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Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Titel: Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bass Jon Jefferson
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Kollegen zuständig. Es dauerte nicht lange, dann waren sie beantwortet.
    Einer von Grizzles Nachbarn - einer jener besorgten, fürsorglichen Nachbarn, die sich in der Nacht nicht einmal die Mühe gemacht hatten, die Explosion und den Brand zu melden - berichtete den Beamten, Grizzle habe nach dem Kauf des Hauses jemanden eingestellt, der ihm beim Umbau helfen sollte. Dieser Arbeiter, ein Mann namens Stephen Leon Williams, sei zu Grizzle gezogen und habe auch seine Freundin mitgebracht.
    Wie Grizzles Vater den Polizisten mitteilte, hatte der Tote viel Geld auf der Bank: rund 30 000 Dollar auf dem Girokonto und weitere 9000 auf dem Sparbuch. Offensichtlich hatte er den Fehler begangen, Williams davon zu erzählen, denn den Behauptungen des Staatsanwalts zufolge hatte der Arbeiter an den Tagen, nachdem Grizzle verschwunden war, dessen Unterschrift auf Schecks für dieses Konto gefälscht.
    Als wäre der ganze Fall noch nicht bizarr genug, kam eines Abends kurz nach der Entdeckung der übel zugerichteten Leiche noch eine weitere eigenartige Wendung ans Licht: Anthony Layne Flynn, ein Bekannter von Williams, saß in Kingsport in einer Kneipe namens Ralph’s Bar. Nachdem etliche Glas Bier seine Zunge gelockert und sein Urteilsvermögen beeinträchtigt hatten, erzählte Flynn seinen erstaunten Thekenkumpanen, Williams habe ihn um Hilfe gebeten: Er sollte seinen Dobermann zu Grizzles Haus bringen, damit er die Leiche auffraß. Aber entweder hatte der Hund nicht genügend Hunger oder die Leiche war noch nicht stark genug verwest: Jedenfalls rührte er sie nicht an.
    Dann war Williams auf die Idee gekommen, es mit Dynamit zu versuchen. Aber die Explosion zerstückelte den Körper nicht, sondern zerriss ihn nur in zwei Teile. Als letzte Rettung verschüttete er nun überall im Haus Benzin und setzte es in Brand. Als die Flammen in den nächtlichen Himmel schlugen, glaubte er sicher, er habe seine Spuren vollständig verwischt und alle Indizien für das von ihm angerichtete Blutbad vernichtet. In Wirklichkeit jedoch weckte das Feuer erst die Aufmerksamkeit. Wie ein Leuchtturm sandte es seine Strahlen durch den dunklen Wald und verbreitete eine eindeutige Nachricht: Tatort - bitte sorgfältig untersuchen .
     
     
    Im Oktober 1981 wurde Stephen Leon Williams des Mordes an James Grizzle für schuldig befunden. Sein Mitangeklagter Anthony Layne Flynn, der Besitzer des wählerischen Dobermanns, wurde freigesprochen und entlassen.
    Da Williams die Leiche von Grizzle auf so schockierende Weise geschändet hatte, wurde er zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt. Die Hinrichtung wurde für den 16. April 1982 angesetzt. Prompt legten seine Anwälte Berufung gegen die Todesstrafe ein. Eine Reihe von Berufungsverfahren und dann das landesweite Moratorium für Hinrichtungen verzögerten Jahr für Jahr den Vollzug der Strafe.
    Im Jahr 1999 strengte Williams vom Gefängnis aus einen Prozess gegen mich an. Die Klageschrift benannte noch mehrere weitere Beklagte: die Ermittler, eine Fernsehproduktionsfirma und den Fernsehsender Discovery Channel, der den Fall Grizzle in einem Dokumentarfilm über forensische Wissenschaft behandelt hatte. Ich fand es erstaunlich, dass unser Rechtssystem so etwas zulässt: Ein überführter Mörder verklagt lange nach seinem eigenen Prozess die Personen, die den von ihm begangenen Mord aufgedeckt und darüber berichtet haben. Glücklicherweise zog Williams die Klage gegen mich freiwillig zurück.
    Mehr als 20 Jahre nachdem er schuldig befunden wurde, James Grizzle ermordet, zerlegt, in die Luft gesprengt und verbrannt zu haben, ist Williams in einem Gefängnis in Tennessee immer noch am Leben und wohlauf. Den Tatort hat der Wald von Tennessee längst zurückerobert. Irgendwo an einer steilen Böschung über einem Streifen aus grünem Wasser ernährt eine immer tiefer werdende Schicht aus Laub und Erde eine wachsende Ansiedlung von Kräutern, Ranken und jungen Bäumen. Darunter, den Blicken zunehmend entzogen, liegen eine geschwärzte Betonplatte und ein Haufen Backsteine. Hier haben Tatortermittler aus dem wirklichen Leben einst die Asche durchgesiebt und die Wahrheit ans Licht geholt.

7
    Ein halber Hektar für die Toten: Die Body Farm entsteht
    Wenn das Opfer bereits seit längerer Zeit tot ist, sind Kopf und Gesicht angeschwollen, Haut und Haare haben sich gelöst, Lippen und Mund stehen offen, die Augen treten hervor, und Maden fressen an ihm.
    Sung Tz’u, Vom Hinwegwaschen des Ungerechten,

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