Der Knochenmönch
zu renovieren. Wir brauchen neue Leitungen. Ich habe das Gefühl, als hätten die Ratten die alten angefressen.«
»Das kostet Geld, nicht wahr?«
»Zuviel.«
Alberti lächelte milde. »Aus diesem Grunde sind wir hier, mein Lieber. Uns hat mal wieder das schlechte Gewissen geplagt.« Alberti griff in die Tasche. »Wieviel brauchen Sie?«
Der Mönch winkte ab. »Es ist sehr viel.«
»Dollar oder Pfund?«
»Das spielt keine Rolle.«
»Tausend Pfund?«
»Oh – damit wäre uns schon geholfen.«
»Sagen wir zweitausend.« Alberti lächelte, und der Mönch wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Sein Gesicht lief rot an, er schluckte und verschwand in seiner Bude.
Alberti zwinkerte Wallraven zu, bevor er dem Mann folgte. Er setzte sich auf einen alten Stuhl und verzog die Nase wegen des hier herrschenden säuerlichen Geruchs. Dann füllte er den Scheck über die genannte Summe aus, und der Mönch schaute ihm über die Schulter zu. »Das wird uns ein großes Stück weiterhelfen, Signore. Der Allmächtige möge es Ihnen vergelten.«
»Das hat er schon«, erklärte Alberti und reichte dem Mann den Scheck.
»Geben Sie gut auf ihn acht.«
»Wie auf mich selbst.« Die Hände drückten den Scheck in Höhe der Brust gegen die Kutte. »Wollen die Herren noch bleiben oder…«
»Wir schauen uns noch einmal um.«
»Ja, tun Sie das.«
»Ist das Haus denn voll?«
»Nein, es sind noch Plätze frei. Die meisten unserer Gäste schlafen bereits.«
»Dann wollen wir lieber nicht stören«, sagte Alberti und schaute seinen Partner an.
Wallraven spielte gut mit. Er nickte und überließ Alberti die Verabschiedung. Von den frommen Wünschen des Mönchs begleitet, gingen sie wieder nach draußen. Sie wußten, daß der Mann ihnen nicht nachschaute, er hatte mit dem Scheck genug zu tun, und deshalb wandten sie sich sofort scharf nach rechts, um in den Garten zu gelangen, der zu diesem Haus gehörte.
Es war kein normaler Garten, in dem Gemüse und Obst angebaut wurde. Mehr eine Wildnis, und es gab nur wenige Beete, die Früchte trugen. Das alles interessierte die beiden nicht, denn sie wollten nur eine Hintertür erreichen, die praktisch der erste große Schritt auf dem Weg zu ihrem Ziel war.
Es war eine Außentür, die in einen Teil des Kellers führte, der von den Bewohnern und auch den ›Gästen‹ nie betreten wurde. Offiziell gab es den Keller gar nicht, und von den Mönchen hatte sich noch niemand um die niedrige Außentür gekümmert, die mit einem alten und sehr breiten Schloß versehen war. Es war trotz seines Alters kompliziert, und man benötigte unbedingt den dazugehörenden Schlüssel, um es zu öffnen.
Den besaß Alberti.
Gebückt stand er neben der Tür. Wallraven hielt ihm den Rücken frei. Er schaute in den Garten, doch ihm fiel keine unnatürliche Bewegung auf.
Es gab niemanden, der bei diesen Temperaturen zur Nachtzeit unter den Bäumen lustwandelte. Zudem lag die Kellertür ziemlich am Ende des alten Gebäudes. Sie war nicht so schnell zu entdecken, denn in ihrer Nähe wuchs knorriges Buschwerk.
Der Schlüssel kratzte einige Male im Schloß, dann hatte es Alberti geschafft. »Okay, es ist offen.«
»Wunderbar.« Wallraven ging hinter dem kleineren Alberti her und mußte sich entsprechend tiefer bücken. Bereits nach den ersten Schritten nahm sie die andere Welt auf.
Sie war ein düsteres, feuchtes Loch. Eine Welt ohne Licht, ein Kerker schon oberhalb des Kellers, und Alberti mußte die Lampe hervorholen, damit sie überhaupt etwas sehen konnten. Das Mauerwerk bestand aus alten, rohen, unbearbeiteten Steinen, die keinen Mörtel gebraucht hatten, der sie zusammenhielt. Der Boden paßte sich der Decke und dem Mauerwerk an, und beide waren gezwungen, den Kopf einzuziehen.
Dies hier war ein Ort, der bisher nur von wenigen Menschen betreten worden war. Nur die Wissenden kamen her, und davon gab es nicht viele. Alberti und Wallraven kannten sich aus, sie wußten auch, wohin sie zu gehen hatten.
Hätten sie sich nach rechts gewandt, wären sie wieder in das normale Haus gelangt, wenn es dort einen Zugang gegeben hätte. Der aber existierte nicht. Es gab keine Tür, nur das nackte Mauerwerk, und das war verschlossen wie der Mund eines Menschen mit Schweigegelübde.
Die andere Richtung war für sie richtig, und sie ließen sich vom Strahl der Lampe treiben.
Innerhalb des Lichtspeers tanzte der Staub. Spinnweben glänzten hell und silbrig. Wie dichte Netze klebten sie an der Decke. Die Luft war klamm und
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