Der Knochenmann
man nie wieder ein Wort über den Milo gehört.»
«Weg vom Fenster.»
«Aber so was von weg. Vom Fenster. Jahrelang nichts mehr gehört. Ich habe ihn vollkommen vergessen gehabt. Weil so ist es im Fußball. Wenn du heute berühmt bist, jubeln dir alle zu. Aber wenn du weg bist, bist du so was von weg.»
«Aber dann ist er Ihnen doch wieder eingefallen.»
«Dann ist uns letztes Jahr unser Tormann weggekauft worden. Der Kaupp, der ist jetzt bei Sturm Graz dritter Tormann. Jetzt ist mir der Milovanovic wieder eingefallen. Habe ich mir gedacht, der könnte doch jetzt wieder gesund sein. Also zumindest gesund genug für Klöch. Und weil ich jede Woche hinunterfahre, habe ich natürlich meine Verbindungen. Habe ich ihn bald gefunden, den Milo.»
«Und wo ist er gewesen?»
«Ja, wo wird er schon gewesen sein. Auf der Baustelle natürlich. Der hat angefangen, Haus bauen, wie er noch gut verdient hat als Profi. Jetzt hat er es selber fertig bauen müssen.»
«Und hat er sich leicht überreden lassen?»
«Nicht leicht. Aber natürlich –», der Chauffeur hat genüßlich Daumen und Zeigefinger aneinander gerieben. «Da hat er nicht nein sagen können.»
Wenn man den Ferdl so gesehen hat, hätte man glauben können, sie blättern dem Milo jeden Monat hunderttausend hin.
«Gar so viel werden Sie ihm ja nicht zahlen bei Klöch», sagt der Brenner, obwohl er es ja vom Milo genau gewußt hat: zweitausend Schilling Fixum. Im Monat.
«Uh, der kriegt gut gezahlt. Für einen Jugo. Sind ja Devisen, der kann das alles in sein Haus hineinstecken.»
«Aber immerhin muß er nebenbei beim Löschenkohl arbeiten.»
«Ja, eben. Da verdient er noch zusätzlich Devisen beim Löschenkohl.»
«Ja, so gesehen. Er verdient beim Verein was. Und dann verdient er noch beim Löschenkohl. Und beim Löschenkohl wird er auch nicht so schlecht verdienen.»
Löschenkohl. Löschenkohl. Löschenkohl. Eines muß man dem Brenner lassen, er hat es vielleicht ein bißchen umständlicher gemacht als ein anderer. Aber er hat den Ferdl schön langsam dahin gebracht, wo er ihn hat haben wollen. Und jetzt sagt er: «Der junge Löschenkohl hat ja auch seine Finger im Verein.»
«Gehabt.»
Pause.
«Gehabt!» sagt der Fahrer noch einmal. «Weil der hat nichts mehr zu reden im Verein.»
«Wegen der Bestechung vom Ortovic?»
Der Ferdl hat jetzt eine Zeitlang nichts gesagt. Aber er hat nur geschwiegen, weil man vor einem traurigen Thema ein bißchen schweigt. Und dann hat er gesagt: «Der junge Löschenkohl hat unserem Verein sehr geschadet. Aber trotzdem. Ich bin ihm nicht böse. Weil er mir leid tut.»
«Wieso tut er Ihnen leid?»
«Kennen Sie ihn nicht?»
«Nur vom Sehen.»
«Er ist ein armer Hund. Besticht er als Vereinspräsident den Feldbacher Stürmer. So was muß man sich einmal vorstellen. Das hat es in der Unterliga überhaupt noch nie gegeben. In der ganzen Geschichte noch nicht.»
«Und der Stürmer ist schnurstracks zur Zeitung gegangen?»
«Das ist einmal ein ehrlicher Jugo gewesen.»
«Und der Löschenkohl?»
«Der ist schnurstracks aus dem Verein hinausgeflogen. In hohem Bogen noch dazu. Was hätten wir sonst machen sollen?»
«Aber zugegeben hat er es nicht.»
«Gibt doch nie einer was zu. Aber es ist eindeutig gewesen. Ich habe den Ortovic ja persönlich gekannt. Und ich muß sagen, schade um den netten Kerl. Und ein guter Stürmer. Und natürlich Frauenliebling, weil der Orto, das ist ein fescher Bursch gewesen, nicht groß, aber ein schwarzer Teufel und Kraft wie ein Stier.»
Der Ferdl hat einen richtig genießerischen Ausdruck im Gesicht bekommen, wie er den Ortovic beschrieben hat. Aber nicht daß du auf falsche Gedanken kommst, weil das stimmt schon: Bei einem Sporttrainer, das hört man ja öfter einmal, daß die sich mit den kleinen Buben nicht nur aus sportlichem Interesse beschäftigen. Sondern auch aus einem gewissen ding heraus.
Aber der Ferdl niemals, da lege ich meine Hand ins Feuer. Weil der ist selber der größte Weiberheld gewesen, und ich muß ehrlich sagen, wie er den Ortovic beschrieben hat, da hat er sich selber auch ein bißchen darin gesehen. Und so gesehen ist es jetzt wirklich aus ehrlichem Herzen gewesen, wie er noch einmal gesagt hat: «Wirklich schade um den feschen Kerl.»
«Und da haben Sie den jungen Löschenkohl nur auf die Aussage vom Ortovic hin aus dem Verein geworfen?»
«Wir haben ihn natürlich aus dem Vorstand entfernen müssen. Damit jeder sieht: Das ist nur die Spitze vom, vom, vom
Weitere Kostenlose Bücher