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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Hals-, Nasen-, Ohrenarzt in einer Klinik in Brooklyn begleitet. Die Erde hatte ihrem Rachen ziemlich zugesetzt. Rhyme hatte ebenfalls einen Leibwächter, einen uniformierten Polizisten vom Zwanzigsten Revier, der vor dem Haus Posten bezogen hatte - ein freundlicher Cop, den Rhyme seit vielen Jahren kannte und mit dem er sich endlos darüber streiten konnte, ob bei der Whiskey- oder Whiskybrennerei irischem oder schottischem Torf der Vorzug zu geben sei.
    Rhyme war bester Laune. Er rief über die Gegensprechanlage unten an. »Ich erwarte in zwei Stunden einen Arzt. Sie können ihn durchlassen.«
    Ginge in Ordnung, sagte der Cop.
    Dr. Berger hatte Rhyme versichert, daß er heute pünktlich kommen werde.
    Rhyme ließ sich in das Kissen sinken, und mit einemmal bemerkte er, daß er nicht ganz alleine war. Die Falken liefen am Fenstersims auf und ab. Aufgeregt, obwohl sie ansonsten selten eine Gemütsregung zeigten. Ein weiteres Tiefdruckgebiet war im Anzug. Draußen vor dem Fenster regte sich kein Lüftchen, doch er vertraute den Vögeln - sie waren zuverlässiger als jedes Barometer.
    Er warf einen Blick auf die Wanduhr. Elf Uhr vormittags. Hier lag er nun, genau wie vor zwei Tagen, und wartete auf Dr. Berger. So war das Leben, dachte er: Ständig wurde irgend etwas aufgeschoben und hinausgezögert, aber letztendlich, mit Geduld und ein bißchen Glück, erreichte man das, was man wollte.
    Er sah zwanzig Minuten lang fern, da er wissen wollte, was über die Entführungen berichtet wurde. Doch sämtliche Sender brachten Sonderbeiträge über den ersten Tag der UN-Konferenz. Rhyme fand es langweilig und suchte weiter, bis er auf eine Wiederholung von Matlock stieß, schaltete zurück zu einer hinreißend aussehenden CNN-Reporterin, die vor dem UN-Gebäude stand.
    Das Telefon klingelte, und er mußte erst mühsam die ganzen Befehle eingeben, ehe er sich melden konnte. »Hallo.«
    Kurzes Schweigen, dann eine Männerstimme. »Lincoln?«
    »Ja?«
    »Jim Polling hier. Wie geht's?«
    Rhyme wurde auf einmal klar, daß er den Captain seit den frühen Morgenstunden des vorigen Tages nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, von der Pressekonferenz im Fernsehen gestern abend einmal abgesehen, wo er dem Bürgermeister und Chief Wilson ständig Stichwörter zugeflüstert hatte.
    »Ganz gut. Irgend etwas Neues von unserem Unbekannten?« fragte Rhyme.
    »Noch nicht. Aber wir kriegen ihn schon noch.« Er stockte. »Ah, sind Sie allein?«
    »Jawohl.«
    Eine längere Pause.
    »Kann ich kurz vorbeikommen?«
    »Klar.«
    »In einer halben Stunde?«
    »Ich bin zu Hause«, erwiderte Rhyme leutselig.
    Er ließ den Kopf in das flauschige Kissen sinken. Sein Blick fiel auf die verschnürte Wäscheleine, die neben dem Täterprofil an der Wand hing. Der Knoten war nach wie vor ein Rätsel. Bevor dieser Fall abgeschlossen wurde, wollte er unter allen Umständen herausfinden, was für ein Knoten das war. Dann fiel ihm ein, daß Polling Sportangler war. Vielleicht kannte er diesen -
    Polling. Rhyme dachte nach.
    James Polling ...
    Schon komisch, daß der Captain auf Rhymes Mitwirken bestanden hatte. Daß er sich so für ihn eingesetzt hatte statt für Peretti, auf den seine Wahl schon aus karrieretaktischen Gründen hätte fallen müssen. Und er mußte auch wieder daran denken, wie Polling Dellray gegenüber die Beherrschung verloren hatte, als der FBI-Agent die Ermittlungen kurzerhand an sich gerissen hatte.
    Wenn man's genau bedachte, war es ohnehin unverständlich, daß Polling sich auf diesen Fall eingelassen hatte. Mit jemandem wie Nummer 238 wollte man eigentlich nichts zu schaffen haben, jedenfalls nicht aus freien Stücken - selbst wenn man auf aufsehenerregende Fälle aus war, bei denen man sich auszeichnen konnte. Viel zu groß war das Risiko, daß etwas schiefging, daß man ein Opfer verlor und einen die Presse - und auch die Vorgesetzten - unter Beschuß nahmen.
    Polling ... Rhyme entsann sich, wie er in sein Schlafzimmer gestürmt war, sich erkundigt hatte, wie sie vorankamen, und wieder gegangen war.
    Sicher, er mußte dem Bürgermeister und dem Chef Bericht erstatten. Aber möglicherweise - der Gedanke kam völlig unverhofft - gab er auch noch jemand anderem Auskunft.
    Jemandem, der über den Stand der Ermittlungen auf dem laufenden bleiben wollte. Dem Unbekannten?
    Aber wieso, in drei Teufels Namen, sollte Polling etwas mit Nummer 238 zu tun haben? Das war doch -
    Und dann kam es ihm.
    Könnte Polling der Unbekannte sein?
    Natürlich nicht.

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