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Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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Mark, noch immer sturzbetrunken, zur Wohnungstür her­eingestolpert, und spätestens in diesem Moment erwies sich jede Hoffnung, dass er sich an die Anweisung halten und den Tatort unberührt lassen werde, als vergebens. Stundenlang rief er immer wieder Jessicas Namen, ging von einem Zimmer ins nächste, schaltete das Licht ein und wieder aus, als könnte sie dadurch wie von Zauberhand wieder auftauchen. Er öffnete ihren Schrank und wühlte in ihren Klei­dern. Er kippte Schubladen und Schränke aus. Er legte sich auf ihr Bett, ihr Kopfkissen an sich gepresst, und weinte, bis er keine Tränen mehr übrig hatte.
    Nun saß er mit rotgeränderten Augen still in der Küche.
    Garcia hob ein gerahmtes Foto vom Schlafzimmerfuß­boden auf – es zeigte Jessica und Mark im Urlaub, irgendwo im sonnigen Süden. Sie sahen glücklich und verliebt aus.
    Er stellte das Bild auf die Kommode, wandte sich erneut dem zerwühlten Bett zu und fragte sich, was er jetzt tun sollte. Sie konnten Marks und Jessicas Wohnung nicht versiegeln, weil sie kein offizieller Tatort war. Die Chancen, ein Team von der Spurensicherung herzubekommen, bevor ganz sicher war, dass Jessicas Entführer hier zugeschlagen hatte, standen mehr als schlecht – und die Chancen, dass besagtes Team in der komplett verwüsteten Wohnung einen Hinweis finden würde, noch viel schlechter.
    Garcia verließ das Schlafzimmer und ging durch den langen Flur ins Wohnzimmer. Auf dem modernen Glastisch, der zwischen Sofa und wandmontiertem Flachbildfernseher stand, lagen mehrere Musikmagazine. Auf dem Cover des oberen war Jessica zu sehen. Aus purer Neugier schlug Garcia das Heft auf und suchte den dazugehörigen Artikel. Es war ein zweiseitiges Interview, in dem Jessica über ihre Musikkarriere und ihr Leben im Allgemeinen sprach – eigentlich nichts Besonderes. Doch dann erregte eine Zwischenüberschrift seine Aufmerksamkeit: Über die Liebe . Garcia begann, den Teil zu überfliegen, hielt jedoch bereits nach wenigen Zeilen inne. Ein Schauer ging durch seinen Körper, als hätte ihn ein kalter Windstoß getroffen. Er las die Zeilen erneut, um ganz sicherzugehen.
    Â»Ausgeschlossen.« Er steckte das Magazin ein und fuhr auf schnellstem Weg zurück ins Büro.

95
    Als Hunter Chief Coopers Haus am Lake Sonoma verließ, war es bereits kurz vor Mittag, aber noch wollte er nicht nach L. A. zurückfliegen. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, und die musste er vor seiner Rückreise erst in eine sinnvolle Ordnung bringen. Ihm fiel ein, dass er auf dem Weg zum Haus des Chiefs an der Stadtbücherei vorbeigekommen war. Dort wollte er anfangen.
    Die Bücherei war ein eingeschossiges Gebäude und kleiner als viele Schulbibliotheken in Los Angeles. Hunter stellte seinen Mietwagen auf dem Parkplatz ab, zog sich den Kragen seiner Jacke enger um den Hals und rannte zum Eingang. Es regnete immer noch.
    Als er zur Tür hereinkam, hob die Frau am Informationsschalter den Blick vom Monitor ihres Computers und schenkte ihm ein mitfühlendes Lächeln.
    Â»Wohl den Schirm vergessen, was?«
    Hunter strich sich das Wasser aus den Haaren und von den Jackenärmeln, bevor er das Lächeln erwiderte. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass der Himmel seine Schleusen öffnet.«
    Â»Frühlingsschauer. Dafür sind wir berühmt. Der ist bald wieder vorbei«, erklärte sie, lächelte erneut und reichte ihm ein paar Papiertaschentücher.
    Â»Danke.« Hunter nahm sie entgegen und trocknete sich damit Stirn und Hände ab.
    Â»Ich bin übrigens Rhonda.«
    Sie gaben sich die Hand.
    Â»Robert.«
    Rhonda war Mitte zwanzig mit zu Stacheln frisierten, schwarz gefärbten Haaren. Ihr Gesicht war gespenstisch weiß, und ihr Make-up schrammte haarscharf am Gothic-Look vorbei.
    Â»So …«, sagte sie und fixierte Hunter mit ihren dunklen Augen. »Und was führt Sie in die Bücherei von Healdsburg? Oder vielmehr: Was führt Sie überhaupt nach Healdsburg?«
    Â»Nachforschungen.«
    Â»Nachforschungen? Über unsere Winzer?«
    Â»Nein.« Hunter überlegte kurz. »Ich suche nach einem alten Schuljahrbuch.«
    Â»Nach einem Jahrbuch? Ein ehemaliger Klassenkamerad, was? Welche Schule denn?«
    Hunter war ratlos. »Wie viele gibt es denn hier in Healdsburg?«
    Rhonda lachte. »Sie scheinen ja nicht sonderlich genau zu

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