum noch stärker. Garcia presste die Hand vor den Mund und schüttelte sich, während er krampf­haft versuchte, die Kontrolle über seinen rebellierenden Magen zu behalten.
    Schweigend trat Hunter auf die Leiche zu und ging neben ihr in die Hocke. In ihrem Gesicht zeigten sich erste Anzeichen von Aufschwemmung. Auch ohne sie anzufassen, wusste er, dass die Totenstarre vollständig ausgebildet war. Sie war seit mindestens zwölf Stunden tot. Ihre Augen waren geschlossen, aber die Gesichtszüge kamen ihm bekannt vor – die Nase, die Wangenknochen, die Form ihres Kinns. Hunter rückte noch näher heran und betrachtete ihre Hände. Fast alle Fingernägel waren abgesplittert oder eingerissen. Trotz der violetten Verfärbung der Haut konnte Hunter auf den ersten Blick keine größeren Hämatome am Körper erkennen. Schnitt- und Schürfwunden schien es ebenfalls keine zu geben. Die Auftreibungen waren also keine Folge körperlicher Misshandlung.
    Hunter ging um die Leiche herum. An der rechten Schulter trug sie ein schwarzes Tribal-Tattoo.
    Garcia betrachtete die Leiche aus sicherer Entfernung. Nach wie vor hielt er sich die Hand vor Mund und Nase.
    Â»Kennen Sie sie?«, fragte Hove, der aufgefallen war, wie Hunters Blick immer wieder zu ihrem Gesicht glitt. »Ist das noch eine Malerin von Ihrer Vermisstenliste?«
    Garcia schüttelte den Kopf. »Mir kommt sie nicht bekannt vor. Ich weiß, das Gesicht ist ein bisschen angeschwollen, aber ich glaube nicht, dass sie auf unserer Liste stand.«
    Â»Sie ist keine Malerin«, sagte Hunter und erhob sich. »Sie ist Musikerin.«
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    Garcias Blick kehrte zum Gesicht der Leiche zurück, und er runzelte die Stirn. Hunter hatte ihm von Katia Kudrov erzählt, und er hatte sich ihre Fotos genau angesehen. Die Tote am Boden sah nicht aus wie sie.
    Â»Es ist nicht Katia Kudrov«, bestätigte Hunter, der die Gedanken seines Partners erraten hatte.
    Garcias Stirnrunzeln verstärkte sich.
    Â»Du kennst sie?«, fragte er.
    Â»Sie kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich habe sie schon mal gesehen, ich weiß nur nicht, wo.«
    Â»Woher weißt du dann, dass sie Musikerin ist?«, wollte Brindle wissen.
    Â»Sie hat Hornhaut an allen Fingerspitzen der linken Hand, außer am Daumen, da ist die Hornhaut am ersten Knöchel.«
    Brindle sah ihn fragend an.
    Â»Das passiert automatisch, wenn man ein Saiteninstrument spielt«, erklärte Hunter. »An den Fingerkuppen bildet sich Hornhaut, weil man die Saiten runterdrückt, und am Daumen, weil die Hand am Steg hin- und hergleitet. Dabei ist es ganz egal, ob man Geige spielt oder Cello, Gitarre, Bass oder irgendwas anderes.«
    Dr. Hove nickte. »Einer meiner Kriminaltechniker nimmt seit einiger Zeit Gitarrenunterricht. Er beklagt sich ständig darüber, dass ihm die Fingerkuppen weh tun, und zupft andauernd lose Hautfetzen

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