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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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doch, dass sie niemanden getötet haben. Dass wir es stattdessen mit einem ganz normalen psychopathischen Serienkiller zu tun
    hätten, der sie einen nach dem anderen ins Jenseits geschickt hat.»
    Resigniert zog Magozzi die Mundwinkel nach unten. «Es waren
    nette Leute, Grace. Ben Schuler war ein einsamer alter Mann, der zu Halloween Zehn-Dollar-Scheine an Straßenjungs verteilte. Du
    müsstest hören, was seine Nachbarn über ihn zu sagen haben. Rose
    Kleber war eine süße alte Oma, die ihre Familie liebte, ihre Katze und ihren Garten. Und Morey Gilbert hat an einem Tag mehr Gutes
    für seine Mitmenschen getan, als ich es in meinem ganzen Leben
    fertig bringen werde. Wenn wir beweisen, dass sie kaltblütige Killer waren, wird all das vergessen sein.»
    Grace seufzte gereizt. «Du weißt so gut wie ich, dass Menschen
    nicht immer so sind, wie sie erscheinen, Magozzi. Außerdem haben
    sie keine Unschuldigen getötet. Die Bösen waren die Nazis.»
    Die Art, wie sie es sagte, überraschte ihn – so geradeheraus,
    pragmatisch, wie eine beiläufige Rechtfertigung der Selbstjustiz. Das warf ein Licht auf den großen Unterschied zwischen ihnen beiden,
    und Magozzi spürte, wie sich Argwohn in sein Herz schleichen
    wollte. «Weißt du, was das Schlimmste an den Bösen ist, Grace?
    Was sie aus den Guten machen.»
    Kurz darauf, als sie gingen, berührte Grace in der Tür Ginos Arm
    und hielt ihn zurück, während Magozzi schon auf dem Weg zum
    Wagen war. «Ich gebe mir Mühe, Gino», sagte sie sehr leise und
    folgte Magozzi mit ihren Blicken.
    Gino war sich nicht hundertprozentig sicher, ob er genau
    verstanden hatte, was sie meinte, aber als sie ihm in die Augen sah, bekam er einen flüchtigen Eindruck dessen, was Magozzi sah – diese gehetzte, schmale, außergewöhnliche Frau, die Wasser trat, so
    schnell sie eben konnte. Das machte ihn sehr traurig.
    Langer rief auf Ginos Handy an, als sie in den Wagen stiegen.
    «Wir haben im Haus von Schuler was gefunden.»

    KAPITEL 33

    Chief Malcherson stand mit Langer und McLaren an dem langen
    Tisch im Raum der Mordkommission, als Gino und Magozzi
    hereinkamen. Gino war hellauf begeistert, dass der Chief jetzt seinen anthrazitfarbenen Zweireiher und dazu eine flammend rote Krawatte trug.
    «Spitze, Chief», jubelte er. «Sie sind extra nach Hause gefahren, um sich in einen Mörderanzug zu werfen. Cool.»
    Malcherson sah ihn an. «Ich bin nicht nach Hause gefahren, um
    ‹mich in einen Mörderanzug zu werfen›. Ich habe den anderen leider mit Kaffee bekleckert.»
    Gino hörte nicht auf zu grinsen, denn das war kompletter
    Blödsinn. Malcherson bekleckerte sich nicht. Niemals. «Wissen Sie, nur wenige Männer können einen grauen Zweiteiler mit dieser
    Krawatte kombinieren, ohne wie ein Tambourmajor auszusehen,
    aber bei Ihnen haut es hin.»
    «Recht herzlichen Dank.» Malcherson trat vom Tisch zurück,
    damit Gino und Magozzi näher kommen konnten. «Langer und
    McLaren haben mich ins Bild gesetzt, worauf Sie mit der Ermittlung hinauswollen. Es sieht so aus, als hätte Langer die Bestätigung
    gefunden, die Sie in Ben Schulers Haus suchten.»
    Magozzi betrachtete die sechzig identischen Fotos von Ben
    Schulers Familie, die auf dem Tisch ausgebreitet lagen. «Die Fotos haben wir gesehen, als wir im Haus waren, sie kamen uns
    befremdlich vor. Jimmy Grimm meinte, es könnte eine Form des
    Andenkens an seine Angehörigen sein, die alle in den Lagern
    gestorben waren. Nur er überlebte.»
    Gino machte ein skeptisches Gesicht. «Ich verstehe nicht, warum
    diese Bilder die Bestätigung dafür sein sollen, dass Schuler und die anderen Nazis getötet haben.»
    Langer nahm ein Bild vom Tisch und öffnete langsam den
    Rahmen, während er sprach. «Ich fand es auch irgendwie
    befremdlich, deshalb habe ich einen der Rahmen geöffnet, einfach
    weil die Leute manchmal etwas in Bilderrahmen verstecken. Dies ist der erste, den ich geöffnet habe.» Er zog das Foto hinter dem
    Pappdeckel hervor und drehte es um. Auf der Rückseite stand in
    klein gekritzelten Buchstaben etwas geschrieben. «Den Namen habe
    ich nicht erkannt, aber Ort und Datum sofort.»
    Magozzi warf einen Blick auf die Schrift. «Mailand, Italien, 17.
    Juli 1992.» Sein Blick huschte zu Langer. «Ist an dem Datum der
    Interpol-Mord in Mailand geschehen?»
    Langer nickte. «Bis jetzt haben wir die Rückseiten von sechs
    weiteren Fotos überprüft, und alle sind nach demselben Muster
    beschriftet: ein Name, ein Ort und ein Datum.

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