Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
... Pammy? Warum, um alles auf der Welt? Ein dreijähriges Kind!« Wütend wischte sie sich mit dem Rücken der heilen Hand die Tränen aus den Augen.
    »Vielleicht will er ihr nichts tun. Und hat deshalb nur Sie in die Kirche geschafft.«
    »Nein«, versetzte sie aufgebracht. »Sie ist ihm völlig egal. Der ist krank! Ich hab' gesehen, wie er sie angeguckt hat. Ich bringe ihn um. Ich bring' ihn um, verflucht noch mal.« Wieder wurde sie von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt.
    Sachs zuckte vor Schmerz zusammen. Sie hatte unbewußt mit dem Nagel an einer verbrannten Fingerspitze gezupft. Sie holte ihr Notizbuch heraus. »Können Sie mir sagen, was passiert ist?«
    Carole berichtete ihr, immer wieder von Weinkrämpfen und Hustenanfällen unterbrochen, von ihrer Entführung.
    »Möchten Sie, daß ich jemanden anrufe?« fragte Sachs. »Ihren Mann vielleicht?«
    Carole antwortete nicht. Sie zog die Knie bis unter das Kinn an, schlang die Arme um die Beine und atmete rasselnd.
    Sachs drückte mit der versengten Hand den Oberarm der Frau und wiederholte die Frage.
    »Mein Mann ...« Mit einem unheimlichen Blick starrte sie Sachs an. »Mein Mann ist tot.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    Carole, der man ein Beruhigungsmittel gegeben hatte, wurde allmählich benommen, und eine Sanitäterin brachte sie in den Rettungswagen, wo sie sich etwas ausruhen konnte. Sachs blickte auf und sah Lon Sellitto und Jerry Banks, die aus der ausgebrannten Kirche auf sie zugerannt kamen.
    »Herrgott, Officer.« Sellitto betrachtete die Spur der Verwüstung auf der Straße. »Was ist mit der Kleinen?«
    Sachs nickte. »Er hat sie noch.«
    »Was fehlt Ihnen?« fragte Banks.
    »Nichts Ernstes.« Sachs blickte zu dem Rettungswagen. »Das Opfer, diese Carole Ganz... sie hat kein Geld und weiß nicht, wo sie bleiben soll. Sie ist hergekommen, um bei der UNO zu arbeiten. Meinen Sie, Sie könnten vielleicht ein bißchen rumtelefonieren, Detective? Zusehen, ob Sie sie eine Zeitlang irgendwo unterbringen können?«
    »Klar«, sagte Sellitto.
    »Und die fingierten Spuren?« fragte Banks. Er zuckte zusammen, als er das Pflaster über seiner rechten Augenbraue berührte.
    »Weg«, sagte Sachs. »Ich habe sie im Keller gesehen. Bin nicht rechtzeitig rangekommen. Verbrannt und verschüttet.«
    »O Mann«, murmelte Banks. »Was wird jetzt aus dem kleinen Mädchen?«
    Was glaubt er denn, was aus ihr wird?
    Sie ging zum Wrack des IRD-Wagens, entdeckte die Kopfhörer und das Funkgerät. Sie setzte sie auf, wollte sich bei Rhyme melden und nach dem weiteren Vorgehen fragen, zögerte dann aber und schob das Mikrofon weg. Was konnte er ihr schon sagen? Sie blickte zu der Kirche. Wie soll man einen Tatort untersuchen, wenn nichts davon übrig ist?
    Sie stand da, die Hände in die Hüfte gestützt, und starrte auf die schwelende Ruine, als sie ein Geräusch hörte, das sie nicht zu deuten wußte. Ein hohes mechanisches Winseln. Sie achtete nicht weiter darauf, bis sie merkte, daß Lon Sellitto, der gerade Asche von seinem zerknitterten Hemd strich, plötzlich innehielt. »Ich glaub's nicht«, sagte er.
    Sie drehte sich zur Straße um.
    Etwa eine Häuserzeile entfernt stand ein schwarzer Kleinbus. An der Seite war eine hydraulische Hebebühne angebracht, auf der irgend etwas stand. Sie kniff die Augen zusammen. Allem Anschein nach einer dieser Roboter, wie sie das Sprengkommando zum Sicherstellen von Bomben einsetzt. Die Bühne wurde abgesenkt, und der Roboter rollte auf den Gehsteig.
    Dann lachte sie laut heraus.
    Der Apparat drehte sich in ihre Richtung und setzte sich in Bewegung. Der Rollstuhl, rot wie ein kandierter Apfel, erinnerte sie an einen Pontiac Firebird. Es war ein elektrisch betriebenes Gefährt mit kleinen Hinterrädern, einer großen Batterie und einem unter dem Sitz angebrachten Motor.
    Thom ging nebenher, doch Lincoln Rhyme steuerte ihn selbst - durchaus gekonnt, wie sie spöttisch feststellte - mit Hilfe eines Strohhalms, den er im Mund stecken hatte. Seine Bewegungen wirkten seltsam anmutig. Rhyme fuhr zu ihr und hielt an.
    »Na schön, ich habe gelogen«, sagte er kurz und bündig.
    Sie atmete tief aus. »Von wegen Ihrem Rücken? Als Sie behauptet haben, Sie könnten nicht in einem Rollstuhl sitzen?«
    »Ich gestehe ja, daß ich gelogen habe. Sie werden bestimmt wieder sauer, Amelia. Also seien Sie sauer, damit wir's hinter uns bringen.«
    »Ist Ihnen schon mal aufgefallen, daß Sie mich immer Sachs nennen, wenn Sie guter Laune sind, und

Weitere Kostenlose Bücher