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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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sexuellen Moment hatte
    Magozzi mit Grace noch nie erlebt, und er zerstreute seine
    Frustrationen wie eine explodierende Schrotladung.
    Fast lächelte sie wieder. «Also wirst du ab und zu nach Jackson
    schauen?»
    Noch eine solche Erdbeere, und ich werde ihn adoptieren, dachte er, aber was er sagte, war: «Ich kann kaum glauben, dass du den
    armen mutterlosen Jungen verlassen willst.»
    «Er hat eine sehr nette Pflegemutter. Er sagt, dass er sie immer
    mehr lieb gewinnt, obwohl sie weiß ist.»
    «Der Bengel verehrt dich, Grace. Er ist doch jeden geschlagenen
    Tag hier. Vor Bindungen wie dieser kann man nicht einfach
    davonlaufen…» Und dann hörte er zu sprechen auf, weil er sich
    fragte, ob dies nicht auch der Grund für ihren Entschluss war, mit ihrer Softwarefirma auf Reisen zu gehen. Bindungen waren
    gefährlicher als alles andere, denn sie könnten eines Tages zu
    Vertrauen führen und vielleicht sogar zu Liebe, und in Grace'
    brutaler Vergangenheit waren es Menschen gewesen, die sie liebte
    und denen sie vertraute, die versucht hatten, sie umzubringen.
    «Es geht doch erst in ein paar Tagen los», wollte Grace ihn ohne
    Erdbeere beschwichtigen. «Sie sind heute mit letzten Umbauarbeiten in unserem Wohnmobil fertig geworden, aber Harley und
    Roadrunner müssen noch die gesamte Elektronik einbauen.»
    Magozzi leerte sein Weinglas und griff noch mal nach der
    Flasche. «Ein paar lausige Tage? Grace, so kurzfristig kündigt man selbst ein Arbeitsverhältnis nicht. Es geht zu schnell. Ich könnte die Verführung beschleunigen. Ich habe bisher noch nicht einmal deine Fußknöchel gesehen. Besitzt du überhaupt Fußknöchel?»
    Er senkte den Blick auf ihre hohen englischen Reitstiefel, die sie seit mehr als zehn Jahren jeden Tag getragen hatte, weil es damals einen Mann gegeben hatte, der seinen Opfern die Achillessehnen
    durchtrennte, damit sie nicht davonlaufen konnten. «Ich komme
    doch wieder, Magozzi.»
    «Wann?»
    «Sobald ich die Stiefel ausziehen kann.»

    Harley Davidson wohnte weniger als eine halbe Meile von Grace
    entfernt, und zwar in der einzigen Gegend in den Twin Cities, die er für einen Mann seines Reichtums und seines Geschmacks für
    angemessen erachtete.
    Nirgends war St. Pauls Ehrfurcht vor der Vergangenheit
    offenkundiger als auf der renommierten Summit Avenue, einem
    breiten, von Bäumen gesäumten Boulevard, der sich von den
    Steilufern des Flusses bis an den Rand der Innenstadt hinzog.
    Um die Jahrhundertwende hatten sich Industriebarone, die mit
    Holz, Eisenbahnen und Fabriken reich geworden waren, hier
    niedergelassen und auf den Klippen sowie entlang der Summit
    Avenue imposante Villen errichtet, wobei jeder Neuankömmling
    versucht hatte, den Vorgänger zu übertrumpfen. Ein Jahrhundert
    später waren viele dieser herrschaftlichen Häuser noch unversehrt oder liebevoll restauriert, entweder von Nachkommen, die das
    Vermögen der Familie nicht verschleudert hatten, von der Minnesota Historical Society oder von Neureichen.
    Harley war einer dieser erst vor kurzer Zeit zu Reichtum
    gekommenen Hausbesitzer an der Summit Avenue, und einige seiner
    erzkonservativen Nachbarn betrachteten ihn mit Abscheu. An milden Abenden stapfte er oft durch die Straßen, ein riesiger, muskulöser Mann in Leder und Motorradstiefeln, dessen schwarzer Vollbart und Pferdeschwanz im Rhythmus seiner gewichtigen Schritte hüpften.
    Seine Erscheinung flößte den Anwohnern Furcht ein, und das, bevor sie ihm nahe genug gekommen waren, um seine Tätowierungen zu
    sehen.
    Sein Haus war eine mit Türmchen verzierte Monstrosität aus
    rotem Sandstein, umgeben von einem hohen schmiedeeisernen Zaun
    mit Spitzen, die groß genug waren, um einen Elefantenbullen zu
    durchbohren. Betrat man jedoch das Haus durch die wuchtigen
    Eingangstüren, kam man sich vor wie in einem bayerischen Schloss
    aus einem der Märchen der Brüder Grimm. Tausend Quadratmeter
    vollgestellt mit importierten Kronleuchtern aus Kristall, exquisite antike Möbel, die genauso überdimensioniert waren wie der Mann,
    der sie besaß, und dunkles, handgeschnitztes Holz aus einer
    vergangenen Epoche, das so glänzte wie «die Augen einer
    spanischen Hure». So wenigstens formulierte es Harley, was zudem
    erklärte, warum die Nachbarn an seiner Gegenwart Anstoß nahmen.
    Er besaß eine Musikanlage, die das gesamte Haus beschallte und
    deren Sound einem die Schuhe auszog. Ohne Unterbrechung spielte
    er entweder Hardrock oder Opernmusik, je nachdem, ob er

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