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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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gemusterter rosa
    Kopfhaut lassen konnte.
    «Berman und ich sind gerade damit fertig, im gesamten Block
    von Tür zu Tür zu gehen. Wir müssen noch mal wiederkommen und
    ein paar Leute befragen, die nicht da waren, aber die meisten waren daheim. Sonntag und so.»
    «Lassen Sie mich raten», sagte Gino. «Keiner hat was gehört,
    keiner hat was gesehen.»
    Viegs nickte. «Stimmt. Aber… es war irgendwie irre.» Er blickte
    in die Runde, räusperte sich, scharrte mit seinen auf Hochglanz
    polierten Schuhen. «Wir müssen an so ungefähr zwanzig Türen
    geklingelt haben, Privathäuser und Geschäfte… Mann, es war echt
    irre.»
    Magozzi senkte den Blick von Viegs' Kopfhaut zu dessen Augen.
    «Was soll das heißen?»
    Viegs zuckte hilflos mit den Achseln. «Viele Leute fingen zu
    weinen an. Ich meine, wirklich viele. Kaum hatten sie gehört, dass Mr. Gilbert tot war, ging das Geheule los. Männer, Frauen, Kinder…
    es war fürchterlich.»
    Magozzi sah ihn jetzt konzentrierter an. Das wurde langsam
    interessant.
    «Ich kapier das einfach nicht. Ich meine, dies ist doch eine
    Großstadt. Die Hälfte der Leute, die hier wohnen, kennt ihre
    Nachbarn nicht mal von Ansehen. Aber wenn man sieht, was sich da
    draußen abspielt» – Viegs deutete mit einer ruckartigen
    Kopfbewegung zur Straße – «muss man sich schwer wundern.»
    Gino stand auf und blickte über Viegs' Schulter auf die leere
    Auffahrt. «Wovon reden Sie?»
    «Sind Sie vor kurzem auf der Straße gewesen?»
    «Nicht seit unserem Eintreffen.»
    Viegs zeigte mit angewinkeltem Daumen in Richtung Auffahrt.
    «Dann spazieren Sie mal da runter. Sie müssen es mit eigenen Augen sehen.»
    Gino und Magozzi gingen über den Parkplatz, durch die Öffnung
    in der Hecke, wo die Auffahrt verlief, und blieben verblüfft stehen.
    In beide Richtungen war der Gehsteig gedrängt voll mit Menschen
    aller erdenklichen Altersgruppen und Rassen. Manche weinten leise, andere standen ernst und stoisch da, allesamt absolut bewegungslos und absolut stumm. Magozzi spürte, wie sich ihm die Nackenhaare
    sträubten.
    Gino schaute zu, wie weitere Menschen die Straße überquerten
    und sich still unter die Trauernden einreihten. «Mein Gott», flüsterte er. «Wer war denn dieser alte Mann?»
    Ein hoch gewachsener blonder Jugendlicher am Absperrband hob
    immer wieder leicht seine Hand, um ihre Aufmerksamkeit zu
    wecken. Magozzi ging hinüber und beugte sich zu ihm. «Kann ich
    was für dich tun, mein Sohn?»
    «Ähm… sind Sie die Detectives?»
    «Das sind wir.»
    Unter anderen Umständen sah der junge Mann bestimmt gut aus,
    aber jetzt war sein Gesicht fleckig sowie rot und um die Augen
    aufgedunsen. «Ich bin Jeff Montgomery? Und das ist Tim Mason?
    Wir arbeiten hier, und Mr. Pullman hat uns aufgefordert zu Hause zu bleiben, denn Sie würden vielleicht mit uns reden wollen? Aber…
    wir mussten einfach herkommen, verstehen Sie?»
    Magozzi fand, dass sie aussahen wie zwei verirrte Welpen. Er
    hob das Absperrband und forderte sie mit einer Geste auf,
    drunterdurch zu kommen. Dabei musste er die Regung unterdrücken,
    ihre Köpfe zu tätscheln und ihnen zu versichern, dass alles in
    Ordnung kommen würde.

    KAPITEL 7

    Wenn es keine offenkundigen Verdächtigen gab, bestand der erste
    Ermittlungstag in einem Mordfall aus einem hektischen
    Durcheinander von Vernehmungen und Faktenklärung. So vergingen
    die kostbaren Stunden nach einem Mord, und die
    Wahrscheinlichkeit, den Mörder zu finden, sank rapide. Wenn man
    Glück hatte, sah man einen Hoffnungsfunken aufglimmen –
    entdeckte eine winzige Information, die vielleicht in die richtige Richtung deutete. Doch Magozzi und Gino hatten dieses Glück heute nicht gehabt. Seit vierzehn Stunden waren sie an dem Gilbert-Fall dran, und noch gab es keinen Hoffnungsschimmer.
    Magozzi parkte den Wagen auf der Straße neben der City Hall,
    und eine Zeit lang blieben er und Gino im Dunkeln sitzen.
    Weißt du, was dein größtes Problem ist, Leo? Du nimmst jeden
    Mord so verdammt persönlich.
    Es waren diese Sätze seiner geschiedenen Frau, die ihn noch
    heute sprachlos machten und die ihm auch nach all den Jahren nicht aus dem Kopf gingen. Sogar das Geständnis ihrer häufigen Untreue, das sie in der Endphase ablegte, hatte im Laufe der Zeit seine
    niederschmetternde Wirkung verloren, nicht aber jene Worte.
    Damals hatte er zum allerersten Mal die Möglichkeit erwogen, ein
    Mord müsse nicht von jedem persönlich genommen werden, aber
    anfreunden hatte

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