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Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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sechzig, groß und mager. Zwei winzige weiße Haarbüschel sprossen über seinen Ohren, und eine Brille mit schwarzem Gestell saß hoch oben auf seiner Nase. Sein watteweißer Schnurrbart schien viel zu buschig für sein schmales Gesicht und die dünnen Lippen. Trotz seines Alters machte er den Eindruck, als wüsste er sich zu wehren.
    Â»Sie haben mich kommen hören?«, sagte er im Befehlston.
    Â»So was in der Art«, antwortete Hunter, die Waffe noch immer auf den alten Mann gerichtet.
    Â»Verdammt, entweder ich werde langsam alt, oder Sie haben ein unglaublich gutes Gehör. Und ich habe selten jemanden gesehen, der so schnell zieht.« Er ließ einige Sekunden verstreichen. »Ich bin Tom Cooper. Sie müssen Detective Robert Hunter vom Raub- und Morddezernat aus Los Angeles sein. Ist es okay, wenn ich jetzt die Hände runternehme?«
    Â»Klar, tut mir leid.« Hunter sicherte seine Waffe und steckte sie zurück in das Halfter.
    Â»Aber leichtfüßig sind Sie nicht gerade. Ich habe Sie schon gehört, da waren Sie noch nicht mal halb den Hügel runter.«
    Hunter blickte auf seine erdverkrusteten Stiefel. »Ich wusste nicht, dass das eine Anschleichübung ist.«
    Chief Cooper schmunzelte. »Entschuldigen Sie, Berufskrankheit.« Er streckte ihm die Hand hin.
    Hunter schüttelte sie fest.
    Â»Ich sitze da drüben.« Cooper zeigte auf einen anderen Pfad, der um einige Bäume herum nach links führte. Hunter folgte ihm zu einer zweiten kleinen Lichtung, wo ein Anglerstuhl und ein Korb mit Proviant am Ufer standen. »Nehmen Sie sich Kaffee und Kuchen, wenn Sie mögen. Angeln Sie?«
    Â»Ich habe es als Kind mal versucht.« Hunter schüttelte den Kopf, während er sich aus einer der Thermosflaschen im Korb einen Kaffee eingoss. »Ich war nicht besonders gut.«
    Chief Cooper lachte. »Niemand ist gut, wenn er es nur einmal versucht. Ich angle seit Jahren, und es gibt immer noch eine Menge zu lernen.« Er griff nach einer dünnen Angelrute, nahm ein paar lebende schwarze Sandpierwürmer aus einer Büchse und spießte ihre schleimigen Körper auf den Haken. »Ich bevorzuge lebende Köder, das ist …«
    Â»Netter für die Fische«, beendete Hunter seinen Satz. »Und da Sie ohnehin nicht vorhaben, sie zu essen, geben Sie ihnen wenigstens einen leckeren kleinen Snack als Entschädigung für das Lippenpiercing.« Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee und nickte anerkennend. Er war genauso gut wie der, den er auf der Polizeistation getrunken hatte.
    Der Chief musterte Hunter neugierig, bevor er sich umsah. »Kein Kescher und keine Eimer, um meinen Fang nach Hause zu tragen.« Er nickte. »Sie haben eine gute Beobachtungsgabe, aber sonst wären Sie ja wohl auch kein Detective.« Er warf die Angel aus. »Okay, ich weiß, dass Sie nicht den langen Weg hierher geflogen sind, um was übers Angeln zu lernen oder mit mir zu plaudern. Am Telefon meinten Sie, Sie wollten mit mir über den Fall Harper sprechen?«
    Hunter nickte. »Erinnern Sie sich noch gut daran?«
    Chief Cooper sah Hunter lange an. Als er antwortete, war jeglicher Humor aus seiner Stimme verschwunden. »So ein Verbrechen vergisst man nicht, Detective, ganz egal wie viel man schon gesehen hat. Ich weiß, dass Sie ­zuerst auf dem Revier waren, weil Chief Suarez mich eben angerufen hat. Sie haben die Fotos gesehen, stimmt’s?«
    Hunter schwieg.
    Â»Am Telefon haben Sie nicht viel verraten, aber das war auch gar nicht nötig. Ich würde sagen, es gibt nur einen Grund, weshalb das Morddezernat des LAPD an einer zwanzig Jahre alten Familientragödie aus einer Kleinstadt in­teressiert ist, nämlich dass Sie bei sich da unten einen Fall ­haben, der unserem ähnlich ist.«
    Hunter blickte einen Moment lang auf sein Spiegelbild im Wasser. »Wenn meine Vermutung stimmt, Chief, dann ist er ihm noch viel ähnlicher, als Sie ahnen.«
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    Chief Cooper steckte die Angelrute in die dafür vorgesehene Öse an seinem Stuhl und drehte sich zu Hunter um.
    Â»Als ich heute Morgen aus L. A. losgeflogen bin, war ich in erster Linie am Tatortprotokoll interessiert. Es stehen nur acht Namen drauf.« Hunter zog sein Notizbuch aus der Jackentasche. »Ihrer und die Ihrer beiden Officer, Kimble und Perez. Dann der damalige Sheriff von Sonoma County und seine beiden Deputies Edmunds und Hale. Der

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