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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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Lieblingsbeschäftigung.» McLaren grinste. «Mann,
    er konnte dich in Grund und Boden reden. Aber es war kein
    oberflächliches Geschwätz, versteht ihr? Ich meine, der Typ hat sich über die irrsten Sachen Gedanken gemacht, und zwar so, wie man es sich selbst nie überlegt hat.»
    «Über was denn?»
    «Ach, unzählige Dinge. Zum Beispiel an dem Tag, als Langer
    und ich zu ihm rüber sind, nachdem der Fall abgeschlossen war.
    Morey fand heraus, dass ich katholisch bin – erinnerst du dich noch, Langer?»
    «Aber klar doch.»
    «Jedenfalls bittet er uns zu sich an den Küchentisch, bietet uns
    ein Bier an und fängt dann an, mir all diese Fragen zu stellen, als wäre ich ein Priester oder ein Gelehrter oder so was…» McLaren
    schüttelte ganz leicht den Kopf und schmunzelte bei der Erinnerung.
    Also, Detective McLaren. Die haben doch Heilige, die
    Katholiken. Wissen Sie etwas darüber?
    Aber sicher, Morey.
    Na ja, mir kommt es irgendwie komisch vor, wen man sich da
    ausgesucht hat. Sie wissen schon, Johanna von Orleans, die hat Menschen mit dem Schwert erschlagen, und dann war da der heilige Franziskus, der mit den Vögeln sprechen konnte… welche
    Verbindung gibt es zwischen denen? Vereinbar ist das nicht. Und das sind doch die Leute, die angeblich bei Gott ein gutes Wort einlegen, wenn man selbst ihn nicht erreichen kann, oder?
    Nun, ja…
    Meine Frage lautet also: Moses, der stand doch mit dem großen Boss auf Du und Du, oder? Er hat persönlich mit ihm gesprochen, so wie ich mit Ihnen spreche. Wenn also jemand Fürsprache einlegen sollte für einen Mitmenschen, würde man doch meinen, da sei Moses absolut der Richtige. Aber man hat Moses nicht zu einem Heiligen gemacht. Was meinen Sie, warum das so ist?
    Äh, ich glaube, man muss Christ sein, um heilig gesprochen zu werden.
    Aha! Verstehen Sie, was ich sagen will? Die Art, wie diese Leute ausgesucht werden, ergibt einfach keinen Sinn.
    He, ich suche sie doch nicht aus…
    Vielleicht könnten Sie ja mal mit den Leuten reden, die für diese Dinge zuständig sind, hm? Denn das Problem ist doch, sie haben ihre ganze Religion auf Jesus gegründet, und nicht mal der konnte ein Heiliger werden, weil er Jude war und kein Christ. Verstehen Sie? Macht doch keinen Sinn. Ich brauche Ihre Hilfe, um das
    verstehen zu können.
    Gino lächelte. «Er war ein ziemlich religiöser Mann, was?»
    McLaren dachte einen Moment nach. «Nicht eigentlich religiös.
    Er hat einfach viel über solche Sachen nachgedacht, denn er wollte wohl versuchen zu verstehen. Aber ich nehme an, bei einem wie ihm musste das so sein. Er war in Auschwitz, wusstet ihr das?»
    Gino nickte. «Wir wussten, dass er in einem KZ gewesen war.
    Einer der gerichtsmedizinischen Assistenten hat mir am Tatort die Tätowierung gezeigt.»
    «Ich muss gestehen, es hat mich fast umgehauen, als ich es
    erfuhr. Ich meine, ich hatte noch nie jemanden kennen gelernt, der im Konzentrationslager war. Kommt einem doch so vor, als sei das
    alles vor einer Million Jahren geschehen, oder? Und dann dieser
    Typ, der Gott weiß was für eine Hölle durchlebt hat, und gerade der entwickelt sich zu jemandem, der seine Mitmenschen liebt. Ich sage euch, Jungs, der war eine Klasse für sich. Ihr hättet ihn bestimmt gemocht.»
    «Ach, hör auf damit.» Gino erhob sich und stopfte leere Behälter
    in eine Papiertüte. «Ich will keine Toten mögen. Davon hat man
    nämlich nichts. Langer, willst du die Hühnerflügel wirklich nicht mehr?»
    «Absolut nicht.»
    Gino griff sich einen und biss herzhaft davon ab. «Gut, dann lasst mal hören. Als ihr euch so dick mit den Gilberts angefreundet habt, wie hat der Sohn da auf euch gewirkt?»
    «Jack?» Langer zuckte die Achseln. «Der war doch so gut wie
    nie da. Irgendwie das schwarze Schaf, nehme ich an. Marty sagte,
    dass Jack sich wohl mit seinen Leuten verkracht hatte.»
    Gino warf einen abgenagten Hühnerflügel in die Tüte. «Muss ein
    ziemlich schlimmer Krach gewesen sein. Die alte Dame spricht noch immer nicht mit ihm.»
    «Muss wohl», stimmte Langer zu. «Bei der Beerdigung seiner
    Schwester stand Jack nicht mal bei seiner Familie.»
    «Oh, Mann», McLaren verzog das Gesicht. «Das mit anzusehen
    war heftig. Hatte ich fast schon vergessen. Da steht dieser Mann in mittlerem Alter, heult sich die Seele aus dem Leib, ist buchstäblich aufgelöst vor Kummer und taumelt mit ausgestreckten Armen auf
    Morey zu. Morey sieht ihn nur kurz an, dreht sich um und geht weg.
    Lässt Jack einfach

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