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Der Koch

Der Koch

Titel: Der Koch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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gekostet, aber er war ein unverzichtbares Hilfsmittel bei seinen kulinarischen Experimenten und seinen Bestrebungen, die Köche des Huwyler zu überflügeln.
    Worum es bei diesem Essen wirklich ging, waren die Zwischengänge: alles bewährte ayurvedische Aphrodisiaka in neuer, gewagter Zubereitung. Anstatt das ganze Püree aus in gezuckerter Milch eingelegten Urd-Linsen portionenweise im Backofen zu trocknen, vermischte er die Hälfte mit Agar-Agar. Beide Hälften strich er auf Silikonmatten, schnitt sie in Streifen. Die Hälfte ohne Agar-Agar trocknete er im Backofen und drehte sie noch warm zu Spiralen. Die andere Hälfte ließ er erkalten und wand die elastischen Blätter in die inzwischen knusprig gewordenen Spiralen.
    Die Mischung aus Safran, Milch und Mandeln servierte er nicht flüssig, sondern verwendete Rahm statt Milch, mixte sie luftig mit Safran, Palmzucker, Mandeln und etwas Sesamöl und tauchte davon je drei gehäufte Kunststofflöffel so lange in flüssigen Stickstoff, bis die Safran-Mandel-Espuma außen gefroren und innen weich waren.
    Er würde sie zusammen mit süßem Safranghee reichen, den er auf dünne, mit Safranfäden belegte Honig-Gel-Streifen strich und rollte. Mit diesen hellgelben Zylindern, durch deren opake Wände dunkelgelb die Safranfäden schimmerten, umstellte er die Sphären.
    Auch der Mischung aus Ghee, Langpfeffer, Kardamom, Zimt und Palmzucker gab er eine neue Struktur: Er mixte stilles Wasser mit Palmzucker, reduzierte die Mischung im Rotationsverdampfer mit den Gewürzen auf die Hälfte, mixte Alginat und Xanthan darunter, ließ die Luftblasen entweichen und formte mit dem Portionenlöffel kleine Kugeln. Diese legte er in eine Mischung aus Wasser und Calciumlactat. In Minuten hatten sie sich in glatte, glänzende Bällchen verwandelt, in die er mit einer Einwegspritze eine kleine Menge erwärmtes Ghee injizierte. Rasch drehte er die Kugeln, damit sich die Einstichstelle wieder schloss. Diese Sphären stellte er bei sechzig Grad warm. Er würde sie zur Nachspeise reichen.
    Zum Tee hatte er drei Sorten Konfekt zubereitet, die alle, natürlich auch wieder in traditioneller Zubereitung, bewährte Aphrodisiaka waren: Aus einem Brei aus Sali-Reis und Milch extrahierte er die Flüssigkeit und vermischte sie mit Kichererbsenmehl und Zucker zu einer dickflüssigen Paste, die er mit Mandeln, Sultaninen, Datteln, gemahlenem Ingwer und Pfeffer zu einem Teig verarbeitete, aus dem er Herzchen ausstach, buk und mit rotem Fondant glasierte.
    Er hatte getrocknete Spargel eingeweicht, sie mit dem Stabmixer püriert und im Rotationsverdampfer die Essenz daraus gewonnen. Diese hatte er mit Ghee und Algin vermischt, und als die Mischung am Eindicken war, hatte er sie zu kleinen Spargeln geformt, deren Spitzen er mit Chlorophyll grün färbte.
    Aus dem gängigsten ayurvedischen Mittel zur Lusterregung, einer einfachen Mischung aus gemahlener Lakritze, Ghee und Honig, hatte er Eislutscher gemacht, indem er sie zu Plätzchen geformt, mit einem Holzspieß versehen, mit Pistaziensplittern dekoriert und tiefgefroren hatte.
    Um zwanzig vor sieben duschte er, zog sich um und öffnete ein weiteres Mal alle Fenster. Nur das Essen sollte nach Essen riechen.
     

5
    Auf dem kurzen Weg von der Tramstation bis zur Theodorstraße 94 wurde Andrea von einem Junkie angebettelt, von einem Dealer angehauen und von einem Autofahrer angemacht. Für den Rückweg würde sie ein Taxi bestellen, auch wenn es früh am Abend war. Und es würde früh sein, das hatte sie sich fest vorgenommen. Gleich beim Betreten seiner Wohnung würde sie sagen, sie wäre beinahe nicht gekommen, so krank fühle sie sich.
    Im Treppenhaus roch es, wie es eben in Mietshäusern riecht um diese Zeit. Nur nicht nach Hackbraten, sondern nach Curry. Im ersten Stock standen zwei Tamilinnen in ihren halboffenen Wohnungstüren und schwatzten. Im dritten wartete ein kleiner Junge auf dem Treppenabsatz und verschwand enttäuscht in der Wohnung, als er Andrea sah.
    Maravan erwartete sie vor seiner Wohnungstür. Er trug ein buntes Hemd und eine dunkle Hose, war frisch rasiert und frisch geduscht, gab ihr seine lange schmale Hand und sagte: »Willkommen in Maravans Curry Palace.«
    Er führte sie herein, nahm ihr den Wein ab und half ihr aus dem Mantel. Überall brannten Kerzen, nur da und dort sorgten ein paar Spots für eine etwas nüchterne Beleuchtung.
    »Die Wohnung erträgt nicht viel Licht«, erklärte er in seinem Schweizerhochdeutsch mit tamilischem

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