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Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Titel: Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bass Jon Jefferson
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ohne weiteres auch in Los Angeles oder Tucson stehen könnte. Bei einem frühen Abendessen im Hotelrestaurant erläuterte Gibson mir die Einzelheiten des Falles.
    Der Versicherte, ein US-Amerikaner namens Madison Rutherford, war ein 34-jähriger Finanzberater aus Connecticut. Zusammen mit seiner Frau Rhynie besaß er in der Nähe von Danbury ein Farmhaus aus der Kolonialzeit mit mehr als zwei Hektar Grund. Ihr bewaldetes Anwesen teilten sie sich mit einem ganzen Zoo von Hunden, Katzen und Hühnern. Rhynie war die einzige Begünstigte seiner Lebensversicherung.
    Im Rahmen meiner Arbeit werde ich häufig daran erinnert, welch unterschiedlicher Wert dem Leben - und dem Tod - eines Menschen beigemessen wird. Manche Menschen findet der Sensenmann so arm, so einsam und mittellos vor, dass die Leiche herrenlos im Leichenschauhaus liegen bleibt, bis ein medizinischer Sachverständiger oder Gerichtsbeamter sie in einem Armengrab bestatten lässt. Andere sind mit liebenden Angehörigen, gesellschaftlichem Ansehen oder einer guten Versicherung gesegnet und hinterlassen Ruhm, Geld und eine trauernde Familie. Als mich das letzte Mal jemand danach fragte, wusste ich nicht einmal mehr, ob ich eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte; erst meine Frau Carol erinnerte mich daran, dass ich eine besaß. Aber sie lautet nur auf eine bescheidene Summe; im toten Zustand bin ich nicht viel wert, und mit Sicherheit lohnt es sich nicht, mich umzubringen.
    Madison Rutherford dagegen war als toter Mann ein Vermögen wert: volle sieben Millionen Dollar - vier Millionen von Kemper Life, weitere drei Millionen durch ein anderes Versicherungsunternehmen namens CNA. Manch einer hätte es sicher lohnend gefunden, ihn umzubringen.
    Rutherford war zusammen mit einem Bekannten ungefähr um den 10. Juli in Monterrey eingetroffen. Den Berichten zufolge waren sie zu einem Hundezüchter in Reynosa unterwegs, einer Stadt, die etwa 150 Kilometer weiter östlich liegt. Dort wollte Rutherford einen exotischen brasilianischen Hund kaufen, eine Mastiff-Unterrasse namens Fila. In Monterrey kaufte Rutherford ein Fahrrad - nach seinen Worten ein Geschenk für den Hundezüchter - und lud es in den Wagen.
    Am Abend des 11. Juli ließ Rutherford den Freund in ihrem gemeinsamen Hotel zurück - demselben Sheraton, in dem Gibson und ich jetzt wohnten - und machte sich auf den Weg nach Reynosa. Am frühen Morgen des 12. Juli, auf dem Rückweg nach Monterrey, kam der gemietete Suburban von der Autobahn ab, prallte gegen eine Begrenzung und ging in Flammen auf. Polizei und Feuerwehr waren schnell zur Stelle, standen den heftigen Flammen aber machtlos gegenüber. Als das Feuer schließlich erlosch, blickten sie in den Wagen, aber dort fanden sie nichts - und niemanden.
    Noch am gleichen Vormittag nahm die Polizei Kontakt mit der Autovermietung auf. Die wiederum rief Rutherfords Freund an, einen pensionierten Polizisten aus Connecticut namens Thomas Pietrini. Dieser bestand darauf, den Mitarbeiter der Vermietungsfirma zu dem Polizeigelände in Guadalupe zu begleiten, wo man den ausgebrannten Suburban abgestellt hatte.
    Als sie dort waren, warf Pietrini einen Blick in den Passagierraum, stocherte in den verkohlten Resten auf dem Bodenblech und fand schließlich eine geschwärzte Armbanduhr. Sie trug auf der Rückseite eine rußige Inschrift: Für Madison - in Liebe, Rhynie . Die weitere Suche förderte einen medizinischen Notfallanhänger zum Vorschein; darauf stand, der Träger, Madison Rutherford, sei allergisch gegen Penicillin. Außerdem entdeckte Pietrini auch Knochen - oder genauer gesagt, Bruchstücke verbrannter Knochen. Ich fragte mich, ob ich in dem Auto überhaupt noch irgendetwas finden würde.
     
     
    Am Montag, einen Tag nach meiner Ankunft, brachte Gibson mich zu dem Polizeigelände in Guadalupe. Ich habe in den letzten 30 Jahren Dutzende von verbrannten Autos untersucht, aber noch nie hatte ich eines gesehen, das vom Feuer so gründlich zerstört worden war. Die Fensterscheiben waren weg. Die Farbe - nach meiner Vermutung ein dunkles Blau - hatte sich vollständig in Blasen abgelöst und nur verrosteten Stahl zurückgelassen. Das Dach war an einer Ecke geschmolzen und in sich zusammengebrochen. Innen war außer Metall so gut wie nichts mehr vorhanden: nur Sitzgestelle und verkohlte Sprungfedern, das rußige Skelett des Autos. Der Anblick des Schadens bestätigte, was ich nach Gibsons Beschreibung der Knochen schon vermutet hatte: Es war ein unglaublich

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