Der Koch
Raumspray, weiß der Teufel, wo der einen
Raumspray
herhatte, und ehe Huwyler eingreifen konnte, stank es nicht mehr nach Kotze, sondern nach Fichtennadeln und Kotze.
Und dann, als es Huwyler gelungen war, diejenigen seiner Gäste, die nicht Reißaus genommen hatten, mit einer kleinen Ansprache zu beruhigen - er hatte gesagt, er sei zuversichtlich, dass dem Gast durch den glücklichen, aber für sein Lokal nicht ungewöhnlichen Umstand, dass gleich drei Ärzte anwesend waren, bestimmt eine sehr günstige Prognose gestellt werden könne -, genau dann, als wieder eine Art Normalität eingekehrt war, kam Dalmanns Gast aus der Personalgarderobe zurück. Frisch geduscht und im zu engen und zu kurzen schwarzen Reserveanzug des Sommeliers.
Und bat doch tatsächlich um einen Platz und die Fortsetzung des Menüs! Dies, betonte er laut, sei gewiss im Sinne seines Gastgebers. Was natürlich wieder ein paar Gästen den Appetit verschlug.
Am nächsten Morgen, als Huwyler sich telefonisch bei Schaeffer, Dalmanns Mitarbeiter, der immer die Reservierungen machte, nach dem Befinden seines Chefs erkundigte, antwortete dieser: »Den Umständen entsprechend. Nach einer Notoperation ist der Zustand des Patienten stabil.« Der Mann sprach wie ein medizinisches Bulletin.
Glück im Unglück: Wenn Dalmann im Huwyler gestorben wäre, hätte das dem Geschäft mehr geschadet. Andererseits: Dann hätten die Medien vielleicht darüber berichtet.
14
Erst am Nachmittag des nächsten Tages meldete sich Andrea.
Maravan war dabei, die Mothagam für den Abend herzustellen, als das Telefon klingelte. Sie klang fröhlich, äußerte sich aber nicht über den Erfolg des Experiments. Maravan zügelte seine Neugier und stellte keine Fragen.
Auch als er eine Stunde später ihre Küche aufräumte, überließ er ihr die Regie. Sie sah ihm zu, ein Glas Wasser in der rechten Hand, den Ellbogen in die linke Handfläche gestützt. Sie machte keine Anstalten, ihm beim Aufräumen zu helfen.
»Bist du gar nicht neugierig?«, fragte sie schließlich.
»Doch«, antwortete er nur.
Sie stellte das Glas auf den Küchentisch, packte ihn bei den Schultern und küsste ihn auf die Stirn. »Du bist ein Magier. Es hat funktioniert!«
Er musste sie etwas ungläubig angesehen haben, denn sie wiederholte etwas lauter: »Es hat funktioniert!«
Und als er immer noch nicht reagierte, begann sie zu hüpfen und ihn um seine Achse zu drehen. »Funktioniert, funktioniert, funktioniert!«, sang sie.
Jetzt erst lachte er und tanzte ein paar Schritte mit.
Sie schockierte ihn mit einer Schilderung ihrer Liebesnacht, die zwar nicht ins Detail ging, aber doch mehr verriet, als es das sittliche Empfinden eines gläubigen Hindus erlaubte. Sie gipfelte in der Frage:
»Und weißt du, wann sie gegangen ist?«
Er räusperte sich: »Spät, wenn du so fragst.«
»Um halb drei. Nachmittags! Vierzehn Uhr dreißig.« Sie sah ihn triumphierend an.
»Und wieso denkst du, dass es am Essen lag? Es könnte ja auch an dir gelegen haben.«
Andrea schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Franziska schläft nicht mit Frauen, Maravan. Nie!«
Sie half ihm, das Material in ihren Golf zu laden, und fuhr ihn nach Hause. Für eine knappe halbe Stunde konnte er sich einbilden, ein Teil seines Traums sei wahr geworden: er mit seiner Partnerin Andrea beim Transport der Cateringausrüstung auf dem Weg zurück zum Firmensitz nach einem erfolgreichen Einsatz. Er war froh, dass auch sie ihren Gedanken nachhing und ihn nicht mit Konversation aus seiner Träumerei riss.
Als alles in seiner Wohnung verstaut war, machte sie keine Anstalten zu gehen. Sie standen auf dem kleinen Küchenbalkon, Andrea an das Geländer gelehnt, mit einer Zigarette, deren Rauch sie nicht inhalierte und hastig wieder ausstieß, als wollte sie den Zug rückgängig machen. Es hatte merklich abgekühlt, aber seit ein paar Stunden regnete es nicht mehr. Aus den offenen Fenstern drangen Musik und das Geplauder und Gelächter der tamilischen Nachbarn.
Unten im Innenhof machte ein Dealer mit einem Kunden ein schnelles, stummes Geschäft. Dann verschwanden beide.
»Was ist dein größter Traum?«, fragte Andrea.
»Zurück und Frieden.« »Kein Restaurant?«
»Doch. Aber in Colombo.« »Und bis dann?«
Maravan richtete sich auf und versenkte die Fäuste in den Hosentaschen.
»Ein Restaurant hier.« »Und wie finanzierst du das?«
Er hob die Schultern. »Catering?« Andrea sah zu ihm auf. »Genau.«
Er schien verwundert.
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