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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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bei Bewußtsein und in Anbetracht der Umstände erstaunlich ruhig.
    Sachs ging noch einmal zurück zu den Pforten der Hölle und blickte in die stockdunkle Einfahrt hinab. Sie schaltete das Funkgerät ein und setzte sich mit Lincoln Rhyme in Verbindung. Diesmal meldete er sich.
    »Wie sieht's am Tatort aus?« fragte Rhyme seelenruhig.
    »Wir haben sie rausgeholt«, antwortete sie kurz angebunden. »Falls Sie das interessiert.«
    »Ah, gut. Wie geht es ihr?«
    »Nicht gut.«
    »Aber sie ist am Leben, stimmt's?«
    »Mit knapper Not.«
    »Sie sind wegen der Ratten außer sich, nicht wahr, Amelia?«
    Sie antwortete nicht.
    »Weil ich sie nicht sofort von Bos Männern habe befreien lassen. Sind Sie noch dran, Amelia?«
    »Ja.«
    »Es gibt allerhand Störfaktoren an einem Tatort«, erklärte er. Sie bemerkte, daß er wieder den tiefen, verführerischen Ton anschlug. »Das Wetter, die Angehörigen des Opfers, der Verdächtige, Andenkenjäger. Der letzte ist am schlimmsten. Raten Sie mal.« »Verraten Sie's mir.«
    »Andere Polizisten. Wenn ich die Leute vom Einsatzkommando reingelassen hätte, wären sämtliche Spuren vernichtet worden. Sie wissen jetzt, wie man sich am Tatort verhält. Und ich wette, daß Sie nichts zerstört haben.«
    Sachs mußte es loswerden. »Ich weiß nicht, ob sie jemals darüber wegkommt. Die Ratten haben sie angefallen.«
    »Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Das entspricht ihrer Natur.«
    Ihrer Natur...
    »Aber auf zehn Minuten hin oder her kam es in diesem Fall nicht an. Sie -«
    Klick.
    Sie schaltete das Funkgerät ab und ging zu Walsh, dem Notarzt.
    »Ich würde sie gern vernehmen. Oder ist sie schon zu weggetreten?«
    »Noch nicht. Wir haben sie lokal betäubt - um die Schnittwunden und die Bisse zu nähen. In etwa einer halben Stunde werden wir ihr etwas Demerol geben.«
    Sachs ging neben ihr in die Hocke und lächelte sie an. »Hallo, wie geht's Ihnen?«
    Die junge Frau - dick, aber sehr hübsch - nickte.
    »Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    »Ja, bitte. Ich möchte, daß Sie ihn schnappen.«
    Sellitto traf ein und drängte sich zu ihnen durch. Lächelnd blickte er auf die Frau, die ihn mit ausdrucksloser Miene anschaute. Er zückte seine Dienstmarke, die sie nicht beachtete, und stellte sich vor.
    »Alles in Ordnung, Miss?«
    Sie zuckte die Achseln.
    Sellitto, der in der drückenden Hitze heftig schwitzte, winkte Sachs mit einer Kopfbewegung beiseite. »Ist Polling dagewesen?«
    »Hab' ihn nicht gesehen. Vielleicht ist er bei Rhyme.«
    »Nein, dort hab' ich gerade angerufen. Er soll sofort ins Rathaus kommen.« »Worum geht es?«
    Sellitto senkte die Stimme und verzog das Gesicht. »Murks ist gelaufen - angeblich soll unser Funkverkehr sicher sein. Aber diese Scheißreporter - irgendeiner hat einen Kasten, mit dem er unseren Zerhacker knacken kann, oder so was Ähnliches. Sie haben mitbekommen, daß wir nicht sofort zu ihr vorgedrungen sind.« Er deutete mit dem Kopf auf die junge Frau.
    »Tja, stimmt ja auch«, sagte Sachs barsch. »Rhyme hat dem Einsatzkommando befohlen zu warten, bis ich da bin.«
    Der Detective zuckte zusammen. »Mann, ich kann bloß hoffen, daß die das nicht auf Band haben. Wir brauchen Polling zur Schadensbegrenzung.« Wieder nickte er zu der Frau hin. »Haben Sie sie schon vernommen? «
    »Nein. Wollte gerade anfangen.« Widerwillig schaltete Sachs das Funkgerät ein und hörte sofort Rhymes drängende Stimme.
    »... Sie dran? Das verdammte Ding will nicht -«
    »Hier bin ich«, sagte Sachs ruhig.
    »Was ist passiert?«
    »Eine Störung, nehme ich an. Ich bin beim Opfer.«
    Die junge Frau blinzelte fragend, wußte offenbar nicht, mit wem sich die Polizistin unterhielt. Sachs lächelte. »Ich führe keine Selbstgespräche.« Sie deutete auf das kleine Mikrofon. »Die Zentrale. Wie heißen Sie?«
    »Monelle. Monelle Gerger.« Sie blickte auf ihren zerbissenen Arm, zog einen Verband weg und betrachtete die Wunde.
    »Vernehmen Sie sie so schnell wie möglich«, sagte Rhyme. »Und danach suchen Sie den Tatort ab.«
    Sachs deckte mit der Hand das Mikrofon ab und flüsterte Sellitto zu: »Für den Mann zu arbeiten kann einem gewaltig auf den Geist gehen, Sir.«
    »Lassen Sie ihm seinen Willen, Officer.«
    »Amelia!« rief Rhyme. »Melden Sie sich!«
    »Wir vernehmen sie, in Ordnung?« fuhr sie ihn an.
    »Können Sie uns sagen, was vorgefallen ist?« fragte Sellitto.
    Monelle fing an zu reden, erzählte zusammenhanglos, wie sie in den Waschraum des Wohnheims im

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