Der Knochendieb
Nun begann das Warten.
»Danny, funktioniert die Überwachungskamera?«
»Einwandfrei, Lieutenant. Wir haben den einzigen Eingang des Ladens deutlich im Visier.«
»Okay. Dann machen wir es uns mal gemütlich. Es könnte eine Weile dauern.«
Wenig später glitt ein anderer Van langsam in eine Parklücke am Voyager-Freizeithafen, direkt gegenüber der Flatbush Avenue, etwa dreihundert Meter vom Parkplatz von Toys R Us entfernt. Mithilfe eines Hochleistungsfernglases musterte dessen Fahrer die Chevy-Limousine, die nahe der westlichen Parkplatz-Ausfahrt stand. Unter dem Chevy hatte sich eine Lache mit Kondenswasser aus der laufenden Klimaanlage gebildet, und direkt neben der Fahrertür lagen etliche Zigarettenkippen. Auf den Vordersitzen saßen zwei Männer mittleren Alters in Anzügen. Vor ihnen auf dem Armaturenbrett standen zwei Kaffeebecher aus Styropor und etwas, das wie eine gefaltete Zeitung aussah. Ein Grinsen zeichnete sich auf der Miene des Mannes im Van ab. »Na dann, fröhliches Warten«, murmelte er.
Im Lauf der nächsten vier Stunden kämpfte das versammelte Polizeipersonal gegen die Langeweile. Um halb zwei Uhr nachmittags drückte Driscoll die Kurzwahltaste an seinem Funkgerät.
»Margaret? Gibt’s irgendwas? Überhaupt irgendetwas?«
»Nichts. Meine weibliche Intuition hat sich wohl einen Aussetzer geleistet.«
»Liz, wie steht’s bei Ihnen?«
»Nichts, abgesehen von schmerzenden Füßen und einer massiven Abneigung gegen Kinderwagen. In der letzten Stunde habe ich vier Kunden gezählt, von denen keiner dem Profil unseres Killers entsprochen hat. Vier Kunden! Wie schafft es dieser Laden, sich über Wasser zu halten?«
»Okay. Das war’s. Der Typ kommt nicht mehr. Margaret, Liz, Luigi, ihr könnt jetzt rauskommen. Die Leute in Wagen eins, zwei und drei können sich etwas zu essen besorgen. Wir treffen uns in einer Stunde in der Einsatzzentrale. Wagen vier, Sie warten noch einen Moment, bis ich mich vergewissert habe, dass alle eine Rückfahrgelegenheit haben.«
»Verstanden«, knisterte es aus dem Funkgerät.
»Danny, ich muss mir die Beine vertreten.« Driscoll zog die Seitentür des Vans auf, stieg aus und sah zu, wie seine drei Detectives den Laden verließen. Er ging zu den müden Cops hinüber. »Wir haben unser Bestes gegeben«, sagte er. »Das Glück war uns wohl heute nicht hold. Luigi, Liz, haben Sie eine Rückfahrmöglichkeit?«
»Wir sind mit Sergeant Aligante gekommen«, antwortete Detective Vittaggio.
»Hier«, sagte Margaret und reichte Luigi ihre Autoschlüssel. »Ich fahre mit Danny und dem Lieutenant im Van zurück.«
Driscoll wollte noch etwas sagen, als er eine vertraute Gestalt vorüberhuschen sah. »Verdammt noch mal, Moira. Was zum Teufel suchst du hier? Ich dachte, ich hätte klar und deutlich gesagt, dass ich dich im Umkreis von hundert Meilen um diesen Laden nicht sehen will. Wie bist du hierhergekommen?«
»Mit dem Bus.«
»Mit dem Bus.« Driscoll wäre fast der Kragen geplatzt. Er wandte sich zu Butler und Vittaggio um. »Sie können gehen. Besorgen Sie sich etwas zu essen und warten Sie im Revier auf mich.« Die beiden Cops drehten sich um und marschierten davon. »Also, junge Lady …«
Das Knistern des Funkgeräts stoppte seine Tirade. Es war Wagen Nummer vier.
»Lieutenant, können wir aufbrechen?«
»Kommen Sie mit dem Wagen hierüber«, bat er.
Als der Wagen vor ihm zum Stehen kam, packte er Moira an den Schultern, zog die hintere Tür der Limousine auf und schob sie hinein.
»Bringen Sie die junge Lady nach Hause«, ordnete er an und nannte ihnen Moiras Adresse.
»Machen wir«, versicherte der Detective, der hinterm Steuer saß.
Driscoll und Margaret sahen dem zivilen Polizeifahrzeug nach.
»Ich könnte ihr den Hals umdrehen. Was, wenn er gekommen wäre und sie sich irgendwie geschnappt hätte?«
»Seien wir dankbar, dass er das nicht getan hat.«
Driscoll schüttelte nachdenklich den Kopf.
»Ich habe Hunger«, sagte Margaret. »Und meine Füße bringen mich um. Lass uns irgendwohin gehen, wo wir im Sitzen einen Happen essen können.«
Die beiden stiegen hinter Danny ein. Als sie aus dem Parkplatz fuhren und nach links abbogen, bemerkte keiner von ihnen den langsam fahrenden Van, der sich hinter Wagen Nummer vier eingeordnet hatte.
60. KAPITEL
Stunden nach dem fehlgeschlagenen Versuch, den Killer bei Toys R Us zu fassen, kam Driscoll ein beängstigender Gedanke. Was, wenn der Mörder Moira über ihren Computer ausfindig machen konnte?
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