Der Köder
stehen, allein, weinend, die Arme ins Leere
ausgestreckt…
Mann, ich kann euch sagen, das ging einem an die Nieren.»
Magozzi spürte ein Kribbeln im Nacken. «Das ist schon
interessant. Liebt seine Mitmenschen und kehrt seinem Sohn den
Rücken in einer solchen Situation? Und das soll Mister
Menschenfreund gewesen sein?»
Langer sprach leise. «Das ist es ja, Magozzi. Er war wirklich
Mister Menschenfreund, und diese Sache mit Jack bei der
Beerdigung widersprach dem so vollständig, dass man sich fragen
musste…» Er hielt inne und schien nachzudenken.
«Dass man sich fragen musste…», brachte McLaren für ihn den
Satz zu Ende. «Was um Gottes willen hat Jack getan?»
KAPITEL 8
Es war einfach so, dass Magozzi sie gerne ansah, und zuweilen
konnte er nicht damit aufhören.
«Du starrst mich schon wieder so an.»
«Ich kann nichts dafür. Ich bin eben sehr oberflächlich.»
Grace MacBride lächelte, aber nur verhalten. Wenn sie zu einem
breiten Lächeln mit jeder Menge Zähnen in der Lage war, so hatte
Magozzi es bisher noch nicht gesehen. «Ich muss dich um einen
Gefallen bitten.»
«Ja.»
«Einen großen.»
«Das schaffe ich schon.» Selbstverständlich würde er es schaffen.
Er würde alles für Grace MacBride tun, und im Gegenzug erbat er
sich nicht mehr als ein paar jener Abende, an denen sie an ihrem
Küchentisch saßen und Wein tranken und sich über nichts
Besonderes unterhielten, während er ihr schwarzes Haar und ihre
blauen Augen betrachtete und von Dingen träumte, die sich vielleicht ergeben konnten, wenn er nur lange genug die Geduld bewahrte.
«Ich hätte gern, dass du ab und zu mal nach Jackson schaust.»
Oh, das hörte sich nicht gut an. Jackson war ein Pflegekind, das
einen Block entfernt von Grace wohnte, und jemand musste nur dann nach ihm schauen, wenn Grace vorhatte, die Stadt für längere Zeit zu verlassen. Vielleicht hatte er das mit der Geduld übertrieben.
Magozzi beschloss, stark zu sein, stumm zu bleiben und so zu
tun, als mache es ihm nichts aus, aber als er den Mund öffnete, fiel die Wahrheit heraus. «Grace, du darfst nicht wegfahren. Ich habe
doch diesen Verführungsplan am Laufen.»
Wieder das angedeutete Lächeln. «Das soll eine Verführung
sein? Sechs Monate, und du hast noch nicht ein einziges Mal
versucht, mich zu küssen.»
«Es ist eben ein langfristiger Plan. Und außerdem warst du noch
nicht dafür bereit.»
Sie griff über den Tisch und berührte seine Hand. Magozzi
erstarrte. Bis auf einige sehr wenige Ausnahmen berührte Grace,
wenn sie es vermeiden konnte, niemals einen anderen Menschen. Sie ergriff durchaus jemanden bei der Hand und zog ihn irgendwo hin,
wenn sie ihm etwas zeigen wollte, aber eine Berührung nur um der
Berührung willen – das kam selten vor. «Alles ist bereit, Magozzi.
Seit Monaten arbeiten wir daran. Und jetzt gibt es in Arizona etwas für uns zu tun.»
«Um Himmels willen, Grace, niemand fährt im Sommer von
Minnesota nach Arizona. Das ist die falsche Richtung.»
«Fünf Frauen sind im Laufe der letzten drei Jahre aus einer
Kleinstadt verschwunden, und man hat nichts als einen Berg
Papierkram. Es ist eine ideale Situation für unsere neue Software.»
Magozzi spürte, wie plötzlich und unerwartet Ärger in ihm
aufstieg und sein Gesicht sich rötete. Er wandte den Kopf ab, damit sie es nicht sah. Grace MacBride hatte die Hälfte ihres noch kurzen Lebens damit verbracht, vor Mördern davonzulaufen, und was tat
sie, als sie endlich in Sicherheit war? Diese verdammte Närrin suchte verbissen nach einem neuen Mörder und rannte ihm auch noch
entgegen. Sie hatte die bizarre Vorstellung, dass es von
therapeutischem Nutzen war, sich den eigenen Dämonen zu stellen,
was auch einleuchtete, wenn es beispielsweise um Flugangst ging.
Wenn die Dämonen aber bewaffnet, gefährlich und wahrscheinlich
auch noch geisteskrank waren, erschien es hingegen nicht ratsam.
«Dein Nacken ist richtig rot geworden, Magozzi.»
Er drehte sich um und sah sie an. Er hatte große Mühe, mit fester Stimme zu sprechen. «Es gibt für dich absolut keinen Grund, dorthin zu reisen. Dein Programm kann all die Informationen von hier aus
verarbeiten.»
«Magozzi. Die fünf Ermittlungen haben Tausende Seiten Papier
hervorgebracht, und es sind Hunderte von Hinweisen eingegangen.
Jeden Tag kommen neue Informationen dazu, und nichts davon ist
im Computer. Allein die Übertragung würde einen Monat dauern.»
«Dann nimm dir
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