Der Knochenmönch
sehr steif hingestellt und sah trotzdem aus, als würde er jeden Augenblick zusammenbrechen.
»Warum setzen Sie sich nicht, Wallraven?« fragte ich ihn. »Wir sind nicht hier, um Ihnen den Hals aufzuschneiden.«
Er schaute mich an. Sein Blick war unruhig, aber er tat sich selbst den Gefallen und ließ sich auf einem der Stühle nieder. So steif wie jemand, der sich nur unter großen Schmerzen bewegen kann.
»Willst du reden, John?«
»Okay.« Ich übernahm die Vorstellung. Wallraven wunderte sich nicht einmal darüber, als wir ihm erklärten, woher wir kamen. Ob er unsere Namen schon einmal gehört hatte, war seiner Reaktion nicht anzumerken. Er schaute starr nach vorn und wollte auf keinen Fall unseren Blicken begegnen. Nicht allein mir, auch den anderen war längst klar geworden, daß bei ihm einiges verkehrt gelaufen sein mußte, denn so wie er verhielt sich kein Sieger.
»Es sieht nicht gut für Sie aus, Mr. Wallraven«, begann ich. »Gehen Sie davon aus, daß wir fast alles wissen und Sie nicht grundlos aufsuchen. Es gibt nur noch ein Problem. Wo finden wir Verginius und Ihren Partner Alberti?«
»Ich weiß nicht, wo er ist.«
»Reden Sie doch keinen Unsinn!« fuhr Father Ignatius den Mann an.
»Das müssen Sie einfach wissen. Sie und Alberti waren die treibenden Kräfte. Oder haben Sie nicht darauf hingearbeitet, den Papst zu stürzen? Wenn Sie jetzt verneinen, dann…«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
»Die Ausreden glauben wir Ihnen nicht.«
»Schau dir den Mann an, Bruder«, sagte Driscoll zu Ignatius. »Der ist fertig. Der hat einiges hinter sich.«
Das stimmte. »Wo steckt Alberti?« fragte ich wieder.
Zum erstenmal erhielten wir eine positive Antwort. Die Worte klangen leer und waren nur geflüstert. »Es gibt ihn nicht mehr.«
»Bitte?«
Wallraven verknotete seine Hände ineinander. »Er ist tot. Alberti ist tot.«
»Seit wann?« fragte Suko.
»In der letzten Nacht.«
»Das wissen Sie genau?«
»Ja, ich weiß es.«
»Haben Sie ihn umgebracht?«
»Nein, nicht ich. Wir waren bei ihm. Alberti und ich haben ihn besucht.«
»Wen denn?« wollte ich wissen. »Verginius?«
»Ja, so ist es.« Übergangslos fing er an zu weinen. Er schlug die Hände vor sein Gesicht und flennte wie ein kleines Kind, dem ein Spielzeug weggenommen worden war.
Wir alle wußten nicht recht, wie wir uns verhalten sollten. Wir versuchten, uns auf die geflüsterten Worte zu konzentrieren, die er zwischen seinen Schluchzern ausstieß. »Er geht seinen eigenen Weg. Er braucht uns nicht mehr. Er ist gestorben und lebt trotzdem. Die Hölle hat ihm Kraft gegeben. Er hat Alberti getötet. Sein Weg ist frei.«
»Wohin will er?«
»Auf den Thron.«
Bei dieser Antwort spürten wir alle die Kälte, die uns nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich erfaßt hatte.
»Was meinen Sie damit?« fragte Ignatius. »Will er den Papst töten?«
Wallraven nickte.
»Wann?«
»In der Nacht. Vielleicht schon früher…?«
Wir schauten uns an, und in unseren Augen lag die gleiche Frage. Was machen wir jetzt?
Driscoll schüttelte den Kopf. »Das glaubt uns niemand, wenn wir Alarm schlagen. Was nicht sein kann, das darf auch nicht sein. Nein, Freunde, das können wir uns abschminken. Es hat keinen Sinn, wenn wir jetzt im Vatikan Alarm schlagen. Man wird uns auslachen – oder?« Er schaute Ignatius an, weil er von ihm eine Antwort erwartete.
Der ließ sich auch nicht lange bitten. »Das denke ich auch, Bruder Driscoll. Man wird uns höchstens anhören, aber keine Konsequenzen aus den Berichten ziehen.«
»Dann stehen wir im Regen.«
»Nicht ganz«, sagte Suko. »Die Spur ist Wallraven. Er ist informiert. Er muß demnach auch wissen, wie wir es schaffen können, an diesen Killer heranzukommen. Überlegt doch mal. Wallraven ist jemand, der das Versteck kennt.«
»Stimmt«, sagte ich.
Suko fragte den Mann. »Ist das so? Kennen Sie das Versteck des Verginius?« Wallraven hob die Schultern.
»Verdammt noch mal!« fuhr Driscoll ihn an. »Reden Sie endlich! Sie müssen doch gewußt haben, was Sie und Ihr Freund Alberti da eingeleitet haben. Tun Sie jetzt nicht so, als wären Sie das Opfer.«
»Wir sind es.«
»Warum?«
»Die anderen brauchen uns nicht. Sie – sie haben einen besseren Partner gefunden, den Teufel.«
»Und dem werden wir ein Bein stellen. Ihr Freund ist tot, und Sie waren dabei, als er starb.« Ich beugte mich Wallraven entgegen. »Wie und wo ist es geschehen?«
»In seinem Versteck.«
»Das Sie
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