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Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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Wendeltreppe in der Ecke und stieg ins Obergeschoss hinauf. Auf der Galerie fand sie Katias Wagenschlüssel in einer Schale auf einer hohen Kommode, auf der zahlreiche Familienfotos standen.
    Myers ging den Flur entlang in Katias Schlafzimmer. Die Wände waren in Rosa und Weiß gehalten, und auf dem tadellos gemachten Doppelbett saßen genügend Stofftiere, um eine ganze Kinderkrippe wochenlang bei Laune zu halten. Myers überprüfte die Kopfkissen. Kein Geruch. In diesem Bett hatte vergangene Nacht niemand gelegen.
    Auf der gepolsterten Bank am Fußende des Bettes lagen zwei Koffer. Beide waren aufgeklappt, aber wie es aussah, hatte Katia keine Gelegenheit gehabt, sie auszupacken. Die Tür zum Balkon war von innen verriegelt. Auch hier gab es keine Einbruchsspuren.
    Als Nächstes nahm sich Myers den begehbaren Kleiderschrank vor. Beim Anblick von Katias Kleider-, Schuh- und Handtaschensammlung verschlug es ihr fast den Atem.
    Â»Wow.« Mit den Fingerspitzen strich sie über ein Kleid von Giambattista Valli. »Eine Traumgarderobe«, murmelte sie. »Geschmack hatte sie.«
    Im angrenzenden Badezimmer merkte sie, dass ein Handtuch vom Handtuchhalter fehlte.
    Myers verließ das Schlafzimmer und betrat den nächsten Raum – Katias Übungsraum. Er war groß, aber spärlich möbliert: eine Stereoanlage auf einem Sideboard aus Holz, mehrere Notenständer, ein Minikühlschrank in der Ecke und an der Wand ein bequemer Sessel. Katias Geigenkasten lag auf einem kleinen Beistelltisch neben der Tür. Ihre kostbare Lorenzo Guadagnini lag darin.
    Leonid hatte ihr gesagt, dass Katia ihre geliebte Guadagnini nie aus den Augen ließ. Wenn sie sie nicht bei sich trug, bewahrte sie sie grundsätzlich, ohne Ausnahme, im Safe auf, der hinter dem großen Porträt von Tschaikowski verborgen war.
    Myers fand das besagte Porträt und überprüfte den Safe. Verschlossen. Trotz ihrer anfänglichen Vermutung, dass Katia lediglich ein paar Tage abgetaucht war, beschlich sie langsam, aber sicher ein ungutes Gefühl.
    Sie ging zurück nach unten und betrat die Küche, die so groß war wie manch eine Stadtwohnung. Oberflächen und Böden waren aus schwarzem Marmor, die Küchengeräte aus Edelstahl. Über der Kochinsel in der Mitte hingen so viele Töpfe und Pfannen, dass dagegen ein mittelgroßes Res­taurant alt ausgesehen hätte.
    Das Erste, was Myers auffiel, war das Handtuch, das im Bad gefehlt hatte. Es lag einige Schritte vom Kühlschrank entfernt auf dem Fußboden. Sie hob es auf und hielt es sich an die Nase – ein süßer, fruchtiger Duft, der mit dem der De­signer-Haarspülung in Katias Badezimmer übereinstimmte.
    Myers sah sich um. Auf dem Tisch stand eine Flasche Weißwein. Keine Gläser. Auch kein Korkenzieher. Aber was ihr wirklich ins Auge stach, was das rote Licht, das am Anrufbeantworter am hinteren Ende des Küchentresens blinkte. Sie ging hin und warf einen Blick auf die Anzeige.
    Sechzig Nachrichten.
    Â»Katia muss eine sehr beliebte Frau sein.«
    Myers drückte auf Play.
    Â»Sie haben sechzig neue Nachrichten«, verkündete eine monotone Frauenstimme. »Nachricht eins.«
    Totenstille.
    Myers runzelte die Stirn.
    Am Ende kam ein Piepsen, und die Maschine sprang zur zweiten Nachricht.
    Stille.
    Zur dritten.
    Stille.
    Und zur vierten.
    Stille.
    Â»Was zum Teufel –?« Myers ließ sich auf einem in der Nähe stehenden Barhocker nieder. Ihr Blick ging zu der großen Uhr, die über der Tür an der Wand hing.
    Eine Nachricht nach der anderen lief ab, und bei keiner hörte sie auch nur das leiseste Geräusch. Nach der vielleicht fünfzehnten oder zwanzigsten Nachricht fiel Myers etwas auf. Sie bekam eine Gänsehaut.
    Â»Das kann nicht sein«, murmelte sie, drückte auf Stopp und sprang zur ersten Nachricht zurück, um sie erneut ­abzuspielen. Ihr Blick kehrte zur Uhr über der Tür zurück, und diesmal wartete sie, bis die neunundfünfzigste Nachricht zu Ende war. Neunundfünfzigmal Schweigen, aber das Muster, das sie entdeckt hatte, verriet ihr, dass auch die­­ses Schweigen seine ganz eigene, finstere Bedeutung hatte.
    Â»Ich glaub das nicht.«
    Die letzte Nachricht hatte angefangen, und als plötzlich völlig unerwartet ein Rauschen aus dem Lautsprecher drang, fuhr Myers vor Schreck zusammen.
    Â»Mein Gott …« Sie presste eine

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