Der Knochenmönch
geschafft hatten, wie auch immer. Es hatte für ihn zudem keinen Sinn, nach Erklärungen zu forschen, Verginius war erwacht, die dämonischen Freunde aus alter Zeit hatten Wort gehalten und bis zu dem Augenblick gewartet, wo der Erfolg garantiert war. Auch durch die Hilfe von Männern wie Alberti und Wallraven, denn sie hatten den richtigen Zeitpunkt ausgesucht.
»Siehst du ihn?« wisperte Wallraven.
»Und ob.«
»Was sagst du?«
»Nichts, ich kann nichts sagen. Es ist phänomenal. Wir – wir stehen fast am Ziel unserer Wünsche.«
»Macht es dir nicht Angst, dieses Monster da als lebendes Wesen zu sehen?«
»Überhaupt nicht.«
Wallraven stöhnte auf. »Verdammt, ich fange an zu zittern, wenn ich daran denke, daß es keinen Weg zurück gibt. Er wird uns alle mit hineinziehen, Alberti.«
»Das wollten wir doch. Wenn Verginius endlich auf dem Thron sitzt, was ihm ja damals verwehrt wurde, werden wir dafür sorgen, daß sich gewisse Dinge ändern. Wir werden an der Macht teilhaben können, das weißt du so wie ich. Der neue Herrscher wird sich zunächst zurückhalten. Bis die Menschheit merkt, was da passiert ist, vergeht Zeit, die wir nutzen können. Wir sind die Wissenden, wir werden Gerüchte und Informationen gezielt streuen, und so dafür sorgen, daß gewisse Mächte aus dem Gleichgewicht geraten. Die Kirche wird an Ansehen verlieren, die Banken werden nicht mehr mitspielen, wir greifen ein, und…« Er lachte, aber es schallte nicnt, weil die dicken Mauern einen Großteil des Gelächters schluckten. »Ich sehe mich schon auf dem Podest des Siegers stehen, und du bist an meiner Seite, Wallraven. Unser Club wird mächtig, wir werden auch die anderen Freunde davon überzeugen, sich in Geldangelegenheiten so zu verhalten, wie wir es wollen, und dann trennt uns nichts mehr von der absoluten Macht.«
»Was ist, wenn die Menschheit erfährt, wer tatsächlich auf dem Thron sitzt?«
»Was soll schon sein? Wir haben abgesahnt.«
»Okay, dann laß uns gehen.«
»Nein!« sagte Alberti.
Wallraven glaubte, sich verhört zu haben. Auch der Klang der Stimme hatte ihm nicht gefallen. Dieses eine Wort war so hart ausgesprochen worden, daß es schon endgültig klang. »Willst du denn hier im Verlies bleiben?« zischelte er.
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Was dann?«
»Ich werde zu ihm gehen.« Alberti stöhnte auf. »Ich – ich will ihn anfassen, verstehst du?«
»Du willst was?«
»Halt dich zurück, Wallraven. Ich werde die Tür öffnen und versuchen, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Ich spüre, daß er mich annehmen wird. Es sind seine Augen, die es mir trotz der Leere sagen. Die Hände zittern, er steht unter dem Strom des Lebens. Er will endlich wieder so sein wie früher. Ich bleibe bei ihm. Ich werde nicht mehr von seiner Seite weichen, Wallraven.«
»Das ist doch verrückt.«
»Nein, das ist es nicht. Morgen wären wir sowieso mit ihm losgegangen, das weißt du.«
Wallraven stöhnte auf. Er wußte nicht, wie er es anstellen sollte, seinen Partner zurückzuhalten. Zudem kannte er Alberti. Was dieser sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, führte er auch durch. Er war es auch gewesen, der sich sofort für den Mord an William Cartland ausgesprochen hatte.
Wallraven hatte zugestimmt, aber in diesen Sekunden konnte er den Anwalt verstehen. Cartland hatte den Knochenmönch gesehen. Er hatte daraufhin nicht mehr mitspielen wollen, und Wallraven erging es jetzt ähnlich.
In seinem Magen lag der Druck wie eine mit Säure gefüllte Kapsel.
Immer wieder mußte er aufstoßen, und er spürte den Geschmack in seinem Mund. Er schluckte das Zeug und wischte über seine Augen, als könnte er Alberti nicht mehr zusehen.
Der beschäftigte sich bereits mit dem Schloß der Verliestür. Es bestand nur mehr aus einem verrosteten Außenriegel, der zudem noch festgeklemmt war. Alberti hatte große Mühe, ihn aus seiner alten Lage wegzuschieben. Er schaffte es nicht.
»Der klemmt.«
»Laß uns gehen!«
»Nein!« Alberti drehte sich um. Sein Gesicht lag zwar im Schatten, trotzdem erkannte Wallraven das wilde Feuer des Fanatismus in den Augen seines Partners. »Ich bin hier, und ich bleibe hier am Zentrum der Macht. Das kann ich dir versprechen. Ich will und ich muß ihn einfach berühren. Er ist der Knochenmönch. Er ist etwas Einmaliges, und durch ihn werde auch ich einmalig werden.«
Wallraven versuchte es mit einem Gegenargument. »Du brauchst ein Werkzeug, um die Tür zu öffnen.«
»Das brauche ich
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